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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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bedienen; damit hätte sie riskiert, dass Lavinia Saxby oder auch Miss Lyons sie erkannte. Wenn man von Helen ausging, durchschauten Frauen ihre Verkleidung tatsächlich eher als Männer.
    Um sieben Uhr gingen die Gäste in das Speisezimmer, das mit Kandelabern erhellt und mit hoch aufgetürmten Arrangements aus Früchten und Blumen geschmückt war, bei deren Herstellung Margaret dem Koch zur Hand gegangen war. Monsieur Fournier war angespannter und herrischer, als Margaret ihn je erlebt hatte. Nicht barsch, aber konzentriert und präzise arbeitend, sich in allem, was er tat, des Druckes bewusst, Höchstleistungen zu vollbringen, den Sinnen zu schmeicheln und seinen Arbeitgebern Ehre zu machen – eine Herausforderung, die noch verschärft wurde durch die Tatsache, dass alle – vom Koch bis zum Spülmädchen – völlig aus der Übung waren, was die Bewirtung von Gästen betraf.
    Der kleine Freddy war besonders nervös; sie hatten ihn für den Anlass mit einer Livree herausgeputzt, deren Ärmel provisorisch gekürzt waren. Das Haar hatte er mit Pomade zurückgestrichen. Betty sah ebenfalls leicht aufgelöst aus; sie trug ein schwarzes Kleid, eine weiße Haube und eine weiße Schürze, die für die besondere Gelegenheit gebügelt war. Fiona hingegen war kühl und gelassen wie immer. Thomas und Craig hatten gepudertes Haar und stolzierten in ihren Livreen stolz wie die Pfauen umher und Mr Arnold war ganz Etikette und Schicklichkeit, obwohl ihm, wie Margaret bemerkte, die Hand zitterte, als er den Wein einschenkte.
    Zusammen mit Fiona trug Margaret Speise um Speise aus der Küche in den Anrichtraum und warf hin und wieder einen Blick ins Esszimmer auf die erlesene Gesellschaft.
    Da war Nathaniel, der in seiner Abendkleidung steif und doch sehr männlich wirkte. Lewis sah gut aus wie immer; er war perfekt gekleidet und gab sich selbstbewusst und lässig. Piers Saxby trug statt der traditionellen dunklen Farben eine gemusterte Weste in Apfelgrün, das Haar über der Stirn zu einer Tolle gekämmt, die wie ein Hahnenkamm wirkte. Sehr passend, dachte Margaret.
    Neben Helen saß Lavinia Saxby, Mr Saxbys Schwester, mit der Margaret die Schule besucht hatte. Und zwischen Piers und Lewis saß die wunderschöne Brünette, Miss Barbara Lyons, die Margaret schon mit den beiden Männern auf dem Londoner Maskenball gesehen hatte. Wie sehr hatte sich Margarets Leben seither geändert!
    Margaret trug die Speisen herein und übergab sie Mr Arnold oder Thomas. Dabei fing sie immer wieder Bruchstücke der Gespräche auf, meist belanglose Höflichkeiten über das Wetter, bevorstehende Jagdausflüge, Hauspartys, die die Anwesenden besucht hatten, und so weiter. Doch dann hörte sie plötzlich ihren eigenen Namen und hätte beinahe eine Platte mit gedünsteter Taube fallen lassen.
    »… in ganz London und Umgebung, findet aber keine Spur der noch immer verschwundenen Miss Macy.« Saxby schluckte den Bissen, den er im Mund hatte, hinunter und fuhr fort: »Anfangs hieß es, sie wäre durchgebrannt.«
    Margarets Wangen brannten. Sie spürte jemandes Blick im Rücken; als sie sich umdrehte, sah sie, dass Helen sie anschaute.
    Thomas nahm ihr die Taube ab und flüsterte ihr zu, sie solle als Nächstes das Bries hereinbringen. In der Anrichte lauschte sie weiter dem für sie so demütigenden Gespräch.
    »Aber wenn es so wäre, hätte die Familie inzwischen doch längst von ihr gehört«, meinte Lavinia Saxby. »Und man hätte auch von irgendeinem verschwundenen Gentleman gehört.«
    Saxby dachte nach. »Dann wurde sie vielleicht entführt. Oder Schlimmeres.«
    »Sag so was nicht!«, protestierte Lavinia.
    Margaret kam gerade aus dem Anrichtraum. Sie stand im Hintergrund des Speisezimmers und trug eine silberne Servierplatte mit Bries.
    Lewis lehnte sich zurück, ganz elegante Nonchalance. »Passen Sie auf, was Sie über Miss Macy sagen«, warnte er. »Unser Nathaniel hier war einmal ganz vernarrt in sie.«
    »Ach wirklich?«, fragte Miss Lyons mit hochgezogenen Brauen.
    Nathaniel wand sich unbehaglich. »Das ist lange her. Bevor ich nach Barbados gesegelt bin.«
    Saxby feixte. »Manche sagen, das sei der Grund gewesen, warum Sie das Land verlassen haben.«
    »Ich bin gegangen, weil mein Vater mich darum gebeten hat, Mr Saxby.«
    »Unser Nate ist ganz der pflichtbewusste Sohn.« Lewis zwinkerte. »Oder er war es zumindest.«
    »Ich glaube nicht, dass Margaret sehr glücklich darüber war, dass ihre Mutter Sterling Benton so schnell nach Mr Macys

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