Die Macht des Lichts
berührte ihn und seine kalten und glatten Konturen. Er wagte es nicht, ihn der Sorgfalt eines Dieners zu überlassen, ganz egal, wie sehr er ihm auch vertrauen mochte.
Hurin, erkannte er. Das hat mich gestört. Hurin zu sehen.
Er ging weiter, drückte die Brust heraus. Er musste stark sein - oder zumindest stark erscheinen. Und zwar zu jeder Zeit.
Hurin war ein Relikt aus einem früheren Leben. Eine Zeit, in der Mat sich noch immer über Rands Mäntel lustig gemacht hatte, eine Zeit, in der Rand gehofft hatte, Egwene zu heiraten und irgendwie zu den Zwei Flüssen zurückkehren zu können. Er war mit Hurin und Loial gereist, fest entschlossen, Fain aufzuhalten und Mats Dolch zurückzugewinnen, um zu beweisen, dass er ein guter Freund war. Das war eine viel einfachere Zeit gewesen, auch wenn er das damals nicht gewusst hatte. Damals hatte er sich gefragt, ob es überhaupt etwas Komplizierteres als den Gedanken geben konnte, dass ihn seine Freunde hassten.
Die Farben wirbelten durch sein Sichtfeld. Perrin ging durch ein dunkles Lager, das Steinschwert erhob sich über ihm in die Luft. Die Vision wechselte zu Mat, der noch immer in dieser Stadt war. War das Caemlyn? Warum konnte er in der Nähe von Elayne sein, wenn Rand so weit fort bleiben musste? Er konnte ihre Gefühle kaum durch den Bund wahrnehmen. Er vermisste sie so sehr. Einst hatten sie in den Korridoren genau dieser Festung Küsse gestohlen.
Nein, dachte er. Ich bin stark. Sehnsucht war ein Gefühl, das er nicht haben durfte. Nostalgie brachte ihm überhaupt nichts. Er versuchte beides zu verbannen, duckte sich in ein Treppenhaus und stieg nach unten, trainierte seinen Körper, versuchte ihn nach Luft schnappen zu lassen.
Laufen wir jetzt also vor der Vergangenheit davon? , fragte Lews Therin leise, ja. Das ist gut. Besser davonzulaufen, als sich ihr zu stellen.
Rands Zeit mit Hurin hatte in Falme geendet. Diese Tage waren in seiner Erinnerung verschwommen. Die Veränderungen, die er damals durchgemacht hatte - die Erkenntnis, dass er töten musste, dass er nie wieder zu dem Leben zurückkehren konnte, das er geliebt hatte -, waren Dinge, über die er nicht hatte nachdenken können. Er war in Richtung Tear gezogen, beinahe wie im Fieber, getrennt von seinen Freunden. Er hatte Ishamael in seinen Träumen gesehen. Das Letzere geschah wieder.
Schwer atmend kam Rand auf eine der unteren Etagen der Festung heraus. Die Töchter folgten ihm. Sie atmeten völlig gleichmäßig. Er ging durch einen Gang und dann weiter in ein gewaltiges Gemach mit Reihen breiter, dicker Steinsäulen, die kein Mann mit ausgebreiteten Armen umfassen konnte. Das Herz des Steins. Mehrere Verteidiger nahmen Haltung an, als Rand sie passierte.
Er begab sich zur Mitte des Herzens. Einst hatte Callandor hier funkelnd gehangen. Das Kristallschwert befand sich nun in Cadsuanes Besitz. Hoffentlich hatte sie es nicht vermasselt und ebenfalls verloren wie das männliche Adam. Aber im Grunde war das Rand herzlich egal. Callandor war minderwertig; um es benutzen zu können, musste sich ein Mann dem Willen einer Frau unterwerfen. Es war ja mächtig, aber nicht annähernd so mächtig wie der Choedan Kai. Der Zugangsschlüssel war ein viel besseres Werkzeug. Rand streichelte ihn behutsam und betrachtete die Stelle, an der einst Callandor gehangen hatte.
Das hatte ihn immer gestört. Callandor war die Waffe aus den Prophezeiungen. Im Karaethon-Zyklus hieß es, dass der Stein nicht fallen würde, bis Callandor von dem Wiedergeborenen Drachen geschwungen würde. Einige Gelehrte hatten diese Passage so interpretiert, dass das Schwert nie benutzt werden würde. Aber die Prophezeiungen funktionierten nicht auf diese Weise - sie waren gemacht worden, um erfüllt zu werden.
Rand hatte die Karaethon-Prophezeiungen studiert. Aus ihnen eine Bedeutung herauszukitzeln war wie der Versuch, hundert Fuß verheddertes Seil zu entwirren. Mit einer Hand.
›Das Schwert, das nicht berührt werden kann‹ zu nehmen gehörte zu einer der ersten Prophezeiungen, die er erfüllt hatte. Aber war seine Inbesitznahme Callandors ein bedeutungsloses Zeichen oder ein erster Schritt? Jeder kannte die Prophezeiung, aber nur wenige stellten die Frage, die unausweichlich hätte sein müssen. Warum? Warum hatte Rand das Schwert nehmen müssen? Sollte es in der Letzten Schlacht benutzt werden?
Als Sa’angreal war das Schwert nicht viel wert, und er bezweifelte, dass es einfach als Schwert benutzt werden sollte. Warum sprachen
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