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Die Loge der Nacht

Die Loge der Nacht

Titel: Die Loge der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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den Blick von den Hüllen, ließ ihn die glitzernden Fäden entlangwandern, die im Dunkel jenseits des Kerzenscheins verschwanden. Doch keiner rührte sich, nichts deutete darauf hin, daß dort, wo Liliths Blick nicht hinreichte, dürre Beinen über das Gespinst stiegen und näherkamen.
    Halb vor Erleichterung, halb vor entsetzter Schwäche ließ sie sich mit der Schulter gegen den Türstock fallen.
    Und versank darin!
    Im allerersten Moment meinte Lilith noch, das Holz wäre morsch oder vielleicht von Gewürm zermürbt.
    Als sie jedoch die krabbelnde Bewegung auf und unter ihren Kleidern spürte, erkannte sie ihren Irrtum. Glauben konnte sie es dennoch nicht - auch dann nicht, als sie hinsah und das Wimmeln auf ihrer Schulter und ihrem Arm als das erkannte, was es war.
    Spinnen!
    Hunderte daumennagelkleiner, über und durcheinander krabbelnder Spinnen. Sie krochen über ihr Kleid und darunter, und die ersten kletterten ihr über den Hals zum Gesicht hoch!
    Es war ein Gefühl wie von schwacher Elektrizität - und doch ganz anders und vor allem tausendfach unangenehmer, widerlich und angstmachend.
    Längst war Lilith mit einem Aufschrei zurückgewichen. Nun hob sie die rechte Hand, um das Gewimmel abzustreifen.
    Doch sie brachte den Arm nicht hoch genug. Auf halbem Wege blieb er hängen, als wäre er plötzlich gelähmt.
    Und so war es auch.
    Dutzende winziger, nicht einmal schmerzhafter Bisse spürte Lilith zugleich, und dann auch schon die nächsten. Gift kochte durch ihre Adern und ließ sie erstarren, bis nicht mehr zur geringsten Regung fähig war.
    Wie in durchsichtigen Stein gehüllt stand sie da. Derweil wieselten die Spinnen schon über ihren ganzen Körper, knüpften in Windeseile Fäden zu Gespinsten.
    Als ihr die Sinne schwanden, begann Lilith im Stehen zu wanken, immer stärker, und sie konnte nichts dagegen tun. Auch ihren Sturz konnte sie schließlich nicht verhindern.
    Daß er von mittlerweile fingerdicken Strängen abgefangen wurde und sie daran hängend schräg vornüber im Türrahmen gehalten wurde, merkte sie nicht mehr. Ebensowenig bekam sie mit, daß ihr Mund und Nase mit seidigen Fäden vernäht wurden.
    Und die Schritte, die hinter ihr die Treppe heraufpolterten, konnten nicht mehr an ihr Ohr dringen.
    *
    Eigentlich hätte Tobias Stifter keinen Grund zur Klage gehabt. Es fehlte ihm an nichts im Hause des Charles Beliers, und der von furchtbarem Siechtum gezeichnete Mann setzte sich, wann immer seine Kraft es zuließ, zu ihm, damit dem Jungen die Zeit nicht lang wurde.
    Trotzdem fühlte Tobias sich mehr und mehr einem Vogel im Käfig gleich. Seit Tagen hatte er Beliers Haus nicht verlassen. Auf Geheiß des Alten hatte er sogar kaum einmal durch eines der Fenster hinausgeschaut, damit ihn von draußen keiner sah. Wer wußte schon, so meinte Belier, wem man noch trauen könnte, wenn doch selbst ehrbare Leut' wie der Auer und der Henninger offenbar Dreck am Stecken hätten.
    Über den Verbleib der beiden und seine ungeheuerliche Entdeckung im Haus des Apothekers Gmelin hatte Tobias in all der Zeit nichts Näheres erfahren. Belier beteuerte zwar, daß er in dieser Angelegenheit nach wie vor Erkundigung betrieb, bislang jedoch ohne Ergebnisse.
    Am heutigen Abend hatte Charles Belier wieder feinste Kost auftragen lassen (woher er sie bezog, würde wohl sein ewiges Geheimnis bleiben), und Tobias mühte sich, wenigstens den Anschein zu erwecken, als griffe er mit Appetit zu, um seinen Gönner nicht zu kränken.
    Der aber merkte sehr wohl, daß es seinen Schützling umtrieb vor Unruhe. Er ließ das Besteck sinken und sah Tobias über die Tafel hinweg fest an, bis der Junge Beliers Blick wie eine eisige Hand spürte.
    »Es tut mir leid«, sagte der junge Bursche und legte ebenfalls Messer und Gabel nieder. »Ihr sorgt so gut für mich, und ich dank's Euch so schlecht.«
    »Du brauchst dich nicht entschuldigen«, sagte der Tuchhändler. »Ich verstehe dich ja. Einen jungen Kunden wie dich zieht's wie von einem Magneten hinaus in die Stadt, und ich halte dich hier fest. Das muß freilich schwer sein für dich. Aber glaube mir - es ist bald ausgestanden.«
    Ein schwacher Funke glomm in Tobias' müdem Blick bei diesen Worten Beliers. »Heißt das, Ihr habt eine Spur gefunden vom Auer und vom Henninger?«
    Der wohlhabende Händler hob einhaltend die Hand.
    »Noch kann ich dir nichts darüber sagen«, erklärte er. »Aber heute Nacht wird sich etwas tun, was die Lage verändert. Ich - spür's.«
    Das

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