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Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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und starrte auf ihre Hände. Der linke Handschuh schmolz, und hier und da hatten sich Tropfen des zähflüssigen, seidenen Stoffs auf ihrer kochend heißen Metallhand gebildet. Sie sah die Elektrizität auf der Stahloberfläche knistern, aber sie wusste nicht, mit welchen Augen sie all das sah, mit ihren menschlichen oder ihren Cyborg-Augen. Oder vielleicht weder noch.
    Sondern mit den Augen einer Lunarierin.
    Sie hob den Kopf. Über allem lag ein kühler grauer Nebelhauch. Die ganze Welt schien gefroren zu sein – alle außer ihr. Ihr Körper kühlte sich ab. Ihre Haut wurde blasser, das Metall matter. Geistesabwesend versuchte sie, die Metallhand zu bedecken – überflüssigerweise. Kai müsste blind sein, wenn er sie noch nicht bemerkt hatte.
    Sie sah die Königin an. Als ihre Blicke sich trafen, schien Levanas Wut in sich zusammenzufallen. Die Königin holte tief Luft und trat einen Schritt zurück. Einen Augenblick lang sah sie fast verängstigt aus.
    »Das ist unmöglich«, flüsterte sie.
    Cinder sammelte ihre allerletzten Kräfte, richtete sich auf, zielte auf die Königin und schoss.
    Der rothaarige Leibwächter warf sich dazwischen. Die Kugel traf ihn in die Schulter.
    Levana war noch nicht einmal zusammengezuckt.
    Erst als das Blut über die Rüstung des Leibwächters rann, konnte Cinder das tun, was ihr Gehirn ihr eingab.
    Sie ließ die Pistole fallen und rannte los. Sie hatte keine Chance, durch die panische Menschenmenge zu entkommen, deswegen raste sie auf den nächstgelegenen Ausgang zu, auf die hohen Türen zum Garten. Vorbei am Leibwächter, an der Königin und ihrem Gefolge. Glas knirschte unter ihren Stiefeln.
    Das hohle Echo ihrer Schritte auf der Steinterrasse. Das Wasser einer Pfütze, das ihr die Beine hochspritzte. Der frische kühle Geruch von Regen, der in Nieseln übergegangen war.
    Vor ihr die Treppe. Zwölf Stufen und ein Zen-Garten, dahinter eine hoch aufragende Mauer, ein Tor, die Stadt. Sie konnte es schaffen.
    Auf der fünften Stufe hörte sie das Klacken. Die Drähte rissen wie überstrapazierte Sehnen und sie vernahm ein Warnsignal im Gehirn.
    Schreiend stürzte sie der Länge nach hin. Im Fallen versuchte sie, sich mit der linken Hand abzufangen. Ein stechender Schmerz fuhr ihr in die Schulter und schoss die Wirbelsäule hinunter. Krachend schepperte Metall auf Stein, und sie brach auf dem Kiesweg zusammen.
    Sie lag lang ausgestreckt auf einer Seite. Wo sie versucht hatte, sich abzustützen, hing der Handschuh in Fetzen herab. Blut tränkte die schöne weiße Seide über ihrem rechten Ellenbogen.
    Sie rang nach Atem. Auf einmal fühlte sich ihr Kopf so schwer an, dass sie ihn auf den Boden sinken ließ. Kieselsteine bohrten sich in ihre Kopfhaut. Sie sah hoch in den Himmel, wo sich der Sturm ausgetobt hatte. Nur Nebel war geblieben, und Feuchtigkeit legte sich auf Cinders Haar und Wimpern und kühlte ihre erhitzte Haut. Der Vollmond versuchte, die Wolkendecke zu durchbrechen. Langsam brannte er über ihr ein kleines Loch in die Wolken, als wollte er den ganzen Himmel verschlucken.
    An den Türen zum Ballsaal regte sich etwas. Der Leibwächter, der sie festgehalten hatte, stand wie zur Salzsäule erstarrt oben an den Stufen. Eine Sekunde später kam Kai neben ihm zum Stehen.
    Er nahm alles in sich auf – das Schimmern ihrer Metallfinger, die funkensprühenden Drähte am Ende ihres ramponierten Metallbeins. Ihm klappte der Unterkiefer herunter, und einen Moment lang sah es sogar so aus, als müsste er sich übergeben.
    Schwere Schritte oben an der Treppe. Der Mann und die Frau in den Thaumaturgen-Uniformen erschienen, und der Wächter, den sie angeschossen hatte, unbeeindruckt von seiner blutenden Wunde, dann Kais Berater und schließlich Königin Levana selbst. Ihr Zauber war mit aller Macht zurückgekehrt, aber auch ihre Schönheit konnte die Raserei nicht verbergen, die ihre Züge entstellte. Sie raffte ihren Rock mit beiden Händen und wollte schon zu Cinder hinuntereilen, als die Thaumaturgin sie mit einer sanften Bewegung zurückhielt. Sie deutete auf die Mauern des Palastes.
    Cinder folgte ihrem Fingerzeig.
    Eine Sicherheitskamera war auf sie gerichtet – auch auf Cinder. Und sie zeichnete alles auf.
    Die letzten Kräfte verließen Cinder. Sie blieb vollkommen erschöpft liegen.
    Kai kam die Treppe herunter, als schliche er sich an ein verwundetes Tier an. Er bückte sich und hob den verrosteten Cyborg-Fuß auf, der aus dem Samtstiefel herausgeschleudert worden war.

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