Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Macht der Drei

Titel: Die Macht der Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
Vom Netzwerk:
vielleicht auch ein Physiker eine Kanone erfinden kann, ohne an Schußwirkungen zu denken. Er hatte alle Erscheinungen der Konzentration ergründet, aber auf das genaue Zielen, das sichere Treffen vorläufig wenig Wert gelegt. Die energetische und atomphysikalische Seite des Problems interessierte seine Gelehrtennatur viel mehr als die praktische Anwendung der Erfindung.
    Erik Truwor empfand diese Schwäche sofort und zwang Silvester durch seine Forderungen und Fragen, nach einer Lösung zu suchen und sie zu finden. Wenigstens in der Theorie ein genaues Zielen zu entwickeln. Nur wenn man das entfernte Ziel sichtbar machen, die Wirkungen der Energie mit dem Auge verfolgen konnte, war die Macht der Waffe voll zur Wirksamkeit zu bringen.
    Der Tatmensch zwang den Forscher zu harter, restloser Arbeit, um die große Entdeckung noch größer zu gestalten, aus ihr das Machtmittel für seine weitreichenden Pläne zu formen. Und Silvester ließ sich zwingen. Für Stunden und Tage nahmen ihn die neuen Probleme und Lösungen so völlig gefangen, daß er alles andere darüber vergaß. Bis dann die Lösung gelungen war, bis sich die Nervenspannung löste und der unausbleibliche Rückschlag eintrat.
    *

Maitland Castle, der alte Stammsitz der Maitlands, beherbergte zahlreiche Gäste. Der englischen Sitte entsprechend herrschte nur der Zwang der gemeinschaftlichen Hauptmahlzeit. Die übrige Zeit des Tages konnten die Gäste nach ihrem Belieben verwenden, und die Gastgeber nahmen die gleiche Freiheit für sich in Anspruch, die sie den Gästen gewährten. Sie tauchten einmal bei dieser oder jener Gruppe auf und zogen sich in ihre Privaträume zurück, sobald es ihnen gefiel.
    Den dunklen Buchenweg, der schnurgerade von der Höhe des Schloßberges bis zum Gittertor am Ende des Parkes führte, kam Lady Diana Maitland entlang. Die Sonne war schon hinter den hohen Wipfeln der Bäume verschwunden. Es begann kühl zu werden.
    Fröstelnd zog Lady Diana den leichten Seidenschal enger um die Schultern zusammen. Sie bog in einen Seitenweg ab, der durch ein Rosenrondell führte.
    Von der anderen Seite kam ihr eine Gestalt entgegen, in der sie den Doktor Glossin zu erkennen glaubte. Unwillkürlich hemmte sie den Schritt. Ihr Gefühl riet ihr, einer Begegnung auszuweichen. Schon wollte sie stehenbleiben und sich zu der Allee zurückwenden. Doch der Gedanke, daß Dr. Glossin sie auch erkannt habe, gebot ihr, den Weg weiterzugehen, dessen Rand mit einer Einfassung der herrlichsten Rosenstöcke besetzt war.
    Nun stand Dr. Glossin dicht bei ihr.
    »Ich muß gestehen, Lady Diana, daß ich selten so schöne Rosen sah wie diese hier. Sie lieben Rosen?«
    »Sehr, Herr Doktor. Doch ihr Anblick ist mir lieber als ihr Geruch. Im Zimmer stört mich der berauschende Duft.«
    »Oh, wie schade um die unzähligen Rosenspenden, die Ihnen allabendlich zu Füßen flogen, als sie in der Metropolitan-Oper die Zuhörer entzückten.«
    Lady Diana brach eine Rose und steckte sie in ihren Gürtel, ohne die Frage zu beantworten. Sie sprach wohl selbst gelegentlich von ihrem früheren Bühnenleben, aber sie liebte es nicht, von anderen daran erinnert zu werden.
    Dr. Glossin schien den Wink nicht zu verstehen.
    »Die Stunden, in denen ich Ihrer unvergleichlichen Stimme lauschen durfte, gehören zu den schönsten meines Lebens. In besonderer Erinnerung sind mir die Abende, an denen Sie mit Frederic Boyce zusammen auftraten. Nie klang mir ihre Stimme schöner als damals.«
    Ein kurzes Erröten glitt über die Züge der Lady. Solche Worte aus dem Munde eines so neuen Bekannten wie Dr. Glossin konnten nur als grobe Taktlosigkeit aufgefaßt werden oder…
    Sie witterte den Feind und änderte ihre Taktik.
    »Sie sind ein Freund der Musik, Herr Doktor? Vielleicht auch einer der zahlreichen Rosenspender?« Sie versuchte, ihrer Stimme einen spöttischen Unterton zu geben.
    »Ich kann es nicht leugnen, Mylady, ich gehörte auch zu Ihren Verehrern. Als ich von Ihrem Abschied von der Bühne las – ich war damals in San Francisco –, war ich drauf und dran, am Tage Ihres letzten Auftretens nach New-York zu fliegen. Wenn ich nicht irre, war es im ›Fidelio‹, dem Hohelied der Gattenliebe.«
    »Und warum kamen Sie nicht?«
    Lady Diana sagte es mechanisch. Ihre Sinne arbeiteten fieberhaft. Sie fühlte, daß dies alles nur leichtes Geplänkel war. Der Hauptangriff mußte von anderer Seite kommen… Aber woher?
    »Warum nicht…? Ein seltsamer Fall hielt mich einige Tage länger

Weitere Kostenlose Bücher