Die Macht der ewigen Liebe
der Ort, an dem wir meinen Vater finden würden.
Ich nippte an meinem Kaffee. »Was Franc angeht … euch ist doch klar, dass wir in eine Falle tappen, wenn wir nach Pacifica fahren, oder? Schließlich hat er mir das von Dad nicht aus Herzensgüte erzählt.«
Lucy zog die Augenbrauen zusammen. »Er setzt Dad als Köder ein.«
Ich atmete aus. »Genau. Ganz ohne Zweifel. Asher?«
Er rieb sich das kantige Kinn. »Eindeutig.«
Von Anfang an hatten wir vermutet, dass Franc meinen Vater gekidnappt hatte, um mich zu ihm zurückzulocken, aber in den letzten Monaten waren wir so damit beschäftigt gewesen, unseren Häschern zu entkommen, dass gar nicht daran zu denken gewesen war, in die Offensive zu gehen. Manchmal spürten uns die Heiler auf, und manchmal kamen die Beschützer uns gefährlich nahe. Uns war also nichts anderes übrig geblieben, als weiter in Bewegung zu bleiben, als uns weiter zu verstecken. Am Vorabend hatten wir Stellung bezogen und unsere Jäger so manipuliert, dass wir Antworten auf unsere Fragen erhielten, sprich: Wir hatten endlich erfahren,dass Ben noch lebte und sich in San Francisco aufhielt. Ich traute mich gar nicht zuzugeben, wie gut es mir getan hatte, wieder einmal meine Fähigkeiten einsetzen zu können, um unsere Gegner zu überwältigen.
Ich schob eine traurig aussehende Cocktailtomate auf meinem Teller herum. »Er wird die Flughäfen, Busbahnhöfe und was immer sonst noch überwachen lassen.«
Bei unserer ersten Begegnung war er ähnlich verfahren, das hatte er hinterher zugegeben. Diese Maßnahmen hatte er getroffen, damit sich seine Gemeinde vor den Feinden sicher fühlte. Die Heiler hatten es sich zur Aufgabe gemacht, die Aufenthaltsorte der Beschützer auszukundschaften, damit sie wussten, wann einer von ihnen nach Pacifica kam.
Asher fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Daran habe ich auch gedacht. Wir sollten mit dem Auto hinfahren. Die Motels werden sie allerdings auch im Auge haben. Ich werde deshalb Lottie bitten, uns ein Haus zu organisieren.«
Zum Glück verfügten die Blackwells über noch mehr Geld als Jay-Z. Allein wäre ich mit sehr wenig ausgekommen, aber wir waren zu dritt, und das änderte alles. Mit Geld konnte man sich leichter verstecken, auch wenn es unser Problem, immer nur schnell hastig etwas herunterschlingen zu können, nicht löste.
»Und wie finden wir Dad, wenn wir da sind?« Lucy drückte Ketchup auf ihre Fritten. »Ohne dass man uns erwischt, meine ich.«
Ich trommelte mit einem Finger auf den Tisch. Gestern Abend war mir eine Idee gekommen, allerdings war sie nicht so ganz das Gelbe vom Ei. Leider war es die einzige Idee, die ich hatte.
»Was?«, fragte Asher, der mein Zögern bemerkte.
»Ich habe daran gedacht, dass sie wissen, dass wir zusammenunterwegs sind. Sie halten also nach drei Personen Ausschau.«
Er nahm den Faden auf. »Und dein Vorschlag wäre, dass wir uns trennen?«
Lucy klappte der Mund auf. Seit Monaten predigte ich, dass wir zusammen blieben, komme, was wolle. Da musste ihr bei dem Vorschlag, uns zu trennen, nun der Kopf schwirren. Doch eine andere Möglichkeit sah ich nicht.
Eilig fuhr ich fort. »Nur bei ihrer Verfolgung. Wir müssen herauskriegen, wo sie Dad verstecken. Am ehesten wohl bei Alcais oder Franc, würde ich sagen. Wenn wir uns trennen, können wir einen größeren Bereich abdecken, und das Überraschungsmoment hätten wir dadurch auch auf unserer Seite. Auf diese Weise kriegen sie nicht mit, wenn wir uns an die Rettung Bens machen.«
Asher und Lucy schwiegen. Alcais war ein sadistischer Junge, der Asher gefoltert hatte, und ich brachte seinen Namen nur ungern ins Spiel. Lucy spielte geistesabwesend mit dem Buttermesser, drehte es hin und her, sodass das Metall im Licht immer wieder aufschimmerte. Asher musterte mit verschränkten Armen die Decke. So ging das etliche lange Minuten, bis Lucy einen tiefen Seufzer ausstieß.
»Ich sitze hier und zermartere mir das Hirn, wie wir zusammenbleiben könnten.« Sie hob beide Hände hoch. »Aber mir fällt einfach nichts ein.«
»Mir auch nicht.« Wieder fuhr Asher sich durchs Haar und verstrubbelte es, bis es ihm wild vom Kopf abstand.
»Dann machen wir es also so?«, fragte ich.
Lucy zerknüllte ihre Serviette und warf sie auf ihren Teller. »Ich bin dabei. Ich hab’s satt, gejagt zu werden. Es wäre zur Abwechslung mal ganz nett, selbst auf die Jagd zu gehen.«
Ihre grimmige Miene verunsicherte mich, auch wenn ichgerade noch dieselben Gedanken gehegt hatte.
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