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Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Titel: Die Lutherverschwörung - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag
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garantieren. Die goldene Ära ist lange vorbei. Früher hätte ein Wink vom Heiligen Vater genügt, um diesen Burschen zu rösten – ohne Verfahren. Aber in Worms haben sich Babylon sowie Sodom und Gomorrha an einem Ort versammelt, und wir wollen es mit List versuchen. Gelingt es mir, den Kaiser auf unsere Seite zu ziehen, wird dem Mönchlein das Lachen vergehen.«
    Â»Ich habe gehört, der Kaiser müsse politische Rücksichten nehmen.«
    Â»Das ist richtig, Marcello, da ist vor allem der Kurfürst von Sachsen, von dessen Stimme er bei der Kaiserwahl abhing. Der spielt in der ganzen Sache eine fragwürdige Rolle. Was will er? Den Professor seiner Universität beschützen – sein Landeskind also? Dazu bekennt er sich nicht offen. Alles an ihm wirkt unentschieden. Bis vor kurzem pflegte er gute Kontakte nach Rom, und wir unterstützten ihn beim Sammeln von Privilegien und Reliquien. Meiner Meinung nach ist er ein Fuchs und gefährlich. – Aber nun mach dich auf den Weg! Wir haben keine Zeit zu verlieren!«

K APITEL 27
    Jost stützte die Ellbogen auf einen der groben Balken, die den Turnierplatz säumten, und verfolgte mit halb geschlossenen Lidern das Gedränge von Mensch und Tier. Er hatte viele Ritterturniere erlebt. Wie immer krachten die Lanzen, wenn sie gegen ein gegnerisches Schild prallten. Manchmal barsten sie auch und Splitter flogen durch die Luft und landeten im Schlamm – der Boden war vom anhaltenden Nieselregen durchweicht, von Huftritten zerwühlt. Wie immer schmückten prächtige Decken, auf denen sich bunte Wappen abzeichneten, die Schlachtrösser; wie immer umschlossen dicke Eisenpanzer die Ritter, sodass man sie kaum noch für menschliche Wesen hielt. Und wie immer fragte man sich, wer eigentlich gegen wen kämpfte – ein Laie hätte es kaum zu sagen vermocht. Auf einer Empore, die an das Wormser Tanzhaus grenzte, standen junge Damen von Adel, einige, wie Jost fand, recht ansehnlich (und dann hoben sich seine Augenlider ein wenig), die das Geschehen im eingezäunten Matsch besprachen oder ihrem Liebling Beifall spendeten.
    Eine Hand legte sich auf Josts Schulter, und er drehte den Kopf zur Seite.
    Â»Hanna!«
    Â»Nun mach den Mund schon zu!«, sagte sie, sichtlich erfreut, dass es ihr gelungen war, ihn zu überraschen. »Als hättest du mich noch nie gesehen.«
    Â»Wie kommst
du
denn hierher?«
    Â»Genau wie unser Volksheld: auf einem Wagen. In Wittenberg ist nichts los, die Geschäfte laufen schlecht. Also habe ich mit meinen Mädchen beschlossen, einen kleinen Ausflug zu machen. Was verspricht bessere Geschäfte als ein Reichstag? Die Stadt ist voller Männer, die den ganzen Tag in Versammlungen sitzen, dem Geschwätz anderer zuhören oder selbst dummes Zeug reden. Abends sehnen sie sich nach Abwechslung. – Übrigens habe ich noch eine Überraschung für dich. Aber ich verrate sie dir nicht gleich …«
    Â»Worüber sollte ich mich noch wundern?«, fragte Jost und schob sie rasch zur Seite, weil der halbe Schaft einer Lanze über die Absperrung flog.
    Â»Kannst du dich
dafür
noch begeistern?«, fragte Hanna und machte eine Kopfbewegung Richtung Turnierplatz.
    Jost breitete die Arme aus. »Hier tummelt sich die männliche Blüte des Kaiserreichs, während die weibliche Buh ruft oder Beifall klatscht … Übrigens ist damit alles über den Zustand unseres Staatswesens gesagt.«
    Â»Früher hattest du nicht diesen Hang zur Philosophie. Aber wo wir gerade dabei sind: Bist du dir im Klaren darüber, dass ihr Söldner die Ritter überflüssig macht? Letztens lag einer bei mir und klagte bitter. Die Zeit der Lanzenstecher und Minnesänger ist ebenso vorbei wie die der Burgfräulein – der Blick auf die Empore täuscht.«
    Â»Mag schon sein, Hanna. Was wir durch Masse erreichen, können die Gepanzerten nicht durch antiquierte Methoden ersetzen. Was nützt dir ein teures Kettenhemd, wenn eine Kanonenkugel auf dich zufliegt. – Aber da sind ja Susanna und Hildegard!«, rief Jost. »Und dort kommt auch noch Delila.« Die Mädchen liefen auf Jost zu und umarmten ihn. »Schön, euch zu sehen! Was für eine Freude! Ich lade euch alle zu einem Bier ein.«
    Ob er immer noch Kindermädchen spiele, fragte Hildegard.
    Â»Ja, leider«, erwiderte Jost. »Und wie das so ist: Man wird nicht gern gesehen vom

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