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Die Macht des Lichts

Die Macht des Lichts

Titel: Die Macht des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan , Brandon Sanderson
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Norden fühlen. Er forderte sie auf, durch die Straßen zu reiten und Warnungen zu rufen. Flieht in die Keller! Lagert Nahrungsmittel, denn eine Katastrophe wird kommen! Unglücklicherweise würde es bei diesem Sturm nicht damit getan sein, die Mauern zu verstärken. Er war von einer ganz anderen Sorte.
    Meeresnebel war oft der Vorbote von Winden, und in dieser Nacht war es nicht anders. Nynaeve zog die Stola enger um die Schultern und roch Salzwasser in der Luft. Es vermischte sich mit den Gerüchen einer überbevölkerten Stadt. Abwasser, dicht zusammengedrängte Körper, Ruß und Rauch von Feuern und Kaminen. Sie vermisste die Zwei Flüsse. Der Wind im Winter war immer kalt gewesen, aber auch stets frisch. Bandar Ebans Wind fühlte sich immer leicht abgenutzt an.
    In den Zwei Flüssen würde nie wieder Platz für sie sein. Das wusste sie, auch wenn es sie schmerzte. Sie war jetzt eine Aes Sedai; das war es, zu dem sie geworden war, das ihr wichtiger war als einst die Stellung als Dorfseherin. Mit der Einen Macht konnte sie Menschen auf eine Weise Heilen, die noch immer wie ein Wunder erschien. Und mit der Autorität der Weißen Burg im Rücken war sie eines der mächtigsten Individuen auf der Welt, dem lediglich andere Schwestern und ein paar Monarchen gleichkamen.
    Und was die Monarchen anging, so war sie selbst mit einem König verheiratet. Lan mochte ja kein Königreich haben, aber er war ein König. Zumindest für sie. Das Leben in den Zwei Flüssen würde ihm nicht gefallen. Und um der Wahrheit die Ehre zu geben, würde es ihr auch nicht gefallen. Das einfache Leben, das einst alles gewesen war, das sie sich hatte vorstellen können, würde jetzt langweilig und unbefriedigend erscheinen.
    Trotzdem fiel es schwer, nicht wehmütig zu sein, vor allem, wenn man den nächtlichen Nebel betrachtete.
    »Da«, sagte Merise mit einem Hauch Anspannung in der Stimme. Zusammen mit Cadsuane und Corele schaute sie in die andere Richtung - nicht nach Südwesten über die Stadt zum Ozean, sondern nach Osten. Nynaeve hätte sich beinahe geweigert, die Gruppe zu begleiten, denn sie war eigentlich ziemlich davon überzeugt, dass Cadsuane nicht zuletzt sie für ihr Exil verantwortlich machte. Aber die Aussicht, die Geister zu sehen, war zu verführerisch gewesen.
    Nynaeve wandte sich von der Stadt ab und gesellte sich zu den anderen. Corele sah sie an, aber Merise und Cadsuane ignorierten sie. Das kam ihr durchaus entgegen. Auch wenn es sie noch immer ärgerte, dass Corele von der Gelben Ajah sie einfach nicht akzeptieren wollte. Corele war freundlich und mitfühlend, aber auch nicht bereit einzugestehen, dass Nynaeve ebenfalls zu den Gelben gehörte. Nun, die Frau würde ihre Meinung ändern müssen, sobald Egwene die Weiße Burg für sich gesichert hatte.
    Nynaeve spähte durch die Zinnen auf der Mauer und musterte die dunkle Landschaft außerhalb der Stadt. Nur mühsam konnte sie die Reste der Baracken ausmachen, die sich noch bis vor kurzem gegen die Stadtmauern gedrängt hatten. Die Gefahren auf dem Land - manche davon durchaus real, andere auch einfach nur Übertreibungen - hatten dafür gesorgt, dass die Flüchtlinge in die Stadt drängten. Sich mit ihnen und den von ihnen mitgebrachten Krankheiten und Hunger auseinanderzusetzen, beanspruchte noch immer viel von Rands Zeit.
    Jenseits der niedergetrampelten Flüchtlingsstadt gab es nur Büsche, verkümmerte Bäume und schattenhafte Reste von zerbrochenem Holz, möglicherweise Wagenräder. Die Felder in der Nähe lagen karg da. Man hatte sie gepflügt und die Saat ausgebracht, trotzdem rührte sich dort nichts. Beim Licht! Warum wuchs Getreide nicht mehr? Wo würden sie diesen Winter nur Nahrung finden?
    Aber im Augenblick hielt sie nicht danach Ausschau. Was war es, das Merise gesehen hatte? Wo …
    Dann sah sie es. Wie ein paar Schwaden aus Ozeannebel fuhr eine winzige Stelle aus glühendem Licht über den Boden. Sie wuchs und wallte wie eine winzige Sturmwolke, schimmerte mit einem perligen Licht, das den Wolken am Himmel nicht unähnlich war. Sie zog sich zu den Umrissen eines gehenden Mannes zusammen. Dann lösten sich aus dem luminiszenten Nebel weitere Gestalten. Wenige Augenblicke später bewegte sich eine ganze glühende Prozession wie in einem Trauermarsch über den dunklen Boden.
    Nynaeve verspürte ein Frösteln, dann rief sie sich zur Ordnung. Möglicherweise waren es ja tatsächlich die Geister der Toten, aber auf diese Distanz bildeten sie keine Gefahr.

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