Die Macht des Lichts
Er ist der Meinung, dass du hier deine Zeit verschwendest, Rand. Wenn er eintrifft, ein Heer um sich schart und im Tarwin-Pass Trollocs findet … ja, ich glaube, er wird angreifen.«
»Dann verdient er, was er bekommt, wenn er ohne den Rest von uns losreitet«, meinte Rand.
Nynaeve sah ihn finster an. »Wie kannst du so etwas sagen!«
»Ich habe keine andere Wahl«, erwiderte Rand leise. »Die Letzte Schlacht steht unmittelbar bevor. Vielleicht geschieht mein eigener Angriff auf die Große Fäule zur gleichen Zeit wie Lans. Vielleicht auch nicht.« Nachdenklich hielt er inne. Wenn Lan und sein Heer den Pass angriffen … vielleicht würde das ja Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Falls er dort nicht angriff, würde das den Schatten irritieren. Er konnte sie dort treffen, wo sie es nicht erwarteten, während ihre Blicke auf Lan gerichtet waren.
»Ja«, sagte er nachdenklich. »Sein Tod könnte mir in der Tat gute Dienste leisten.«
Nynaeve riss wütend die Augen auf, aber Rand ignorierte das. An einem sehr stillen Ort tief in seinem Inneren regte sich Sorge um seinen Freund. Diese Sorge musste er ignorieren, musste sie zum Schweigen bringen. Aber diese Stimme flüsterte ihm zu.
Er hat dich einen Freund genannt. Lass ihn nicht im Stich …
Nynaeve kontrollierte ihre Wut, was ihn beeindruckte. »Darüber reden wir noch«, sagte sie kurz angebunden. »Vielleicht nachdem du Gelegenheit hattest, darüber nachzudenken, was es genau bedeuten würde, Lan im Stich zu lassen.«
Er betrachtete Nynaeve gern als dieselbe streitlustige Dorfseherin, die ihn damals in den Zwei Flüssen herumgeschubst hatte. Sie hatte immer den Eindruck erweckt, sich zu sehr zu bemühen, angetrieben von der Sorge, dass die anderen ihren Titel wegen ihrer Jugend ignorieren würden. Aber seitdem war sie sehr gewachsen.
Sie erreichten das Anwesen, wo fünfzig von Basheres Soldaten das Tor bewachten. Sie salutierten, als Rand sie passierte. Er ritt an den Aiel vorbei, die draußen kampierten, stieg vor den Ställen vom Pferd und beförderte den Zugangschlüssel von seiner Schlaufe am Sattel in die übergroße Manteltasche - die schon mehr ein in den Mantel hineingeknöpfter Beutel war -, die für die Statuette da war. Aus ihren Tiefen hoben die Hände die Kugel in die Höhe.
Er begab sich in seinen Thronraum. Jetzt konnte er ihn nicht mehr anders nennen, da man ihm den Königsthron gebracht hatte. Er war übergroß, vergoldet und an Armlehnen, der Lehne und über dem Kopf mit Edelsteinen verziert. Sie quollen wie Augen hervor und verliehen dem Thron einen überladenen Prunk, der Rand missfiel. Er hatte nicht im Palast gestanden. Einer der örtlichen Kaufleute hatte ihn vor den Unruhen »beschützt«. Vielleicht hatte er auch beabsichtigt gehabt, sich den Sitz auf eine übertragene Weise zu sichern.
Rand setzte sich trotz der geschmacklosen Pracht und drehte sich, damit ihn der Zugangschlüssel in der Tasche nicht in die Seite stach. Die Mächtigen der Stadt waren sich nicht sicher, was sie von ihm halten sollten, und das fand er auch gut so. Er ernannte sich nicht zum König, aber sein Heer sicherte die Hauptstadt. Er sprach davon, Alsalam seine Stellung zurückzugeben, saß aber auf seinem Thron, als hätte er das Recht dazu. Er war nicht in den Palast gezogen. Er wollte, dass sie unsicher waren.
In Wahrheit hatte er noch keine Entscheidung getroffen. Viel würde von den Berichten dieses Tages abhängen. Er nickte Rhuarc zu, als dieser eintrat. Der muskulöse Aielmann erwiderte die Geste. Dann stand Rand vom Thron auf, und er und Rhuarc setzten sich auf den runden bunten Teppich, der vor dem mit grünem Filz bespannten Podest auf dem Boden lag. Als sie das das erste Mal getan hatten, hatte es unter den domanischen Dienern und Würdenträgern von Rands stetig wachsendem Hofstaat einen ganz schönen Aufruhr ausgelöst.
»Wir haben einen weiteren von ihnen entdeckt und geholt, Rand al’Thor«, sagte Rhuarc. »Alamindra Cutren versteckte sich auf dem Besitz ihres Cousins in der Nähe der Nordgrenze; was wir auf ihrem Anwesen erfuhren, führte uns direkt zu ihr.«
Damit hatte er vier Mitglieder des Kaufmannsrats in seinem Gewahrsam. »Was ist mit Meashan Dubrais? Ihr sagtet, Ihr hättet sie vielleicht auch?«
»Tot«, sagte Rhuarc. »Vor einer Woche vom Mob erschlagen.«
»Seid Ihr Euch da sicher? Es könnte eine Lüge sein, um Euch von der Spur abzulenken.«
»Ich habe die Leiche nicht selbst gesehen, aber Männer, denen ich vertraue, und sie
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