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Die Macht

Die Macht

Titel: Die Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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der CIA-Agent Aldrich Arnes 1994 vom FBI als Doppelagent enttarnt wurde. Die Moral innerhalb der Agency war damals nicht sehr gut, doch Irene Kennedy erinnerte sich immer wieder an etwas, das Thomas Stansfield, der zu dieser Zeit noch Direktor der Operationsabteilung war, damals gesagt hatte. Stansfield, dessen Job es war, Agenten in anderen Ländern zu rekrutieren, sagte im Konferenzzimmer, wo sich die deprimierten CIA-Verantwortlichen versammelt hatten, dass sich solche Vorfälle eben nie hundertprozentig vermeiden ließen. Das war nun einmal das Risiko, wenn man in diesem Geschäft tätig war. Man kann nicht in einen Boxring steigen und erwarten, dass man nie einen Treffer abbekommt, und genauso wenig kann man Spionage betreiben und erwarten, dass man selbst nie ausspioniert wird.
    Stansfield war wirklich ein großer Mann. Er hatte immer über den Alltagsproblemen in Washington gestanden. Seiner Ansicht nach waren neunundneunzig Prozent dessen, was in Washington geredet wurde, wertloses Zeug. Er nahm es auch nicht allzu tragisch, dass das FBI nach dem Fall Arnes nicht ohne Schadenfreude auf die CIA zeigte. »Keine Sorge«, versicherte Stansfield seinen Kollegen in der Agency, »das FBI hat ganz sicher selbst ein paar Aldrich Arnes in den eigenen Reihen, sie haben sie bloß noch nicht gefunden.«
    Stansfield hatte vollkommen Recht, wie sich sieben Jahre später herausstellte, als sich die CIA für die zuvor erlittene Schmach revanchieren konnte und einen FBI-Special-Agent namens Robert Hanssen enttarnte. Nun erlebte das FBI die Demütigung, dass ein Verräter in den eigenen Reihen entlarvt wurde.
    Das alles war für Irene Kennedy eine ständige Mahnung zur Vorsicht. Sie nahm einen Schluck von ihrem Kaffee und war froh, dass Rapp so paranoid war. Natürlich ließ es sich manchmal nicht vermeiden, telefonisch Informationen auszutauschen, wenn man sehr weit voneinander entfernt war. Man musste nur sehr darauf achten, wem man seine Informationen anvertraute. Rapp hatte Recht, dass er wartete, um ihr das, was er wusste, persönlich mitzuteilen. Ben Freidman hatte seine Augen und Ohren überall in Washington, und sie war überzeugt, dass er auch in Langley mithörte.
    Irene Kennedy hatte in der vergangenen Nacht kaum ein Auge zugemacht. Sie hatte mit niemandem über Freidman gesprochen, nicht einmal mit dem Präsidenten. Sie musste sich erst einen genaueren Überblick verschaffen, bevor sie das tat. Zuerst einmal musste sie ein paar Leute, denen sie vertraute, damit beauftragen, den Schaden zu überprüfen, den Peter Cameron als möglicher Doppelagent für Israel verursacht haben mochte. Das Team würde zu ermitteln haben, ob es in Langley noch andere gab, die mit Cameron in Verbindung standen. Danach würde es so richtig interessant werden. Irene Kennedy hatte bereits begonnen, einen Plan auszuarbeiten, wie sie Ben Freidman mit seinen eigenen Waffen schlagen konnte. Es ging in diesem Geschäft nicht unbedingt immer darum, jemanden auffliegen zu lassen; wenn man es geschickt anstellte, konnte man den Betreffenden auch noch für sich arbeiten lassen.
    Irene Kennedy hörte den herannahenden Wagen und wandte sich um. Der weiße Van rollte über die Landebahn hinweg auf den Hangar zu. Sie hatte den Wagen bereits erwartet. Als er nur noch wenige Meter entfernt war, zeigte sie ins Innere des Hangars und sah dem unscheinbaren Wagen nach, wie er durch das Tor fuhr. In dem Van saßen drei Personen, die, wie sie wusste, Rapps Vertrauen genossen. Sie waren ehemalige Navy SEALs. Scott Coleman, der die Gruppe anführte, war früher Commander von SEAL Team 6. Er hatte zwei seiner besten Mitarbeiter, Kevin Hackett und Dan Stroble, mitgebracht. Rapp hatte schon früher mit ihnen zusammengearbeitet. Wenn es nach dem Präsidenten und den Special-Forces-Leuten ging, würde Rapp das Land schon bald wieder verlassen, und das bedeutete, dass sich irgendjemand um Donatella kümmern müsste. Für diese Aufgabe musste man jemanden finden, dem Rapp blindlings vertraute, und das bedeutete, dass die Jungs vom CIA-Sicherheitsbüro nicht infrage kamen.
    Coleman trat auf Irene Kennedy zu und streckte ihr die Hand entgegen. Der Mann war Ende dreißig und immer noch schlank, und selbst einem flüchtigen Betrachter wäre aufgefallen, dass man sich besser nicht mit ihm anlegte. Der ehemalige Navy-Offizier hatte eine interessante Vergangenheit; er war an vielen Schauplätzen im Einsatz gewesen – und einmal auch im eigenen Land, als er mitschuldig an

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