Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Maechtigen

Titel: Die Maechtigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
Vom Netzwerk:
Antiquariats.
    Der siebzehnjährige Beecher rannte wie der Blitz durch die von Regalen mit alten Taschenbüchern gesäumten Gänge. Als er jedoch sah, wer an der Kasse auf ihn wartete, wurde er deutlich langsamer.
    Er erkannte sie auch von hinten, der Anblick ihrer langen schwarzen Haare genügte.
    Er würde sie überall erkennen.
    Clementine.
    Er tauchte unter dem Klapptresen durch und blieb vor der Kasse stehen. Beecher bemühte sich nach Kräften, cool zu bleiben. »Clementine … Hey.«
    »Ich wusste ja gar nicht, dass du hier arbeitest«, erwiderte sie.
    »Ja, ich bin Beecher.« Er deutete mit dem Daumen auf seine Brust.
    »Ich kenne deinen Namen, Beecher.«
    »Tatsächlich … großartig.« Er hoffte inständig, dass ihm gleich noch etwas Besseres einfallen würde.
    »Du hast etwas für uns?« Er deutete auf den blauen Milchkarton, den sie hineingeschleppt und neben sich auf den Boden gestellt hatte.
    »Stimmt das, dass ihr fünfzig Cent für alte Schallplatten und CDs zahlt?«
    »Fünfzig Cent für Schallplatten. Fünfzig Cent für Taschenbücher. Und einen ganzen Dollar, wenn es eine neue Leinenausgabe ist. Er wird dir erheblich mehr zahlen, falls du zufällig das 69er Odessa-Album von den Bee Gees mit den Originalillustrationen zum Aufklappen hast.«
    »Von den Bee Gees habe ich nichts«, meinte sie. »Dafür habe ich das hier …«
    Sie holte aus dem Milchkarton ein halbes Dutzend CDs mit dem Foto ihrer Mutter darauf: Penny Maxwell’s Greatest Hits .
    Beecher kannte die Regeln. Er durfte alles ankaufen, wenn nicht schon allzu viele Exemplare im Laden vorhanden waren.
    Zwei Stunden vorher war Clementines Mutter gekommen und hatte Mr. Farris erzählt, dass sie mit ihrer Familie wegen ihrer Karriere als Sängerin nach Detroit ziehen würde. Sie hatte ihn gebeten, ein paar Dutzend CDs anzukaufen, weil sie dringend ein wenig Bargeld bräuchte. Natürlich hatte Mr. Farris ihrem Wunsch entsprochen. Das tat er immer, und aus diesem Grund hatte das Schaufenster des Ladens auch nach wie vor einen Sprung, und die Klimaanlage funktionierte nicht. Als Beecher nun also über den Tresen auf Clementines Angebot schaute …
    »Wir können ganz sicher noch ein paar Exemplare gebrauchen«, meinte er dann.
    »Wirklich? Bist du sicher?«
    »Absolut. Ich habe sie mir angehört. Deine Mutter hat eine tolle Stimme. Wie die frühe Dinah Washington, aber sanfter und mit einem größeren Stimmumfang und natürlich ohne dieses schreckliche Krächzen von den Drogen.«
    Clementine musste grinsen. »Ich weiß, dass ihr meiner Mutter schon einen Haufen CDs abgekauft hat, auf denen ihr wahrscheinlich sitzen bleibt.«
    »Außerdem wir haben dreißig Exemplare von Wer die Nachtigall stört . Und zu Beginn jedes Schuljahres verkaufen wir sie ausnahmslos alle.«
    Clementine neigte den Kopf und warf einen langen Blick über den Tresen, ohne ein Wort zu sagen. Man konnte spüren, dass sie nachdachte. »Du bist nicht so ein Armleuchter wie die meisten anderen.«
    »Das stimmt nicht«, widersprach Beecher und zeigte auf den Milchkarton. »Ich schmiere dir nur Honig ums Maul, damit ich den Preis für das Frankenstein- Paperback drücken kann, das ich dort sehe. Das ist eine britische Ausgabe. Und die bringt einen Haufen Kohle. Was hast du sonst noch?«
    Clementine hob den Milchkarton hoch, drehte ihn und kippte mindestens zwanzig Taschenbücher, etliche Leinenausgaben und einen Haufen gebrauchter CDs auf den Tresen.
    »Dann hätte ich noch dies hier …« Clementine zog ein verschlissenes blaues Buch mit einem Ledereinband und einem beschädigten Buchrücken hervor. Es hatte zerfetzte, beschmutzte Seiten, und das seidene Leseband war zerrissen. »Der Zustand ist miserabel, aber es ist auf jeden Fall ziemlich alt. Schätze aus den Siebzigern.«
    Beecher legte den Kopf schief und las den goldgeprägten Titel auf dem Buchrücken. Hundert Jahre Einsamkeit, von Gabriel García Márquez. »Gutes Buch. Gehört es deiner Mutter?«
    »Meine Mutter liest nicht gern. Ich glaube, es gehörte meiner Großmutter. Oh, es gibt da noch ein Problem … Der Einband ist … »Sie drehte das Buch um und deutete auf den fehlenden Buchdeckel.
    »Aber die Seiten halten noch alle zusammen«, meinte Beecher.
    »Wie …?«
    »Die Seiten … siehst du?« Er hob das Buch an dem Rücken hoch und schüttelte es, so dass die Seiten ausfächerten. »Wenn die Bindung gut ist, bleiben die Seiten drin.«
    »Ist das eine Art Antiquariatstrick?«
    »Nein, das stammt von meiner Mutter.

Weitere Kostenlose Bücher