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Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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Bevor all dies geschehen war, bevor Peony krank geworden war, bevor Levana zur Erde gekommen war, bevor Kai sie auf den Ball eingeladen hatte. Sie war einfach nur eine Mechanikerin, und er war der Prinz mit all seinem Charme, gegen den sie angeblich immun gewesen war. Und er stand dort vor ihr, während sie auf einem Fuß balancierte und versuchte, ihr rasend schnell klopfendes Herz zu beruhigen. Wie sie kaum seinen Blick erwidern konnte. Wie er sich vorgebeugt und sie mit einem Lächeln gezwungen hatte, ihn anzusehen.
    Nur das.
    Dieser Moment. Dieses Lächeln.
    Wieder und immer wieder.
    Cinder seufzte und trommelte einen anderen Rhythmus.
    Im Netz liefen lauter Videos vom Ball. Sie hatte genau 4,2 Sekunden über ihren Netlink angesehen – wie sie in ihrem schmutzigen Ballkleid die Treppen hinunterstürzte –, bevor sie sich ausklinkte. Auf den Aufnahmen wirkte sie wie eine Verrückte. Bestimmt wäre jeder Mensch auf Erden froh, wenn Levana sie holen kam und mit nach Luna nahm. Für ihr »Gerichtsverfahren«.
    Sie hörte die Schritte der Wächter, gedämpft, auf der anderen Seite der Zellentür. Alles um sie herum war weiß, auch der gebleichte Baumwolloverall, in den sie sie gesteckt hatten. Sie hatte Peonys zerfetztes Kleid und die Reste der seidenen Handschuhe, die noch nicht geschmolzen oder abgerissen waren, hergeben müssen. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, die Lampen auszuschalten, so dass ihre Augen brannten und sie sich ruhelos und erschöpft fühlte. Sie begann sich zu fragen, ob sie erleichtert wäre, wenn die Königin nach ihr schicken würde, und ob sie dann vielleicht etwas schlafen könnte.
    Dabei war sie erst seit vierzehn Stunden, dreiunddreißig Minuten und sechzehn Sekunden hier. Siebzehn Sekunden. Achtzehn.
    Das Klacken der Tür schreckte sie auf. Sie schielte zu dem winzigen Fenster, das sich in der Tür öffnete, und sah den Schatten eines Männerkopfes hinter dem eisernen Gitter. Einen Hinterkopf. Keiner der Wärter sah sie an.
    »Sie haben Besuch.«
    Sie stützte sich auf die Ellenbogen. »Der Kaiser?«
    Der Wärter schnaubte. »Na klar.« Sein Schatten verschwand.
    »Wären Sie wohl so freundlich, die Tür zu öffnen?«, ließ sich eine Stimme mit vertrautem Akzent hören. »Ich muss unter vier Augen mit ihr sprechen.«
    Cinder stellte sich auf ihren einen Fuß und lehnte sich an die Wand, die glatt wie Glas war.
    »Höchste Sicherheitsstufe«, sagte der Wärter. »Ich darf Sie nicht hineinlassen. Sie müssen durchs Gitter mit ihr reden.«
    »Seien Sie nicht albern. Sehe ich vielleicht wie ein Sicherheitsrisiko aus?«
    Cinder hüpfte zum Fenster und stellte sich auf die Zehenspitzen. Es war Dr. Erland mit einer Leinentasche in der Hand. Er trug seinen Laborkittel, die winzige silberne Brille auf der Nase und seine Schirmmütze auf dem Kopf. Obwohl er den Kopf in den Nacken legen musste, um dem Wärter in die Augen sehen zu können, war seine Haltung selbstbewusst.
    »Ich bin der Leiter des königlichen Letumose-Forschungsteams«, sagte Dr. Erland, »und dieses Mädchen ist mein wichtigstes Forschungsobjekt. Ich benötige Blutproben von ihr, bevor sie den Planeten verlässt.« Schnell zog er eine Spritze aus der Tasche. Der Wärter prallte vor Überraschung zurück, doch dann verschränkte er die Arme vor der Brust.
    »Ich habe meine Befehle, Doktor. Lassen Sie sich eine offizielle Ausnahmegenehmigung vom Kaiser ausstellen, dann dürfen Sie zu ihr hinein.«
    Dr. Erland ließ die Schultern hängen. »Gut. Wenn das die Vorschriften sind, habe ich natürlich vollstes Verständnis.« Aber statt sich abzuwenden, fummelte er an seinen Manschetten herum. Dann grinste er den Wärter an. »Hier, sehen Sie?«, sagte er, und seine Stimme sandte merkwürdige Wellen aus, die an Cinders Wirbelsäule hinunterzulaufen schienen. Der Arzt sprach weiter und sein Tonfall war so besänftigend wie ein Wiegenlied. »Ich habe mir bereits die notwendige Genehmigung vom Kaiser ausstellen lassen.« Er machte eine Geste zur Tür. »Sie dürfen mir nun öffnen.«
    Cinder blinzelte, sie hörte wohl nicht recht. Wie es aussah, wollte Dr. Erland sich auch verhaften lassen. Aber dann drehte sich der Wärter benommen zu ihr um und hielt seine ID vor den Scanner. Die Tür sprang auf.
    Cinder stolperte rückwärts und fing sich an der Wand ab.
    »Herzlichen Dank«, sagte der Arzt und betrat die Zelle, ohne dem Wärter den Rücken zuzuwenden. »Ich bitte Sie, uns nun etwas Zeit zu geben. Es dauert nicht lange.«
    Der

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