Die Macht der Angst (German Edition)
das ist nicht passiert. Stattdessen hat er uns jetzt im Visier. Wir müssen den Müll wegschaffen.«
Toms Mund verhärtete sich. »Wie viele?«
Des zuckte die Achseln. »Letztes Mal, als ich nachgesehen habe, dürften es etwa acht gewesen sein.«
»Zwölf«, korrigierte Ava. »Er war schon länger nicht mehr dort.«
Tom starrte erst Des an, dann Ava. »Zwölf«, wiederholte er. »Zuerst hetzt du uns mit unzureichenden Informationen auf diesen hochgetunten McCloud-Irren, damit der uns zu Kleinholz verarbeitet, und
jetzt
sagst du mir, dass wir dir zwölf Kadaver vom Hals schaffen sollen?«
Des schaute seinen Freund entschuldigend an. »Ich weiß, es ist viel verlangt. Aber vergiss nicht, dass wir immerhin von einem Exklusivvertrag sprechen –«
»Nein!«, kreischte Ava. »Ein Exklusivvertrag mit diesen Idioten ist Perlen vor die Säue!«
»Für ein Jahr«, fuhr Des grimmig fort. »Halt die Klappe, Ava.«
Tom kaute auf der Innenseite seiner Wange herum. »Zwei Jahre«, sagte er.
»Niemals!«, begehrte Ava auf.
»Eins«, wiederholte Des geduldig. »Nur eins.«
»Achtzehn Monate, und die Schlampe stopft sich eine Socke ins Maul.«
»Abgemacht«, sagte Des mit einem strengen Blick zu Ava. »Wir haben die Dinge ins Rollen gebracht, Ava. Es gibt kein Zurück. Dafür ist es zu spät. Finde dich damit ab.«
Sie schaute weg. Ihr Gesicht war eine weiße Maske des Zorns.
Des suchte die Nummer heraus und rief an.
20
Kev versuchte, das Brummen zu ignorieren, aber es hielt unermüdlich an.
Mit dem unbehaglichen Gefühl, viel zu tief abgetaucht gewesen zu sein, zwang er sein Hirn auf das Level bewusster Wahrnehmung. Das Telefon konnte schon seit Stunden klingeln. Theoretisch hätte er mit dem ersten Augenaufschlag in die Mündung einer Pistole starren können. Sein Waffenarm blockiert von Edies zierlichem Körper. Er musste seine Sinne auf Touren bringen. Und das schnell.
Nur hatte er dazu überhaupt keine Lust. Er wollte noch nicht mal aufstehen. Scheiß auf das Telefon. Es ging ihm gut, wo er war, Edie an ihn gekuschelt, ihr Haar über seine Brust drapiert, ihr Busen an seine Seite geschmiegt.
Wer zum Teufel rief ihn da überhaupt an? Auf jeden Fall jemand, der hartnäckig blieb.
Er glitt aus dem Bett und in die Kälte des Zimmers, durchstöberte mit dem Fuß die auf dem Boden verstreuten Klamotten, bis er den Mantel fand, den Edie letzte Nacht dort hingeworfen hatte. Kev ging in die Hocke und durchwühlte die Taschen nach dem Handy, dann blinzelte er auf das Display. Die Nummer sagte ihm nichts.
Mit besorgter Miene setzte Edie sich auf. »Wer ist das?«
»Wir werden sehen.« Kev setzte sich aufs Bett und drückte die Annahmetaste. »Ja?«
Nach einer kurzen Pause fragte eine männliche Stimme: »Spreche ich mit Kev Larsen?«
Die Stimme war vertraut und irritierend zugleich. Kev durchforstete seine Datenbanken, versuchte, sie zuzuordnen. »Wer zur Hölle will das wissen?«
»Hier ist Desmond Marr. Guten Morgen!«
»Ach ja.« Kev raffte alle Höflichkeit zusammen, die er für diesen lüsternen Hund aufbringen konnte. Ihn zu dieser nachtschlafenden Zeit anzurufen. Er warf einen Blick auf die Uhr. Zehn vor elf.
Scheiße. Die Zeit war gar nicht so nachtschlafend. Na und wennschon. Er würde sich einen anderen Grund einfallen lassen, um sauer auf den Kerl zu sein. »Woher haben Sie diese Nummer?«
»Bitte verzeihen Sie, dass ich mir diese Freiheit herausgenommen habe.« Marrs Charme, abstoßend schleimig wie der Mann selbst, sickerte durch die Telefonleitung. »Edie hat sich gestern während des Banketts mein Handy geliehen, um Ihnen eine SMS zu schicken, darum war Ihre Nummer bei mir gespeichert. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus. Habe ich Sie geweckt?«
Als ginge ihn das einen feuchten Dreck an. »Was wollen Sie, Marr?«
Marrs anzügliches Lachen zehrte an Kevs Nerven. »Eigentlich geht es um das, was Sie wollen. Waren Sie nicht interessiert an einer Recherche hinsichtlich –«
»Ich sagte Ihnen, ich würde mich melden«, wies Kev ihn zurecht. »Es bestand kein Grund, mich anzurufen.«
Marr räusperte sich. »Ähm, nun ja. Es ist folgendermaßen: Ich habe mit den Parrishs gesprochen, und sie sind furchtbar aufgebracht über Edies Entführung. Durch Sie. Es tut mir leid, aber das ist ihre Sichtweise.«
Kev war erschüttert. Bislang wusste niemand außer Edie und ihm selbst von dem Kidnapping-Versuch der letzten Nacht. »Sie wurde nicht entführt. Wir werden die Parrishs anrufen und es ihnen sagen.
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