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Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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und ließ die fußlose Wade baumeln. »Bist du Lunarierin?«
    Die Augenlider des Mädchens flatterten, als sei sie völlig unvorbereitet auf die Frage. Statt zu antworten, beugte sie sich vor. »Ich muss dringend mit jemandem im Palast von Neu-Peking sprechen.«
    »Und warum schickst du der Informationszentrale im Palast dann keine Tele?«
    »Das geht nicht!« Das Kreischen des Mädchens kam so unerwartet, so verzweifelt, dass Cinder fast vom Stuhl fiel. »Ich habe keinen globalen Telechip – dies ist der einzige direkte Link zur Erde, den ich bekommen konnte.«
    »Also bist du Lunarierin.«
    Die Augen des Mädchens weiteten sich, bis sie fast kreisrund waren. »Das ist jetzt nicht …«
    »Wer bist du?«, fragte Cinder sie lauter. »Arbeitest du für die Königin? Hast du der Androidin diesen Chip eingesetzt? Das warst du doch, oder?«
    Die Augenbrauen des Mädchens zogen sich zusammen, aber statt sich über Cinders Fragen zu wundern, wirkte sie eher verängstigt oder sogar beschämt.
    Cinder biss die Zähne zusammen – tausend Fragen fielen ihr ein –, holte tief Luft und fragte ruhig: »Bist du eine Spionin?«
    »Nein! Natürlich nicht! Ich meine … na ja … irgendwie schon.«
    »Irgendwie schon? Was meinst du damit?«
    »Bitte, hör mir zu!« Das Mädchen fuchtelte mit den Händen herum, als würde sie mit sich selbst kämpfen. »Ja, ich habe den Chip programmiert, und ich arbeite für die Königin, aber nicht so, wie du denkst. Ich habe zwar alle Spionageprogramme eingerichtet, mit denen Levana Kaiser Rikan in den vergangenen Monaten beobachtet hat, aber ich hatte keine Wahl. Meine Herrin hätte mich getötet, wenn sie … Himmel noch mal, sie tötet mich, wenn sie rausfindet, was ich hier gerade mache.«
    »Herrin? Welche Herrin? Königin Levana?«
    Das Mädchen schloss die Augen, sie verzog das Gesicht vor Schmerz. Als sie sie wieder öffnete, glitzerten sie verdächtig. »Nein. Herrin Sybil. Sie ist die Oberste Thaumaturgin Ihrer Majestät … und mein Vormund.«
    Cinder ging ein Licht auf. Auch Kai hatte die Thaumaturgin der Königin verdächtigt, Nainsi den Chip eingesetzt zu haben.
    »Aber sie behandelt mich eher, als sei ich ihre Geisel«, fuhr das Mädchen fort. »Ich bin für sie nur eine Gefangene, eine Skla-vin.« Sie bekam einen Schluckauf, hickste mitten im letzten Wort und verbarg ihr Gesicht weinend in einem Haarbüschel. »Es tut mir so wahnsinnig leid. Ich bin schlecht, wertlos und erbärmlich.«
    Cinder hatte Mitleid mit ihr – sie konnte nur allzu gut nachempfinden, wie es war, von ihrem »Vormund« wie eine Sklavin behandelt zu werden, aber sie konnte sich nicht daran erinnern, je Angst gehabt zu haben, dass Adri sie tatsächlich töten könnte. Na ja, bis auf das eine Mal, als sie sie an die Pestforschung verkauft hatte.
    Sie biss die Zähne zusammen und kämpfte gegen ihr Mitgefühl, indem sie sich klarmachte, dass dieses Mädchen Lunarierin war. Sie hatte Königin Levana dabei geholfen, Kaiser Rikan und später auch Kai auszuspionieren. Sie fragte sich kurz, ob das Mädchen gerade ihre Gefühle manipulierte, als ihr einfiel, dass Lunarier Menschen über Bildschirme nicht beeinflussen konnten.
    Cinder beugte sich vor, blies sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht und rief: »Hör auf! Hör auf zu weinen!«
    Das Mädchen hörte auf zu weinen. Und sah sie von unten aus großen wässrigen Augen an.
    »Warum hast du denn versucht, jemanden im Palast zu erreichen?«
    Das Mädchen schluchzte auf, aber sie war wohl zu verschreckt, um weiterzuweinen. »Ich muss Kaiser Kai unbedingt eine Nachricht zukommen lassen. Ich muss ihn warnen. Er ist in Gefahr, die ganze Erde ist in Gefahr … Königin Levana … und alles ist meine Schuld. Wenn ich nur stärker gewesen wäre, hätte ich doch nur versucht, mich zu widersetzen, dann wäre das alles nicht passiert. Es ist alles meine Schuld.«
    »Himmel noch mal, hörst du jetzt endlich auf zu weinen?«, rief Cinder, bevor sich das Mädchen in den nächsten hysterischen Anfall steigern konnte. »Krieg dich mal wieder in den Griff. Warum ist Kai in Gefahr? Was hast du getan?«
    Das Mädchen verschränkte die Arme und sah Cinder so flehend an, als läge es allein an ihr, ihr zu vergeben. »Wie gesagt, ich bin die Programmiererin der Königin. Ich kann das gut – mich in Netlinks einhacken oder in Sicherheitssysteme oder so.« Sie sagte das ohne jede Spur von Überheblichkeit in ihrer rauen Stimme. »In den letzten Jahren hat mir meine Herrin

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