Die Macht des Geistes
Corinth. »Ein Staat hat alle anderen besiegt und in sich aufgenommen. Um das beurteilen zu können, müßten wir eine ausführliche Untersuchung anstellen, für die wir aber keine Zeit mehr haben.«
Lewis zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich hast du sogar recht. Komm, wir sehen uns noch die andere Seite an und verschwinden dann.«
Obwohl Corinth sich jetzt besser als früher in der Gewalt hatte, mußte er die wachsende Ungeduld bekämpfen. Lewis hatte ihn nur mühsam davon überzeugen können, daß es wichtiger war, wenigstens die nächsten Sterne zu besuchen, als sofort auf dem schnellsten Weg zur Erde zurückzufliegen.
Nachdem die Sheila wenige Stunden innerhalb der Atmosphäre des Planeten zugebracht hatte, flog sie wieder in Richtung Erde davon. Der Planet blieb rasch hinter ihr zurück, seine Sonne schrumpfte zusammen und verschwand schließlich. Eine lebende Welt – Leben, Evolution, Geschichte, Kämpfe, Aufstieg, Triumphe, Verzweiflung, Träume, Hoffnungen, Ängste, Befürchtungen, Liebe und Sehnsucht, aus denen sich die Existenz einer Milliarde intelligenter Lebewesen zusammensetzen ließ – wurde von der Dunkelheit verschlungen.
Corinth sah aus den Bullaugen des Raumschiffes und konnte dabei einen Schauer nicht völlig unterdrücken. Der Kosmos war einfach zu gewaltig. Selbst wenn die Menschen ihn noch so schnell durchquerten, wenn sie Jahrtausende lang gigantische Anstrengungen zu seiner Erforschung unternahmen, würden sie dieses große Schweigen doch nie mit ihren Stimmen erfüllen können. Dieses winzige Staubkorn, das eine Galaxis darstellte, war so gigantisch, daß seine Vorstellungskraft davor versagte; selbst in einer Million von Jahren würden die Menschen sie nicht völlig erforschen können; und jenseits ihrer fließenden Grenzen lagen weitere Sterneninseln, die ... nein, hier versagte jede menschliche Vorstellungsgabe. Die Menschen konnten das Unbekannte weiter erforschen, bis der Kosmos selbst verging, aber selbst dann würden sie noch keinen Eindruck auf diese Unendlichkeit gemacht haben.
Aber diese Erkenntnis war nützlich, denn sie brachte eine neue Bescheidenheit, die Corinths neuer Intelligenz bisher fremd gewesen war. Und er erkannte dankbar, daß die Menschheit auch in Zukunft immer wieder vor neuen Grenzen und neuen Herausforderungen stehen würde; und die Erkenntnis dieser Unendlichkeit würde die Menschen dazu bringen, sich wieder miteinander zu befassen, um in der Nähe der anderen Trost und Wärme zu finden. Vielleicht bewirkte sie auch, daß der Mensch endlich erkannte, welche Achtung und welchen Respekt er allen Formen des Lebens schuldete.
»Jetzt haben wir insgesamt neunzehn Planeten besucht«, stellte Lewis ruhig fest. »Vierzehn davon werden von intelligenten Lebewesen bewohnt.« Er machte eine nachdenkliche Pause und fügte dann hinzu: »Ich bin davon überzeugt, daß manche wesentlich älter als die Menschheit sind. Und trotzdem ist keine merklich intelligenter als die Menschheit vor der Veränderung. Siehst du, was das beweist, Pete?«
»Hmm. Neunzehn Planeten – und allein in dieser Galaxis gibt es wahrscheinlich über hundert Milliarden Sterne, die theoretisch alle ein Planetensystem besitzen können ... Glaubst du, daß wir aus unseren Feststellungen schon eine Theorie ableiten können?«
»Denk doch selbst nach, Pete! Wir dürfen ohne weiteres annehmen, daß jede Rasse unter normalen Bedingungen nur bis zu einem bestimmten Punkt in der Evolution fortschreitet, an dem sie dann stehenbleibt. Außerdem wissen wir, daß keiner dieser Planeten sich in dem Feld befunden haben kann.
Alles paßt zusammen; alles ist logisch. Auch der moderne Mensch unterscheidet sich nicht wesentlich von den ersten Vertretern der Rasse Homo sapiens . Die wichtigste Fähigkeit einer intelligenten Lebensform besteht darin, die Umwelt ihren Bedürfnissen anzupassen, anstatt sich selbst der Umwelt anzugleichen. Nur durch dieses Verfahren kann eine denkende Rasse etwa gleichbleibende Voraussetzungen für ihre Weiterentwicklung schaffen.
Das gilt für einen Eskimo in seinem Iglu ebenso wie für den New Yorker in seinem Appartement mit Klimaanlage; aber die Benutzung von Maschinen, zu der es früher oder später in der Entwicklung jeder Rasse kommt, macht die physikalischen Umweltbedingungen noch regelbarer. Landwirtschaft und Medizin stabilisieren die biologischen Aspekte des Lebens. Kurz gesagt – sobald eine Rasse die Intelligenzstufe erreicht, die früher mit einem I.Q.
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