Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
es nur die Überraschung über sein jugendlich glattes Gesicht unter dem nicht dazu passenden kahlen Schädel?
    Er setzte die Tasse ab und erhob sich. »Nora, nicht wahr?«
    Sie nickte.
    Er deutete auf einen der anderen Stühle am Tisch. »Möchtest du dich nicht setzen?«
    Sie setzte sich zögernd auf die Kante eines Stuhls ihm gegenüber, kerzengerade aufgerichtet, die Hände im Schoß gefaltet. Wenn sie ihn zu kennen glaubte, kam sie ihm möglicherweise ebenfalls bekannt vor.
    Er setzte sich wieder hin. »Und wie ist dein Nachname?«
    »Garret.«
    Mit einem Bleistiftstummel kritzelte er ihren Namen in ein kleines Notizbuch. »Nora Garret. Wie lange bist du schon hier angestellt?«
    »Ein paar Monate.«
    Eine dunkle Braue hob sich. »Ein Neuzugang also. Gibt es noch mehr Bedienstete, die hier neu angefangen haben?«
    »Außer Mr Hudson, meinen Sie?«
    Er nickte und fügte hinzu: »Nicht nur bei den Dienstboten.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nur mich, Sir.«
    »Und wo warst du vorher?«
    Sie verlagerte das Gewicht und versuchte ihren besten Arbeiterklasse-Akzent. »London, Sir. Aber was hat des mit Mr Lewis zu tun? Sind Se denn nich wegen ihm gekommʼ?«
    »Wer hat dir das gesagt?«
    »Nu – Connor, Sir.«
    Er verschränkte die Arme, lehnte sich auf dem Stuhl zurück und betrachtete sie eindringlich. »London, sagst du? Vielleicht kommst du mir deshalb bekannt vor. Könnte sein, dass ich dich schon mal gesehen habe.«
    Sie schluckte. »Kann sein. Aber London isʼn schrecklich großer Ort.«
    Er nickte unbestimmt. »So. Da du hier quasi hinter den Kulissen arbeitest, könnte ich mir vorstellen, dass du eine ganze Menge über die Familie Upchurch weißt. Was sie so tun, ihre Vorlieben, Streitigkeiten – wozu sie fähig sind.«
    »Bisschen. Aber Hausmädchen ham nich viel mit der Familie zu tun, wissen Se?«
    »Nicht? Wenn du es sagst.«
    »Ich hab Lewis Upchurch ʼn paar Mal frühmorgens heimkommen sehʼn; sah aus, als wärʼ er die ganze Nacht weggewesen. Deshalb hab ich gedacht, er hätt vielleicht ʼne Freundin hier in der Gegend. Mr Upchurch hat Ihnʼn wohl davon erzählt und deshalb wolltʼn Se mich sehʼn, stimmtʼs?«
    Er betrachtete sie mit zusammengekniffenen Augen. »Da bin ich mir nicht mehr so sicher.«
    Ohne den Blick von ihr zu lassen, zog er etwas aus seiner Tasche und legte es auf den Tisch neben seine Tasse.
    Als ihr Blick darauf fiel, fing ihr Herz an, wild zu pochen. Es war ein gerahmtes Miniatur-Porträt – ihr Porträt. Dasselbe Bild, das Sterling vor ein paar Wochen den Bediensteten hier im Haus gezeigt hatte. Sie riss sich augenblicklich zusammen und hoffte, dass ihre Angst nicht allzu sichtbar wurde. Dann hob sie ihren Blick von dem Porträt zu dem Mann und zwang sich zu einem gleichmütigen Gesichtsausdruck.
    Er wandte den Blick als Erster ab, doch ihr war bereits eingefallen, woher sie ihn kannte. Er hatte vor Emily Lathrops Haus gestanden, als sie mit Joan dorthin gekommen war. Es war der Runner, der auf der Treppe mit Sterling und Mr Lathrop gesprochen hatte.
    Er sagte: »Du hast vielleicht gehört, dass Nathaniel Upchurch einst einer jungen Dame den Hof gemacht hat, die ihm jedoch wegen seines älteren Bruders einen Korb gegeben hat?«
    Sie schluckte. »Ja, ich glaubʼ, ich habʼ so was gehört. Aber das war langʼ, bevor ich hierhergekommʼ bin.«
    Er schaute das Porträt an. »So mancher Mann könnte dieser Schön heit verfallen. Für sie kämpfen. Sogar für sie töten.«
    Margaret runzelte die Stirn. »Was wollʼn Se denn damit sagʼn? Dass Mr Nathaniel versucht hat, seinʼn eignen Bruder zu töten, wegʼn ʼner dummen Pute, dieʼs nich besser wusste? Wenn Se das glauben, Sir, denn kennʼn Se Nathaniel Upchurch nich. So was würdʼ der nie tun. Der isʼn ehrbarer, gottesfürchtiger Mann.«
    Der Mann verzog den Mund zu einem ironischen Grinsen. »Und du hast nichts weiter mit der Familie zu tun, sagst du?«
    Sie spürte, wie ihre Wangen brannten. »Wir Dienstbotʼn sehʼn Sachen, Sir – wir wissʼn Sachʼn.«
    Er schob das Bild über den Tisch zu ihr herüber. Sie wischte ihre Hände abermals an der Schürze ab, die über ihren Knien lag, und griff danach. Während sie es anschaute, ohne es wirklich zu sehen, dröhnte ihr eigener Herzschlag in ihren Ohren.
    »Hast du sie schon mal gesehen? War sie hier?«
    Sie holte tief Luft und besann sich auf jedes Quäntchen schauspielerischer Begabung, die sie besaß. »Ja, ich hab se gesehʼn.«
    Er fuhr auf. »Wirklich? Wo?«
    Sie gab ihm

Weitere Kostenlose Bücher