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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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nach München zu reisen. Ansonsten erwartet mich eine Anklage wegen Hochverrat. Nach der Regierungsübernahme durch Luitpold unterstehe ich jetzt einem anderen Herren.« Er seufzte lange. »So, wie es aussieht, Marot, werden Sie bald der letzte unserer kleinen Gruppe Verschwörer sein, der dem König hier beistehen kann.«
    »Mein Gott, Dürckheim, lassen Sie Ludwig jetzt nicht im Stich!«, rief ich im Flüsterton. Verzweifelt ließ ich mich auf dem mit blauen Damastdecken bezogenen Bett nieder und raufte mir die Haare. Für einen Augenblick vergaß ich ganz, dass dies das Bett des Königs war.
    Der Graf hob beruhigend die Hand. »Keine Sorge. Ich werde zwar abreisen, doch bevor ich mich nach München begebe, werde ich Stallmeister Hornig und ein paar Freunden eine Nachricht zukommen lassen. Sie sollen alles für eine Flucht in die Wege leiten.«
    Ich runzelte die Stirn. »Dafür müssten wir erst einmal wissen, wo Gudden und Holnstein Seine Majestät hinbringen wollen.«
    »Sehen Sie, wenigstens in dieser Sache gibt es einen Hoffnungsschimmer.« Zum ersten Mal huschte ein feines Lächeln über Dürckheims Gesicht. »Ein paar zuverlässige Quellen sind mir noch geblieben, und die vermelden interessante Neuigkeiten. Dr.   Gudden will Ludwig offenbar in Schloss Linderhof arretieren. Sie planen aus dem Schloss eine Art Gefängnis zu machen. Wir müssen also schnell handeln.« Er stand auf und strich sich die Uniformjacke glatt. »Ich habe in der Gegend von Linderhof einige fähige Leute, die eine Flucht organisieren werden. Vom Schloss ist es dann nicht mehr weit nach Tirol. Noch ist nicht alles verloren, Marot.«
    Plötzlich fasste er sich an die Brusttasche. »Verflucht, das hätte ich fast vergessen! Der Brief!« Er zog das große Kuvert und den kleinen zusammengefalteten Zettel hervor. »Ich hatte dem König mein Wort gegeben, ihn in Linderhof zu übergeben. Dabei muss ich umgehend nach München, wenn ich nicht vor einem Standgericht landen will!«
    Ich überlegte kurz, dann streckte ich die Hand aus. »Geben Sie ihn mir. Ich nehme den Brief mit nach Linderhof und übergebe ihn dort seinem Empfänger.«
    Dürckheim sah mich skeptisch an. »Ich habe mein Versprechen gegeben«, murmelte er. Doch dann entwich ihm ein Seufzer. »Was soll’s! Wenn ich Ihnen nicht mehr trauen kann, wem dann? Aber denken Sie daran, dass der Brief nur dem übergeben werden soll, der auf diesem Zettel steht. Und den dürfen Sie erst in Linderhof öffnen.«
    Ich nickte und nahm Kuvert und Zettel, die ich beide sofort in meiner Westentasche direkt unter meinem Herzen verstaute.
    »Ich muss los.« Der Graf reichte mir zum Abschied die Hand, die ersten blassen Sonnenstrahlen des Morgens fielen auf sein Gesicht. »Für Gott und den König.«
    »Für Gott und den König.«
    Ohne ein weiteres Wort wandte Graf Dürckheim sich ab und eilte die Stufen des Palas nach unten. Nur wenig später hörte ich ein Wiehern und blickte aus dem Fenster, wo sich soeben die Nebelschwaden der Nacht lichteten. Geduckt wie ein Verbrecher galoppierte der Graf auf seinem Pferd zum Burgtor hinaus.
    Schon bald hatte ihn die Dämmerung verschluckt.

29
    E in Klopfen riss Steven Lukas aus seiner Lektüre. Es war Albert Zöller, der in der Zimmertür des kleinen Hotelzimmers stand, das der Antiquar sich mit Sara teilte.
    »Fotogrrrraf Adolf meldet sich zum Rapport«, schnarrte Zöller und führte soldatengleich die Hand zur Stirn. Um seinen Hals hing eine sperrige Spiegelreflexkamera, die er vor ein paar Stunden in einem Schwangauer Fotogeschäft aufgestöbert hatte. »So eine wollte ich schon immer mal haben«, sagte er grinsend, während er mit dem altertümlichen Apparat vor Stevens Gesicht herumwedelte. »Ich dachte, das sieht professioneller aus als diese neumodisehen pimpigen Digitalkameras.« Er sah auf die Armbanduhr. »Es ist schon halb neun. Wenn wir unseren Termin nicht verpassen wollen, sollten wir schleunigst hinauf zum Schloss gehen.«
    Steven schreckte hoch. »Schon so spät?« Er packte das Tagebuch in seinen Rucksack und zog sich eilig die Schuhe an. Dann ging er mit Zöller die ausgetretene Hoteltreppe hinunter.
    »Und? Was Neues?«, brummte Onkel Lu und deutete auf den Rucksack mit dem Buch.
    Steven schüttelte verhalten den Kopf. »Nur, dass Ludwig kurz vor seinem Tod einen offensichtlich wichtigen Brief nach Linderhof schicken lassen wollte. Laut Marot war es für ihn das vielleicht wichtigste Schreiben seines Lebens.«
    Zöller blieb kurz auf der

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