Die Ludwig-Verschwörung
schlängelte sich das Flüsschen Loisach durch eine hüglige grüne Landschaft mit Ställen, Weilern und Scheunen, die Alpen waren bereits ein gutes Stück näher gerückt.
»Ich hab mir noch einmal Gedanken wegen des Amuletts von diesem Bernd Reiser gemacht«, meldete sich Sara plötzlich. »Ich glaube, dass der Schwan seinen Trägern als Zeichen dient. So was wie ein Erkennungsmerkmal, mit dem sie zeigen, dass sie echte Königstreue sind.«
»Haben Sie mal davon gehört, ob diese Guglmänner ein solches Amulett tragen?«, fragte Steven und nahm die Sonnenbrille ab. Sofort blendete ihn die warme Oktobersonne, und er kniff die Augen zusammen. Ihn quälten grauenhafte Kopfschmerzen. Er hatte eindeutig zu wenig geschlafen, und die Sache mit der Polizei hatte ihm den Rest gegeben.
Sara schüttelte den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste. Aber das muss nichts heißen. Außer den Guglmännern gibt es noch jede Menge anderer Verrückter. Lauter Vereine, die dem König die ewige Treue geschworen haben und sich an seinem Todestag am 13. Juni am Gedenkkreuz in Berg treffen. Nicht wenige von denen wünschen sich die Monarchie zurück und laufen in alten Kostümen herum. Wobei ich nicht glaube, dass die zu einem Mord fähig wären.« Sie grinste. »Höchstens, wenn die Politiker den Bierpreis hierzulande massiv erhöhen würden.«
Steven seufzte. »Ich liebe Bayern. Wenn es dieses Land nicht gäbe, müssten wir Amis es erfinden.«
Mittlerweile hatten sie die Autobahn verlassen und fuhren über eine steile, gewundene Passstraße, die von Fichtenwäldern und grauen Bruchsteinfelsen gesäumt war. Nach etlichen Serpentinen erreichten sie schließlich eine längliche Hochebene in den Ammergauer Alpen, umrahmt von wilder Gebirgslandschaft. Zwischen den Wiesen schimmerte strahlend weiß das Kloster Ettal, das Steven mit seinem gedrungenen Bau an eine romanische Burg erinnerte. Dann bogen sie ab in ein Seitental und folgten dem Lauf eines kleinen Flusses, vorbei an Tannenwäldern und frisch gemähten Blumenwiesen, auf denen Kühe und Pferde weideten. Kurze Zeit später tauchte ein großer Parkplatz auf, auf dem bereits eine Reihe Busse und Pkws standen.
»Ladies and Gentlemen, welcome to Linderhof!«, verkündete Sara und fuhr in eine der vielen freien Parklücken. Verwundert sah sie sich um. »Gar nicht so viel los heute«, murmelte sie. »Die Saison ist wohl bald vorbei.«
»Oder die haben heute noch was Größeres hier vor. Schauen Sie mal.«
Steven wies auf vier dunkelblaue Audis, vor denen einige Männer und Frauen in Businesskleidung standen. Ein paar von ihnen hielten ihre Handys ans Ohr und brüllten Befehle hinein. Weiter hinten sperrte ein Ordner in Livree einen Teil des Parkplatzes ab.
»Sieht aus wie ein Staatsempfang«, sagte Sara und stieg aus. »Kommen Sie, wir schauen mal, was hier los ist.«
Gemeinsam stiegen sie die Treppe zu den Souvenirläden und Kassenhäuschen empor, wo sich bereits eine Gruppe bunt gekleideter Touristen mit Fotoapparaten und Videokameras versammelt hatte. Steven hörte ein gemurmeltes Kauderwelsch aus japanischen, russischen und amerikanischen Stimmen. Zaghaft warf er einen Blick in eine Schaufensterscheibe, wo sich sein verzerrtes Bild spiegelte. Was er sah, ließ ihn erschaudern.
Wenigstens falle ich hier nicht weiter auf.
»Sie haben Glück«, sagte die Kassiererin lächelnd und drückte ihnen zwei Karten in die Hand. »Heute ist der letzte Tag der Saison. Wenn Sie allerdings die Venusgrotte und den Maurischen Kiosk anschauen wollen, muss ich Sie leider enttäuschen. Die sind bereits heute gesperrt.« Sie zuckte mit den Schultern. »Aber das wäre ohnehin wohl ein bisschen viel geworden. Wir schließen heute etwas früher. In exakt …« Sie blickte auf ihre Uhr. »Zwei Stunden.«
Steven fiel beinahe das Billett aus der Hand.
Nur zwei Stunden!, dachte er panisch. Na wunderbar! Und wir haben keine Ahnung, wonach wir eigentlich suchen außer dass es mit LIEBE zusammenhängt.
»Das hat nicht zufällig etwas mit den modisch gekleideten Herrschaften zu tun, die dort draußen mit Gott und der Welt telefonieren?«, fragte der Antiquar leise und deutete auf den Parkplatz hinter ihnen.
Die Kassiererin zog eine Augenbraue nach oben, dann sah sie sich vorsichtig um.
»Hoher Besuch«, flüsterte sie schließlich. »Manstein hat morgen den oberen Teil des Parks für ein Fest gemietet.«
»Äh, Manstein? Ich fürchte, ich weiß nicht …«
»Manstein Systems, nehme ich an«, unterbrach ihn
Weitere Kostenlose Bücher