Die Macht des Lichts
die Drei Eide, indem sie das Wort »sicher« hinzugefügt hatte.
»Danke«, erwiderte Egwene.
»Ihr sagtet, es gäbe wichtige Enthüllungen«, fügte Varilin hinzu. »Geht es um den Angriff der Seanchaner?«
Egwene griff in die Tasche an ihrem Gürtel und holte einen Gegenstand hervor. Ein glatter weißer Stab, an dessen Ende die Zahl Drei in der Schrift des Zeitalters der Legenden eingraviert war. Einige der Frauen keuchten auf.
Egwene webte Geist in den Stab, dann sprach sie mit klarer Stimme. »Ich schwöre, kein Wort zu äußern, das nicht der Wahrheit entspricht.« Sie fühlte, wie sich der Eid wie etwas Körperliches auf sie legte, wie ihre Haut förmlich enger wurde und kribbelte. Es fiel ihr leicht, es zu ignorieren; verglichen mit dem, was sie durchgemacht hatte, war der Schmerz bedeutungslos. »Ich schwöre, dass ich keine Waffe gestalte, mit der man jemand anderen töten kann. Ich schwöre, die Eine Macht niemals als Waffe zu benutzen, außer gegen Schattenfreunde und Schattengezücht, oder in Notwehr zur Verteidigung meines eigenen Lebens oder das meines Behüters oder einer anderen Schwester.«
Der Saal schwieg. Egwene löste ihr Gewebe auf. Ihre Haut fühlte sich so seltsam an! Als hätte sie jemand an Nacken und Rückgrat gepackt, sie zusammengerafft und an Ort und Stelle verschnürt.
»Niemand soll länger glauben können, dass ich vermeiden kann, mich an die Drei Eide zu halten«, verkündete sie. »Niemand soll länger sagen dürfen, ich sei keine richtige Aes Sedai. « Keine der Anwesenden erwähnte, dass sie die Prüfung zur Stola nicht abgelegt hatte. Darum würde sie sich an einem anderen Tag kümmern. »Und da ihr jetzt gesehen habt, wie ich den Eidstab benutzt habe und wisst, dass ich nicht lügen kann, werde ich euch etwas sagen. Während meines Aufenthalts in der Weißen Burg stattete mir eine Schwester einen Besuch ab und gestand mir, dass sie eine Schwarze Ajah war.«
Den Frauen quollen beinahe die Augen hervor, und einige keuchten leise auf.
»Ja«, sagte Egwene. »Ich weiß, dass wir nicht gern über sie sprechen, aber kann eine von uns ehrlich behaupten, dass die Schwarze Ajah nicht existiert? Könnt Ihr die Eide befolgen und sagen, dass Ihr nie die Möglichkeit - ja selbst die Wahrscheinlichkeit - in Betracht gezogen habt, dass Schattenfreunde unter uns weilen?«
Niemand wagte es. Trotz der frühen Stunde fühlte sich das Zelt heiß an. Stickig. Natürlich schwitzte keine von ihnen - sie kannten alle den uralten Trick, wie man das umging.
»Ja«, sagte Egwene. »Es ist beschämend, aber es ist eine Wahrheit, die wir als die Anführer unserer Schwesternschaft zugeben müssen. Nicht in der Öffentlichkeit, aber unter uns selbst lässt sich das nicht vermeiden. Ich habe erlebt, was Misstrauen und politisches Taktieren unter Menschen anrichten können. Ich werde nicht zulassen, dass uns dieselbe Krankheit ansteckt. Wir gehören verschiedenen Ajahs an, aber wir sind vereint in unserem Ziel. Wir müssen wissen, dass wir einander bedingungslos vertrauen können, weil es auf dieser Welt nur wenig gibt, dem man vertrauen kann.«
Egwene schaute auf den Eidstab in ihrer Hand, den sie sich in aller Frühe von Saerin geholt hatte. Sie strich mit dem Daumen darüber. Ich wünschte, du hättest ihn bei deinem Besuch finden können, Verin, dachte sie. Vielleicht hätte er dich nicht gerettet, aber ich hätte gern den Versuch unternommen. Ich könnte deine Hilfe brauchen.
Sie sah wieder auf. »Ich bin keine Schattenfreundin«, verkündete sie dem Raum. »Und ihr wisst, dass das keine Lüge sein kann.«
Die Sitzenden sahen verwirrt aus. Nun, sie würden es bald verstehen.
»Der Zeitpunkt ist gekommen, dass wir uns selbst beweisen«, fuhr Egwene fort. »Kluge Frauen in der Weißen Burg sind auf diese Idee gekommen, und ich beabsichtige, das auszudehnen. Jede von uns wird nacheinander den Eidstab dazu benutzen, sich von den Drei Eiden zu befreien, dann wird sie sie erneut leisten. Sobald wir alle gebunden sind, werden wir versprechen können, dass wir keine Diener des …«
Sheriam umarmte die Quelle. Damit hatte Egwene gerechnet. Sie rammte eine Abschirmung zwischen Sheriam und die Quelle und ließ die Frau aufkeuchen. Berana schrie entsetzt auf, und mehrere der Frauen umarmten die Quelle und schauten sich hektisch um.
Egwene erwiderte Sheriams Blick. Das Gesicht der Frau war beinahe so rot wie ihr Haar, und ihre Atmung hatte sich beschleunigt. Wie ein in die Falle gegangenes Kaninchen,
Weitere Kostenlose Bücher