Die Macht des Lichts
dieses Treffen würde vieles entscheiden.
Dobraine sah etwas bestürzt aus. Oder bildete er sich das nur ein? Dobraines Ausdruck veränderte sich selten. Glaubte der Lord, dass seine Aussichten auf ein Königreich dahinschwanden? Plante er Intrigen gegen Rand? »Ja, mein Lord. Ich nehme an, ich soll sofort gehen?«
Dobraine hat uns nie einen Grund gegeben, ihm zu misstrauen. Er hat sogar für Unterstützung für Elayne gesorgt, damit sie den Sonnenthron bekommt!
Rand hatte ihn zu lange nicht mehr gesehen. Zu lange, um ihm noch vertrauen zu können. Aber es war besser, ihn jetzt von hier fortzuschaffen; er hatte zu viel Zeit gehabt, um hier einen Fuß in die Tür zu bekommen, und Rand kannte keinen Cairhiener, der sich nicht in die Politik einmischte.
»Ja, Ihr brecht noch in dieser Stunde auf«, erwiderte Rand und schritt die anmutigen weißen Stufen hinauf.
Dobraine salutierte so stoisch wie immer und ging durch die Tür nach draußen. Er gehorchte sofort. Ohne jede Beschwerde. Er war ein guter Mann. Rand wusste das genau.
Beim Licht, was geschieht mit mir?, dachte er. Einigen Leuten muss ich vertrauen. Oder?
Vertrauen …?, flüsterte Lews Therin. Ja, vielleicht können wir ihm vertrauen. Er kann die Macht nicht lenken. Beim Licht, vor allem können wir aber einem nicht vertrauen, uns selbst…
Rand biss die Zähne zusammen. Er würde Dobraine mit dem Königreich belohnen, falls man Alsalam nicht fand. Ituralde wollte es ja nicht haben.
Die breite Treppe führte zu einem Absatz, an dem sie sich teilte und auf zwei Seiten zum ersten Stock hinaufführte. »Ich brauche ein Audienzgemach «, sagte Rand zu den Dienern in der Halle. »Und einen Thron. Schnell.«
Keine zehn Minuten später saß Rand in einem vornehm dekorierten Salon in der ersten Etage und wartete darauf, dass man die Kauffrau Milisair Chadmar zu ihm brachte. Der mit Schnitzereien übermäßig verzierte Stuhl aus weißem Holz kam nicht ganz an einen Thron heran, aber er würde reichen. Vielleicht hatte Milisair ihn selbst für Audienzen benutzt. Der Raum schien auf jeden Fall wie ein Thronsaal ausgestattet zu sein; es gab ein niedriges Podest, auf dem man erhöht sitzen konnte. Podest und Boden waren mit grünen und roten Läufern mit phantasievollen Mustern bedeckt, was zu dem Meervolk-Porzellan auf Sockeln in der Ecke passte. Vier breite Fenster hinter ihm - jedes hoch genug, um durchgehen zu können - ließ bewölktes Sonnenlicht in den Raum strömen und traf seinen Rücken, als er sich auf den Stuhl setzte, sich nach vorn beugte und einen Arm auf das Knie stützte. Die Statuette stand direkt vor ihm auf dem Boden.
Kurz darauf trat Milisair Chadmar an den Aielwachen vorbei über die Schwelle. Sie trug eines jener berühmten Domanikleider. Es bedeckte ihren Körper vom Hals bis zu den Zehenspitzen, war aber beinahe transparent und schmiegte sich an jede Kurve - mit denen sie nun wirklich ausreichend ausgestattet war. Das Gewand war dunkelgrün, an ihrem Hals hingen Perlen. Dunkle Locken reichten bis zu ihren Schultern, einige davon rahmten ihr Gesicht ein. Rand hatte nicht damit gerechnet, dass sie noch so jung war, sie konnte kaum älter als dreißig sein.
Sie hinzurichten würde eine Schande sein.
Nur ein Tag, dachte er, und schon denke ich daran, eine Frau hinzurichten, nur weil sie sich mir nicht anschließen will. Es gab einmal eine Zeit, da konnte ich es kaum ertragen, Verbrecher hinzurichten, die es verdient hatten.
Milisairs tiefer Knicks schien anzudeuten, dass sie seine Autorität akzeptierte. Aber vielleicht sollte es ihm auch nur einen besseren Einblick in das gestatten, was das Kleid so hervorhob. Typisch für eine Domani. Es war nur ihr Pech, dass er bereits mehr als genug Probleme mit Frauen hatte, als er bewältigen konnte.
»Mein Lord Drache«, sagte Milisair und erhob sich wieder. »Wie darf ich Euch dienen?«
»Wann habt Ihr das letzte Mal von König Alsalam gehört?«, wollte Rand wissen. Er verzichtete absichtlich darauf, ihr einen Platz auf den bereitgestellten Stühlen anzubieten.
»Der König?«, fragte sie überrascht. »Das ist jetzt schon Wochen her.«
»Ich muss mit dem Boten sprechen, der den letzten Brief überbracht hat.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob man den ausfindig machen kann.« Die Frau klang verwirrt. »Ich führe nicht Buch über das Kommen und Gehen eines jeden Boten in der Stadt, mein Lord.«
Rand beugte sich weiter vor. »Lügt Ihr mich an?«, fragte er leise.
Ihr Mund öffnete sich,
Weitere Kostenlose Bücher