Die Macht
einer schweren innenpolitischen Krise war, die ein blutiges Ende nahm.
Irene Kennedy schüttelte ihm die Hand. »Danke, dass Sie so schnell gekommen sind.«
Coleman sah sie mit seinen blauen Augen an. »Nichts für ungut, Irene, aber Sie sehen irgendwie gar nicht gut aus. Haben Sie in letzter Zeit auch mal geschlafen?«
»Jedenfalls nicht genug, fürchte ich, aber es geht schon.«
»Also, worum geht es eigentlich bei der Sache?«
»Mitch bringt jemanden aus Italien mit.«
»Wen?«
»Die Frau, die Peter Cameron getötet hat.«
Coleman sah sie mit unverhohlenem Staunen an. Er hatte zusammen mit Rapp Camerons Leiche in dessen Büro in der George Washington University entdeckt. »Eine Frau?«
»Ja.«
»Kommt sie freiwillig, oder bringt er sie mit Gewalt hierher?«
Kennedy antwortete nicht sofort. Sie würde sich sehr gut überlegen müssen, wie viel sie Coleman verraten sollte. Sie vertraute ihm durchaus, aber die Ereignisse der vergangenen Wochen hatten wieder einmal deutlich gemacht, wie wichtig ein alter Grundsatz aus der Welt der Spionage war: Je weniger man sagte, desto besser. »Ja«, sagte sie schließlich, auf Colemans Frage antwortend, »sie kommt freiwillig. Es sind gewisse Dinge vorgefallen, die sie bewogen haben, auf unsere Seite zu wechseln.«
»Was heißt das genau?«
»Darüber kann ich im Moment noch nicht sprechen. Wenn sie hier sind, wissen wir mehr.«
Das Flugzeug rollte in den Hangar der Agency, worauf die Tore geschlossen wurden. Kennedy hatte ihre eigenen Sicherheitsleute angewiesen, draußen zu warten. Sie wollte nicht, dass jemand Donatella sah. Es sollte niemand wissen, dass sie in den Staaten war. Donatella war ein Trumpf, den sie im Ärmel hatten, und Irene wusste, dass sie besonders wertvoll war, wenn niemand wusste, dass sie hier war.
Die Flugzeugtür schwang auf, und Rapp trat heraus. Er winkte Irene und Coleman zu und ging dann wieder hinein. Einige Augenblicke später kehrte er mit der blassen, geschwächt wirkenden Donatella zurück und half ihr die Stufen hinunter. Donatella trug den Arm in einer weißen Schlinge, um ihre verletzte Schulter zu schonen.
Coleman wandte sich Irene Kennedy zu und sagte im Flüsterton: »Es sieht so aus, als wäre sie doch nicht ganz freiwillig gekommen.«
Rapp ging mit ihr über den glatten Betonboden. Er blickte sich im Hangar um, sah nach den Ausgängen und verschaffte sich dann einen Überblick, wer alles da war. Er war genauso aufmerksam wie in irgendeinem riskanten Einsatz an der Front. Seinen geschärften Sinnen entging kein noch so kleines Detail.
Er blieb vor Kennedy und Coleman stehen. »Das ist Donny«, stellte er sie vor.
»Wie sieht es mit der Verletzung aus?«, fragte Irene.
»So weit ganz gut, aber sie braucht trotzdem einen Arzt.«
»Ich kümmere mich darum«, sagte Kennedy.
Rapp zeigte auf seine Vorgesetzte und wandte sich Donatella zu. »Das ist Irene Kennedy.«
»Ich weiß«, sagte Donatella mit rauer Stimme, ohne den Blick zu ihr zu heben.
»Und das ist Scott.«
Donatella blickte kurz auf, sagte aber nichts.
»Freut mich auch, Sie kennen zu lernen«, sagte Coleman.
Rapp lächelte. »Donny ist normalerweise ein sehr netter Mensch, aber der gestrige Tag war ein bisschen hart für sie.«
»Ich habe Scott und seine Jungs geholt, um Donatella zu beschützen, bis wir entschieden haben, wie wir weiter vorgehen. Inzwischen haben wir beide etwas zu besprechen.«
Donatella wurde etwas lebhafter und sagte auf Italienisch zu Rapp: »Ich will nicht, dass du mich allein lässt.«
»Das lässt sich leider nicht vermeiden«, erwiderte Rapp und legte die Hand auf ihre gesunde Schulter. »Du kannst dich auf Scott hundertprozentig verlassen. Er und seine Leute sind wirklich gut.«
»Aber er hat seine Leute auch in eurer Agency«, entgegnete sie. Offensichtlich meinte sie Ben Freidman.
»Scott und seine Leute arbeiten nicht für die Agency.«
Irene Kennedy hätte gerne gewusst, was die beiden auf Italienisch besprachen. »Könnt ihr mir verraten, worum es geht?«
Rapp teilte ihr mit, weshalb sich Donatella Sorgen machte. Irene zuckte fast zusammen, als Rapp ihr mitteilte, was Donatella gesagt hatte, nämlich dass er seine Leute auch in der Agency hätte. Sie blieb jedoch äußerlich ruhig und sagte: »Das habe ich sowieso angenommen, und deshalb warten sogar meine eigenen Sicherheitsleute draußen vor dem Hangar. Ich habe Scott geholt, weil ich ihm vertraue, und was noch wichtiger ist – Mitch vertraut ihm auch.«
Rapp
Weitere Kostenlose Bücher