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Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Titel: Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Attilio Bolzoni
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sie ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen gerade im Wettbewerb mit mafiosen Organisatoren oder solchen, die sie dafür halten, verfolgen.
     
    Seine Eminenz Kardinal Ernesto Ruffini
    an Monsignor Angelo Dell’Acqua, 11. September 1963,
    aus dem historischen Archiv der Erzdiözese Palermo
     
    Die erste aufsehenerregende Wende der Kirche Siziliens erfolgte mit Kardinal Salvatore Pappalardo und seiner Predigt, in der er Palermo mit dem 219 v. Chr. durch Hannibal eroberten Sagunt verglich. Das war im September 1982 anlässlich der Begräbnisfeier für den ermordeten Carabinieri-General Carlo Alberto Dalla Chiesa. Eine schmerzlich anklagende Predigt, in der er die Mafia scharf angriff.
    Acht Monate später begab sich Kardinal Pappalardo in das Gefängnis Ucciardone, um wie jedes Jahr mit den Häftlingen die Ostermesse zu feiern. Kein einziger Mafioso erschien, und der Kardinal blieb allein in der Gefängniskapelle – ein Signal der Bosse an die Kirche. Seitdem war der Kardinal in seinen Predigten sehr viel vorsichtiger, sei es wegen dieser Botschaft der Mafia, sei es, weil er nicht als »Antimafia-Kardinal« in die Geschichte eingehen wollte.
    Ein Teil der Kirche hat sich stets offen gegen die Mafia gestellt, ein Teil blieb gleichgültig, und ein Teil war mit ihr verstrickt oder stand ihr zumindest kulturell nahe. Laut einer neueren Untersuchung der Soziologin Alessandra Dino, die sich eingehend mit der Dynamik der palermitanischen Mafia befasst, zeigt die katholische Kirche Siziliens ein vielschichtiges Bild, wenn es um die Mafia und um Mafiosi geht. In ihrer aufschlussreichen Studie
La Mafia devota
(2008; Die fromme Mafia) wertet sie einen Fragebogen aus, den sie unter den GeistlichenPalermos verteilt hatte. Fünfzehn Prozent der Befragten sind mit dem Thema vertraut und sich des wahren Wesens der Mafia bewusst. Zwanzig Prozent kennen die Mafia »vom Hörensagen« und finden nicht gerade schmeichelhafte Worte für die Staatsanwälte der Antimafia-Pools (vgl. Kap. 78). Die übrigen fünfundsechzig Prozent der Priester und Ordensleute meinen, die Kirche solle sich nicht um Mafia oder Antimafia kümmern, da die Bosse keine direkte Bedrohung darstellten.
    30. Gibt es eine Kirche, die sich aktiv gegen die Mafia stellt?
    Ein Vorposten der Antimafia in den achtziger Jahren war das Studienzentrum »Pedro Arrupe« der Jesuiten in Palermo unter Leitung von Bartolomeo Sorge und Ennio Pintacuda, eine politische Denkfabrik. Dort sprach man zum ersten Mal von der Notwendigkeit, die Democrazia Cristiana zu »erneuern« und sich von der Mafia und deren kriminellen Verstrickungen mit der Politik zu distanzieren. Das Zentrum Pedro Arrupe wurde von der Polizei beschützt: Pater Sorge und Pater Pintacuda standen unter Personenschutz.
    Am 23. Mai 1993, dem ersten Jahrestag des tödlichen Attentats auf Giovanni Falcone, las Pater Pintacuda die Messe, umringt von fünf mit Maschinenpistolen bewaffneten Polizisten. Aber in Sizilien wurden viele Priester bedroht. Und nicht nur bedroht.
    Der Priester Giuseppe »Pino« Puglisi wurde ermordet – im palermitanischen Viertel Brancaccio, wo die Brüder Giuseppe und Filippo Graviano das Sagen hatten und Don Pino ihnen »auf die Nerven ging«. Dies gab sein Mörder Salvatore Grigoli zu Protokoll, nachdem er die Seiten gewechselt hatte. In seinen Predigten wetterte er gegen die Mafia. In Brancaccio hieß es, das Sozialzentrum Padre Nostro, wohin Don Pino die Gläubigen einlud, sei »ein Bullennest«. Manche Mitglieder seiner Pfarrgemeinde gingen erst zu ihm und berichteten dann alles den Brüdern Graviano.
    Monat für Monat wurde Don Pino immer stärker isoliert. Am Abend des 15. September 1993 – es war sein sechsundfünfzigster Geburtstag – passten sie ihn vor seinem Haus ab und töteten ihn. Anfangs versuchten sie es als Raubüberfall darzustellen, dann verbreiteten sie Gerüchte über seine angebliche Homosexualität, ja sogar pädophile Neigungen. Damit sollte der Tote in den Dreck gezogen werden. Das ist typisch bei Mafiaverbrechen: Auf die physische Vernichtung folgt der Rufmord.
    »Die Kirche war immer bereit, einen Flüchtigen der Cosa Nostra zu verstecken«, sagte Grigoli später aus. »Sie half den Notleidenden. Don Pinos Kirche war anders. Schon seit Monaten hieß es bei der Cosa Nostra, die Kirche sei nicht mehr wie früher.« Wenige Monate vor dem Mord an dem Pfarrer von Brancaccio hatte Johannes Paul II. Sizilien besucht und am 9. Mai 1993 im Tal der Tempel von Agrigent seinen

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