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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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im Fenster. Sein Kammerdiener Connor stand stocksteif hinter seinem Stuhl.
    Dann maß Lewis Saxby mit einem eisigen Blick. »Wirklich.«
    »Dann muss ich mich entschuldigen.« Saxby erwiderte seinen Blick; dann lehnte er sich entspannt in seinem Stuhl zurück und hob spöttisch das Glas, als wolle er einen Toast auf Lewis ausbringen.
    Nathaniel sah den Kammerdiener seines Bruders an. Er sah, wie sich Connors Kiefer verspannten. Der junge Mann wusste selbstverständlich über Lewisʼ Kommen und Gehen Bescheid, heimlich oder nicht. Und ebenso selbstverständlich wusste er, ob Lewis – oder die Gerüchte, von denen Saxby gesprochen hatte – die Wahrheit sprachen. Aber Nathaniel wusste auch, dass ein guter Kammerdiener unter allen Umständen diskret war. Lewisʼ Geheimnisse waren bei ihm sicher.
    Genauso wie Margarets Geheimnisse bei ihm, Nathaniel, sicher waren.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
21

    Eindrucksvoll und Respekt einflößend in ihrem dunklen Seidenkleid,
die Schlüssel des Hauses am Gürtel befestigt … häufig gehörte es zu
den Pflichten der Haushälterin, Besucher im Haus herumzuführen.
    Margaret Willes, Household Management
    Sogar nach dem unangenehmen Abendessen wanderten Margarets Gedanken immer wieder zu dem Geheimnis von Fionas Ballkleid. Während sie und Betty am nächsten Morgen den Boden des Esszimmers schrubbten, verlor Margaret sich in Tagträumen über Fionas Vergangenheit und malte sich Geschichten dazu aus.
    Schließlich hielt sie es nicht mehr aus, schob ihren Eimer ein Stück nach vorn und fragte: »Warum darf ich nicht nach Fionas Kleid fragen?«
    Betty verzog das Gesicht. »Nicht schon wieder! Du sollst eben nicht fragen!«
    »Ein solches Kleid war mit Sicherheit sehr teuer. Auf jeden Fall viel zu teuer für ein Hausmädchen. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ihre Herrin ihr so etwas überlassen hat – dafür ist es viel zu unpraktisch.«
    Betty drückte ihren Putzlappen aus. »Fiona will bestimmt nicht, dass wir darüber sprechen.«
    »Weißt du, wie sie zu diesem Kleid gekommen ist?«
    Betty zögerte. »Ja. Aber nicht, weil sie es mir erzählt hat.« Sie setzte sich auf ihre Fersen und sah Margaret misstrauisch an. »Sie wird schrecklich böse werden, wenn du rumschnüffelst, glaub mir.«
    Margaret schniefte. »Na gut, dann eben nicht.«
    Das Erste Hausmädchen sah sie an, ein wissendes Funkeln im Blick. »Ich weiß doch, wie du bist, Nora. Du gibst keine Ruhe, deshalb sage ich es dir. Aber nur, damit du Fiona nicht danach fragst und uns allen das Leben damit schwer machst.«
    Plötzlich schämte sich Margaret. »Ich sollte dich nicht zum Tratschen verführen. Es tut mir leid. Vergessen wirʼs einfach, Betty.«
    »Nein, jetzt hörst du mir zu. Fiona hat mir nie etwas darüber erzählt. Aber mein Onkel ist Butler auf Linton Grange, der letzten Arbeitsstelle von Fiona, und er hat es mir gesagt.«
    »Weiß Fiona, dass du es weißt?«
    Betty schürzte die Lippen. »Ich glaube nicht. Eigentlich sollte man es annehmen, weil der Butler mit Nachnamen Tidy heißt, genau wie ich. Aber sie hat es nie erwähnt.«
    Betty schrubbte an einem hartnäckigen Fleck herum, dann hielt sie inne und dachte nach. »Es war vor fünf oder sechs Jahren. Fiona war Hausmädchen auf Grange, so wie hier. Es war die alte Geschichte: Der junge Herr – der einzige Sohn – hat sich in sie verliebt. Er hat ihr einen Heiratsantrag gemacht, hat ihr sogar ein eigenes Cottage auf dem Anwesen eingerichtet. Er war es auch, der ihr das schöne Kleid geschenkt hat – und dazu den Traum von einem besseren Leben.«
    Betty schüttelte den Kopf; ihre Lippen bildeten nur noch einen dünnen Strich. »Ich weiß nicht, ob er sie wirklich heiraten wollte oder ob er es nur so gesagt hat. Seine Eltern haben es ihm natürlich verboten, wie du dir vorstellen kannst, und den beiden alle möglichen Hindernisse in den Weg gelegt. Aber Fiona war sicher, dass er sie heiraten würde, hat mein Onkel jedenfalls gesagt. Doch es sollte nicht sein. Der junge Herr starb bei einem Jagdunfall. Aus seinem Gewehr hat sich ein Schuss gelöst.«
    »Oh nein!« Margaret war entsetzt.
    Betty nickte. »Er hat gerade noch lange genug gelebt, um seine Eltern zu bitten, nach seinem Tod für Fiona zu sorgen.«
    »Hat dein Onkel das gehört?«
    »Diener hören alles, Nora«, sagte Betty verschmitzt. »Hast du das denn noch nicht gemerkt?« Dann wurden ihre Augen wieder hart. »Doch der junge Herr war kaum unter der Erde, da warfen sie sie auch schon

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