Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel
von Griteh hatte offenbar mit der Zeit nachgelassen.
Daher hatte der Legionär eigentlich nur nach dem Rechten sehen sollen. Doch plötzlich hatten seine Feinde ihn von Yiteh bis Mythr gehetzt, durch die öde Steppe von Quesraba, die engen Gassen Gritehs und die breiten, glutheißen Straßen La Hacques. Er war seinen Häschern, pledischen Söldnern und Seeleuten aus Yérim, nur knapp entronnen.
Der einäugige ramgrithische König hatte sich als Meister der Geheimhaltung entpuppt. Der Legionär war aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen, als er immer mehr Hinweise darauf entdeckte, dass Aleb einen Angriff auf die Oberen Königreiche plante - und dass er genug Männer hatte, um den Sieg davonzutragen, falls Lorelien und Goran ihn nicht rechtzeitig aufhielten.
Erneut ließ der Mann seinen Blick über das Mittenmeer schweifen. Der Zweimaster war schnell, aber war er schnell genug? Er musste sein Ziel so rasch wie möglich erreichen und konnte nur hoffen, dass seine Verfolger ihn nicht einholten. Denn er wusste, dass der Ramgrith ihm noch immer auf den Fersen war.
Die Untätigkeit und Schweigsamkeit der Besatzung zerrten an seinen Nerven. Die Matrosen gehörten allesamt der Grauen Legion an, in unterschiedlichen Dienstgraden. Doch sie waren schon so lange fort aus Lorelien, dass ihnen das Königreich fremd geworden war. Untereinander sprachen sie Ramyth, und mehrere Männer beteten Alioss an. Mindestens einen hatte er im Verdacht, vom Gift der Daï-Schlange abhängig zu sein. Und zu allem Überfluss hingen die Matrosen einem törichten Aberglauben an. Zum Beispiel fürchteten sie sich vor einem schwarzen Ungeheuer, das angeblich die Gewässer heimsuchte, die sie soeben durchquerten. Sie machten sich vor Angst geradezu in die Hosen.
Der Legionär zuckte mit den Schultern und begab sich in seine Kajüte, um aus seinen verschlüsselten Aufzeichnungen einen anständigen Bericht zu schreiben. Doch er kam einfach nicht voran. Er vermochte nicht zu sagen, wie viele Galeeren, Großsegler, Kutter, Schoner, Fregatten und andere Kriegsschiffe im Hafen von Mythr vor Anker lagen. Er fand keine Worte für den überwältigenden Anblick, den die Flotte bot. Die Schiffe waren mit schwer bewaffneten Yussa und Horden von Rekruten von der Gefängnisinsel Yérim bemannt, und sein Bericht blieb zwangsläufig hinter der Wirklichkeit zurück. Für das Söldnerheer, das an der Mündung des Aòns lagerte, kamen ihm nur Vokabeln wie »gewaltig«, »ungeheuerlich« und »unfassbar« in den Sinn. Im Grunde hatte er das Bedürfnis, mit lauter Stimme davon zu erzählen und dabei mit den Händen zu fuchteln.
Nur ein Rätsel blieb ungelöst. Warum hatten sie Alebs Absichten nicht früher durchschaut? Die Kriegsvorbereitungen mussten seit mindestens sechs Monden im Gange sein.
Selbst bei allergrößter Vorsicht musste etwas von einem Plan derartigen Ausmaßes durchsickern. Auf die eine oder andere Art hätte Lorelien davon erfahren müssen.
Plötzlich ertönte von der Brücke ein Schrei, gefolgt von eiligen Schritten und einem lauten Platschen. Der Legionär stürzte zu einer Luke und sah gerade noch, wie der Körper eines Menschen in den Fluten versank.
Ein Mensch, dem der Unterleib fehlte.
Der Mann packte sein Rapier und streifte hastig das Kettenhemd über, ohne die offene Tür und die Treppe zum Deck aus den Augen zu lassen. Waren sie von einem anderen Schiff gekapert worden? Er hatte nichts gehört, und das Meer ringsum war spiegelglatt. War unter den Besatzungsmitgliedern eine Prügelei ausgebrochen? So brutal waren seine Männer nicht. War es ein Unfall? Ein zu straff gespanntes Seil?
Nein - an Deck wurde gekämpft. Matrosen jammerten, brüllten und flehten vergeblich um Hilfe. Der Legionär stellte einen Fuß auf die unterste Treppenstufe und blieb wie angewurzelt stehen. Der Angreifer brüllte vor Wut, dass es ihm in den Ohren dröhnte.
Es klang wie ein tiefes, durchdringendes und feindseliges Knurren, zehnmal so laut wie das eines ausgewachsenen Bären. Der Schrei verhallte über dem Meer.
Während der Angreifer dem letzten Matrosen den Garaus machte, stürzte der Legionär zurück in die Kabine und begann mit heftig zitternden Händen, seine Aufzeichnungen einzusammeln. Dann erkannte er, wie nutzlos sein Tun war.
Was nützte es, die Papiere zu verstecken, wo er doch ohnehin sterben würde und es niemanden mehr gab, der sie nach Lorelia bringen könnte?
Plötzlich war das sagenumwobene schwarze Ungeheuer da. Es kam nicht durch
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