Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA
Krankenstation kennengelernt, wo sich der ehemalige Priester im »Krankenhausarrest« aufhielt. DieFrau war eine Gynäkologin und »aus gutem Haus«: Francesca Caruana aus Siculiana. Ein reumütiger Mafioso erzählte später, Agostino Coppola sei
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, in den Finger gestochen, und damit offiziell zum Ehrenmann gemacht worden.
Ein weiterer mafioser Geistlicher war Francesco Castronovo, Pater Giacinto. Bereits Mitte der sechziger Jahre hatte Polizeikommissar Angelo Mangano ihn im Verdacht, mit den Bossen befreundet zu sein, und war überzeugt, Luciano Liggio habe ein paar Monate lang in seiner Klostergemeinschaft im Viertel Santa Maria del Gesù in Palermo Zuflucht gefunden. In demselben Kloster wurde Pater Giacinto fünfzehn Jahre später wegen seiner Nähe zu Stefano Bontate umgebracht. In seiner Zelle wurde eine 38er Pistole beschlagnahmt, die der Mönch unter seinem Kopfkissen versteckt hielt. Seine Mörder wurden nie gefunden.
In dem Dorf Mazzarino im Inneren Siziliens terrorisierten die Klosterbrüder Ende der fünfziger Jahre die örtliche Bevölkerung. Vier von ihnen wurden verhaftet: Pater Carmelo, Pater Agrippino, Pater Venanzio und Pater Vittorio. Die Anklage: Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung, Mord, Erpressung und Nötigung.
Es gab der Mafia »eingegliederte« und der Mafia »nahestehende« Priester. Der Karmeliterpater Mario Frittitta, der 1997 wegen Strafvereitelung verhaftet und dann vor Gericht freigesprochen wurde, las im Versteck des flüchtigen Pietro Aglieri die Messe. Viel gemunkelt wurde in den sechziger und siebziger Jahren auch über zwei Bischöfe der Diözese Monreale, der größten und reichsten Siziliens: Corrado Mingo und Salvatore Cassisa. Es hieß, drei Priester ihrer Diözese hätten am 16. April 1974 die Ehe zwischen Salvatore Riina und Antonina »Ninetta« Bagarella geschlossen. Einer der drei Priester war Pater Agostino Coppola, die Identität der beiden anderen wurde nie aufgedeckt. Riina und Bagarella heirateten zwischen den Pinien und dem Meer von Cinisi im Wohnzimmer einer Villa, in dem ein Altar errichtet worden war.
29. Wie steht die Kirche zur Mafia?
In der Frage der Mafia ist die Kirche Siziliens bis heute gespalten. Gewiss, es ist nicht mehr dieselbe Kirche wie vor dreißig oder vierzig Jahren, als der Erzbischof von Palermo, Ernesto Ruffini, auf die Frage eines Journalisten – »Eminenz, was ist die Mafia?« – antwortete: »Eine Waschmittelmarke, denke ich.« Der Kardinal behauptete auch, die Mafia sei »eine Erfindung der Kommunisten, um die Democrazia Cristiana zu schädigen und die vielen Sizilianer, die sie wählen«.
Der Erzbischof besuchte dann und wann die Favarella, das Landgut Michele Grecos, den man »den Papst« nannte. Er sagte kein Wort, als die Mönche von Mazzarino verhaftet wurden, und er verteidigte die Plünderung Palermos durch die Bauspekulation Limas und Cianciminos (vgl. Kap. 67). Berühmt wurde sein Ausspruch: »In Palermo sind für das Volk Stadtviertel entstanden, die den modernsten Städten in nichts nachstehen.« Er äußerte sich auch dann nicht, als in der Stadt der Krieg zwischen den Greco und den La Barbera tobte und an den Straßenecken mit Sprengstoff bestückte Pkws in die Luft flogen.
Nach dem x-ten Blutbad merkte der Vatikan plötzlich, was da in Palermo los war. Der Staatssekretär des Heiligen Stuhls (unter Paul VI., der seit wenigen Monaten Papst war) schickte Erzbischof Ruffini einen höflichen Brief, um ihn auf das Problem der Mafia aufmerksam zu machen.
An Seine Eminenz Kardinal Ernesto Ruffini, Erzbischof von Palermo
Ich erlaube mir, Ihrem besonnenen Urteil die Frage vorzulegen, ob es nicht angebracht wäre, auch seitens der Kirche mit den ihr eigenen Mitteln der Unterweisung, Überzeugung, Missbilligung und moralischen Erneuerung positiv und systematisch darauf hinzuwirken, die Mentalität der sogenannten Mafia von der religiösen Denkweise zu trennen und diese zu einer konsequenteren Beachtung der christlichen Grundsätze zu ermutigen.
Monsignor Angelo Dell’Acqua, 5. August 1963,
aus dem historischen Archiv der Erzdiözese Palermo
Es erstaunt mich doch sehr, wie man annehmen kann, die Mentalität der sogenannten Mafia sei mit der religiösen Mentalität verknüpft. Diese verleumderische Unterstellung wird vor allem außerhalb der Insel Sizilien von den Sozialkommunisten in Umlauf gebracht, welche die Democrazia Cristiana beschuldigen, von der Mafia unterstützt zu werden, während
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