Die Macht der Drei
wünsche ich Ihnen um der anglosächsischen Welt willen den besten Erfolg.«
»Ich danke Ihnen. Noch eine persönliche Bitte. In meiner Begleitung befindet sich hier in London meine Nichte, Miß Jane Harte. Mein Aufenthalt in den Staaten könnte längere Zeit dauern. In der Voraussicht kommender Umwälzungen und Unruhen habe ich sie hierhergebracht. Ich bin ihr einziger Verwandter. Sie hängt an mir, ist meine einzige Freude, hat außer mir niemanden in der Welt. Wenn ich wüßte, daß sie in Ihrem Hause… bei Ihnen… bei Lady Diana einen Anhalt fände, wäre ich Ihnen mehr zu Dank verpflichtet, als ich es Ihnen in Worten ausdrücken kann.«
»Ich werde die junge Dame als Gast in mein Haus nehmen. Sie soll in sicherer Hut bei uns bleiben, bis Sie, Doktor, aus den Staaten zurück sind.«
»Ich danke Ihnen, Mylord. Ich bedauere es, Lady Diana nicht persönlich meine Empfehlung übermitteln zu können…«
Dr. Glossin ging, den Mann zu verraten, durch den er zwanzig Jahre mächtig und reich gewesen war.
*
Seit jener Stunde, in der Diana die Todesnachricht Erik Truwors empfing, in der sie in der Fülle überströmender Gefühle ihre ganze Vergangenheit vor Lord Horace bloßlegte, war das Verhältnis der beiden ein anderes geworden. Lady Diana zog sich nach Maitland Castle zurück. Lord Horace blieb in London, um sich mit verdoppeltem Eifer den Regierungsgeschäften zu widmen. Nicht nur Sorge um das Land trieb ihn dazu, sondern wohl ebenso stark das Verlangen, sich durch angestrengte Arbeit zu betäuben, durch rastlose Tätigkeit der quälenden Gedanken ledig zu werden, die ihn seit jener Unterredung nicht loslassen wollten.
Unruhe und Qual schuf ihm der Lebende – den Diana noch für tot hielt. Und zu dessen Vernichtung sie doch ihre Hand geboten hatte.
War dieser Haß echt? Konnte solcher Haß echt sein?
War es nicht nur in Haß verkehrte Liebe, die wieder Liebe werden konnte?
Erik Truwor lebte!
Wie würde Diana die Nachricht von seiner Rettung aufnehmen?
Er bangte vor der kommenden Stunde und sehnte sie doch herbei.
Die Nachricht, daß sie nach London kommen solle, erreichte Diana um die vierte Nachmittagsstunde in Maitland Castle. Der Diener, der ihr die Botschaft überbrachte, hatte längst den Raum verlassen. Diana saß immer noch regungslos und hielt das Papier in den Händen. Das Faksimile des chemischen Fernschreibers zeigte die charakteristischen Schriftzüge ihres Gatten. Nur wenige Worte.
»Ich bitte Dich, umgehend nach London zu kommen.«
Was bedeutet diese Botschaft? Horace rief sie… rief sie… warum?
Ihre Brust wogte im Widerstreit der anstürmenden Gefühle. Seit jenem Tage der Aussprache hatte sie Horace nicht wieder gesehen. In stillschweigender Übereinkunft hatte sie sich einer freiwilligen Verbannung unterworfen.
Ihre hellsichtigen Frauenaugen erkannten wohl, daß ein Mann, auch wenn er die Großmut Horaces besaß, nicht so leicht und schnell über das hinwegkommen konnte, was sie ihm offenbart hatte. Deshalb hatte sie gewartet. Von Tag zu Tag… geduldig. Doch je länger sie warten mußte, desto schlimmer fraß die Pein des Wartens an ihr. Ihre Liebe zu Horace war so stark und rein, daß ihr nicht ein Augenblick der Gedanke kam, ganz andere Ängste und Sorgen könnten ihres Mannes Herz beschweren. Hätte sie gewußt, wie leicht wäre es ihr gewesen, seinen Argwohn zu zerstreuen.
In windender Fahrt trug die schnelle Maschine Diana Maitland mir ihren Zweifeln, Hoffnungen und Wünschen nach London.
Ohne sich erst in ihre eigenen Räume zu begeben, betrat sie das Arbeitszimmer ihres Gatten. Lautlos schlossen sich die schweren Portieren hinter ihr. Der schwellende indische Teppich dämpfte ihren Schritt.
Lord Horace saß am Schreibtisch, das Gesicht dem Fenster zugewandt.
Diana umfaßte seine Gestalt mit ihren Blicken.
Was dachte er?
Wie wird er ihr entgegentreten?
Der erste Gruß, wie wird er sein?
Tonlos formten ihre Lippen das eine Wort: »Horace!«
Der Hauch drang nicht an sein Ohr.
»Horace!« rauh und gepreßt tönte der Name durch den Raum.
»Diana!«… Lord Horace war aufgesprungen. Die Gatten standen sich gegenüber. Ihre Blicke begegneten sich und wichen einander aus.
Dianas Herz krampfte sich zusammen. Was sie erhoffte, was sie ersehnte… das war es nicht. Ihre Augen wurden still. Ein konventionelles Lächeln spielte um ihren Mund, als sie sagte: »Du hast mich rufen lassen, Horace.« Ihre Hände berührten sich, und doch verspürte keine den Druck der
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