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Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Titel: Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Attilio Bolzoni
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Vorlieben wurden dazu benutzt, seine Darstellung des Attentats zu entkräften.
    Zur Homosexualität in Mafiakreisen weiß man letztlich noch recht wenig. Ende 2000 hat der sizilianische Psychiater Girolamo Lo Verso die Wut und den Schmerz der Waisen nach dem Mafiakrieg der frühen achtziger Jahre (vgl. Kap. 61) in einer Studie beschrieben. Manche Abkömmlinge bedeutender Familien waren drogensüchtig geworden, andere paranoid. Sie hatten ihren Bezugspunkt verloren – ihre Väter, die in den Stadtvierteln gottgleiche Herrscher über Leben und Tod gewesen waren. Jetzt fühlten sie sich allein, verstört, unsicher, von sexuellen Zweifeln geplagt. Sie gaben zu, »sich nicht mehr als Männer zu fühlen«.
    26. Sind die Mafiosi religiös?
    Die Mafiosi haben sich einen eigenen Gott geschaffen, um sich auf der Seite der Gerechten zu fühlen. Diese Gewissheit nimmt ihnen auch das Schuldgefühl. Der Cosa Nostra beizutreten ist wie die Bekehrung zu einer anderen Religion.
    Der Mafioso Antonino Calderone sagte über seinen von ihm vergötterten Bruder Pippo, er habe »sich für einen Auserwählten Gottes, nicht für einen normalen Menschen« gehalten. Die Mafiosi sind überzeugt, Gott habe sie unter den gewöhnlichen Sterblichen erwählt. »Die anderen« zu töten ist nicht töten. Ihr Opfer ist ein Niemand, ein Nichts.
    Der Mafioso Leonardo Messina sagte, die Regeln der Cosa Nostra ähnelten »den zehn Geboten: Du sollst nicht stehlen, du sollst die Frau deines Nächsten nicht begehren […]«. Er behauptete, die Cosa Nostra gehe auf den Apostel Petrus zurück, und sprach sogar von einer »Bibel der Cosa Nostra«, die auf dem Land bei Riesi vergraben sei. Gott und die Bibel als Gottes Gesetz. Und sie, die Ehrenmänner, als Mittler dazwischen.
    Der Gott der Mafiosi ist natürlich ein böser Gott, der
ihren
Regeln entspricht und das Gute ins Böse verkehrt. Auf diese Weise gibt es keinen Konflikt zwischen der Religion und der Treue gegenüber den Grundsätzen der Organisation.
    27. Gehen die Mafiosi in die Kirche, sind sie praktizierende Christen?
    Nitto Santapaola, der Boss der Cosa Nostra von Catania, ging bei der Ordensgemeinschaft der Salesianer in die Schule, und die Familie wollte ursprünglich, dass er Priester wird. Don Calò Vizzini, der Boss von Villalba, hatte Bischöfe und Priester in seiner engeren Verwandtschaft. In Provenzanos Versteck fand man Tausende von Heiligenbildchen, Kreuzen und Marienfiguren. Der Mafiaboss Pietro Aglieri, dessen eine Schwester eine Nonne war, hatte in seinem Versteck einen kleinen Altar. Auf der ersten Bank in der ersten Reihe der Pfarrkirche von Siculiana sind die Namen der Drogenhändler Caruana und Cuntrera ins Holz gemeißelt,als Anerkennung für einen großzügigen Obolus. Die beiden Bosse mit fester Basis in Kanada waren so religiös – und wollten es ihren Anhängern auch demonstrieren –, dass sie jedes Jahr am 3. Mai die Skulptur des gekreuzigten Christus von Siculiana nach Montreal brachten und dort für ihre ausgewanderten Landsleute in einer Prozession durch die Stadt tragen ließen. Michele Greco, der nicht umsonst als der »Papst« der Mafia galt, betete Tag und Nacht.
    Die religiöse Symbolik der Mafia ist offenkundig und beginnt bereits mit dem Initiationsritual. Der Schwur auf das Heiligenbild der Madonna dell’Annunziata, Schutzpatronin der Cosa Nostra, deren Fest an Mariä Verkündigung (am 25. März) gefeiert wird, wird mit folgenden Worten geleistet: »Als Heilige bete ich dich an, als Papier verbrenne ich dich. So wie dieses Papier verbrennt, soll mein Fleisch brennen, wenn ich eines Tages die Cosa Nostra verraten sollte.«
     
    Die Sünde der Mafia gibt es nicht. Wo steht diese Sünde geschrieben? Such dir einen klugen Priester, der von diesen Dingen etwas versteht.
     
    Giuseppe Guttadauro, Arzt und Boss des Bezirks
    Brancaccio, im Gespräch mit einem Freund, Palermo,
    21. Januar 2001
    28. Gibt es, abgesehen von den gläubigen Mafiosi, auch mafiose Priester?
    Solche hat es immer gegeben. Der berühmteste war Pater Agostino Coppola, ein Neffe des Schiebers Francesco Coppola, genannt
Frank Tre Dita
(Dreifinger-Frank). In Pater Agostinos Sakristei fand man auch Lösegelder aus Entführungen, die Luciano Liggio und seine Bande in Mailand durchführten (vgl. Kap. 12). Nach Jahren, die er im Ucciardone-Gefängnis von Palermo verbrachte, und nach etlichen Skandalen wurde Pater Agostino von seinem Priesteramt suspendiert, und er heiratete. Er hatte seine Frau in einer

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