Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
Stuff«
    Am nächsten Morgen schleppte Margaret sich neben Betty die Treppe hinunter. Sie waren beide noch völlig erschöpft vom langen Aufbleiben am Abend zuvor.
    »Fiona sah gestern Abend so elegant aus in ihrem Kleid«, sagte Margaret. »Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, wo sie es her hat. Und hast du sie tanzen sehen? So anmutig und elegant, fast wie eine Lady.«
    Betty seufzte müde; ihr Blick wirkte abwesend. »Vielleicht war sie ja mal eine.«
    Margaret drehte sich um und starrte sie an.
    »Sie glaubte, sie hätte all das längst hinter sich gelassen« – Betty hob ihren Putzmittelkasten an – »aber es hat nicht sollen sein.«
    Margaret griff fassungslos nach Bettys Handgelenk und hielt sie zurück. »Was meinst du damit?«
    Betty schüttelte ihre Hand verdrossen ab. »Ich bin müde und kann nicht mehr klar denken. Ich hätte nichts sagen dürfen.«
    »Aber jetzt musst du mir alles erzählen.«
    Betty schüttelte den Kopf. »Nein. Das mach ich nicht. Und dir kann ich nur raten, Fiona nicht danach zu fragen, mein Kind. Hüte dich, schlafende Hunde zu wecken! Hast du mich verstanden?«
    Margaret nickte. Betty ging zufrieden weiter, doch Margaret blieb stehen. Ihre Gedanken überschlugen sich.
    Nach dem Frühstück und der Morgenandacht machte Margaret sich daran, Lewis Upchurchs Schlafzimmer in Ordnung zu bringen, das bis zu seiner Rückkehr gestern Abend tadellos aufgeräumt und peinlich sauber gewesen war, das er jedoch schon jetzt völlig ruiniert hatte – der Boden war übersät mit Kleidungsstücken, die Betttücher lagen als wirrer Haufen am Fußende des Bettes, als hätte er in der Nacht mit Engeln oder auch recht irdischen Geschöpfen gerungen, das Wasser war auf dem ganzen Waschtisch verspritzt, ein wahrer Basar von Toilettenartikeln stand in völliger Unordnung herum. Und was sie im Nachttopf erwartete, daran mochte sie gar nicht denken. In Wirklichkeit entsprachen die Männer ganz und gar nicht dem tadellosen Bild, das sie im Ballsaal abgaben.
    Wo war überhaupt Connor? Sie hatte ihn seit der Morgenandacht nicht mehr gesehen. Auch wenn ein Kammerdiener anwesend war, wurde von ihr erwartet, dass sie morgens als Erstes heißes Wasser aufs Zimmer brachte, den Nachttopf leerte und später dann zurückkam und das Bett machte. Der Kammerdiener war lediglich für die Kleidung seines Herrn verantwortlich. War Connor vielleicht unten im Destillierraum und erneuerte seine Bekanntschaft mit Hester? Margaret schwang die Betttücher hoch in die Luft und genoss es, wie leicht sie sich hoben und aufbauschten, bevor sie sich glatt hinlegten. Da flog die Tür hinter ihr mit einem Knall auf. Sie stieß einen Schrei aus und fuhr herum, das Kopfkissen an die Brust gedrückt. Ein Schutzschild.
    Lewis Upchurch zögerte eine Sekunde, als er sie sah, dann breitete sich ein träges Grinsen auf seinem Gesicht aus. »Ach, sieh an. Wen haben wir denn da? Wie nett von dir, mich nach unserem Tanz letzte Nacht zu besuchen.«
    Er trug Reitkleidung – Cut, Lederbreeches und Schaftstiefel. Und er sah geradezu teuflisch gut aus. Seine hellbraunen Augen strahlten förmlich vor Selbstvertrauen und Übermut. Sie hatte sich schon immer zu selbstbewussten Männern hingezogen gefühlt.
    Sie knickste verlegen, das Kissen noch im Arm. »Guten Tag, Sir.«
    Dann hätte sie ihre Arbeit fortsetzen müssen. Stattdessen blieb sie bewegungslos stehen; ihre Gedanken überschlugen sich. War dies ein unglücklicher Zufall oder die Antwort auf ihre Gebete? Vor ihr stand Lewis Upchurch, der Mann, den sie auf dem Ball der Valmores hatte heiraten wollen in der Hoffnung, so Sterling Bentons Plan zu vereiteln. Und jetzt war sie allein mit ihm – im hellen Tageslicht und hinter einer geschlossenen Tür. Bei dem Gedanken bekam sie feuchte Handflächen.
    Sollte sie ihm sagen, wer sie war? Sollte sie sich die Haube, die Perücke und die Brille herunterreißen und warten, bis es ihm dämmerte? Ihr Herz klopfte wild, sie atmete plötzlich flach und hastig. Würde sein Herz ihr entgegenfliegen, wenn sie ihm ihre desolate Situation erklärte, oder würde er das Gesicht in entsetztem Abscheu verziehen angesichts einer derart heruntergekommenen Miss Macy? Oder schlimmer noch, würde er feixend das Zimmer verlassen und das Ganze für einen verzweifelten Trick halten, um ihn einzufangen? »Bei Gott, im einen Moment flirte ich noch in meinem Schlafzimmer völlig harmlos mit dem Hausmädchen und im nächsten sitze ich in der Falle einer verwöhnten Göre,

Weitere Kostenlose Bücher