Gretchen
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Das WC-Häuschen des Parkplatzes an der I-84, auf der Oregonseite des Columbia Rivers, sah selbst für eine Parkplatztoilette übel aus. Graffiti bedeckten die mit weißen U-Bahn-Fliesen gekachelten Wände. Jemand hatte die Spender für Papierhandtücher und Toilettenpapier geleert und ihren Inhalt über den Betonboden verstreut. Zwei der metallenen Kabinentüren waren aus den Angeln gerissen worden und hingen schief. Es roch wie im Treppenhaus einer Tiefgarage, nach dieser besonderen Mischung aus Urin und Zement.
Achtzehn Meilen bis zum nächsten Klo, und sie mussten ausgerechnet auf einem von Hooligans verwüsteten Parkplatz landen. Doch es gab keine andere Möglichkeit. Amy stützte die Hände in die Hüften und sah ihre elfjährige Tochter an.
»Nun mach schon, Dakota«, sagte sie.
Dakota riss die blauen Augen auf. »Da gehe ich nicht hinein«, sagte sie.
So ging es schon während der gesamten Reise. Seit Dakota ein Kleinkind gewesen war, fuhren sie jeden Sommer von Bakersfield nach Hood River, um Eriks Familie zu besuchen. Sie hatte es immer geliebt. Dieses Jahr aber hatte sie während der ganzen Fahrt SMS an ihre Freundinnen geschickt und Musik auf ihrem iPod gehört. Wäre Dakota während der letzten beiden Tage nicht so anstrengend gewesen, vielleicht hätte Amy mehr Mitgefühl aufgebracht.
»Hock dich einfach über die Schüssel«, sagte sie.
Dakota biss sich auf die Unterlippe, was einen Klecks rosa Lippenstift auf einem ihrer Schneidezähne hinterließ. »Es ist eklig«, sagte sie.
»Soll ich nachsehen, ob es bei den Männern besser ist?«, fragte Amy.
Dakota wurde rot. »Nie im Leben«, sagte sie.
»Du hast gesagt, du musst«, erinnerte Amy. Tatsächlich hatte Dakota, nachdem sie in dem Restaurant, in dem sie zu Abend gegessen hatten, nicht gewesen war, rasch zu beteuern begonnen, ihre Blase drohe zu platzen und sie würde in diesem Fall unabhängigen Minderjährigenstatus nach kalifornischem Recht anstreben. Amy hatte keine Ahnung, was zum Teufel das war, aber es klang ernst. Und so waren sie auf diesem Parkplatz mitten in der Wildnis gelandet.
Es klopfte an der Tür. »Was treibt ihr beide da drinnen?«, rief Erik. Sie waren zwanzig Minuten vom Haus seiner Schwester entfernt. Amy wusste, wenn sie nicht bald dort ankamen, würde Erik ausrasten. Er hatte schon seit zehn Meilen das Lenkrad mit weißen Knöcheln umklammert. Ach was, wem wollte sie etwas vormachen? Sie würde selbst ausrasten.
»Sie will keine von den Toiletten benutzen«, rief Amy zu ihrem Mann hinaus.
»Dann komm raus und geh hinter einen Baum«, erwiderte Erik.
»Dad!«, protestierte Dakota.
Amy stieß die Tür zur letzten Kabine auf. Sie war sauberer als die anderen oder zumindest weniger schmutzig. Toilettenpapier im Spender. Kein sichtbarer menschlicher Unrat. Es war ein Anfang. »Wie wäre es mit der hier?«, fragte sie ihre Tochter.
Dakota machte ein paar zögerliche Schritte und spähte in die Toilettenschüssel. »Da drin ist etwas«, sagte sie und deutete schlaff auf das hellrosa Wasser in der Schüssel.
Amy hatte nicht die Zeit, ihrer Tochter die Wirkung von Roten Beten auf Urin zu erklären. »Spül es einfach runter«, sagte sie stattdessen. Sie drehte sich um und ging zu der Reihe der weißen Waschbecken, um zu warten. Sie hörte die Toilettenspülung und spürte, wie die Anspannung ein wenig von ihr abfiel. Bald würde es weitergehen. Eriks Schwester würde mit Wein auf sie warten. Eriks Schwester wartete immer mit Wein.
»Mom?«, hörte Amy ihre Tochter fragen.
Was ist jetzt wieder?
Amy drehte sich um und sah ihre Tochter in der offenen Kabine stehen. Dakotas Gesicht war kreidebleich, ausdruckslos, sie hatte die Hände zu Fäusten geballt. Die Toilette floss über, das Wasser ergoss sich über den Rand auf den Boden und bildete eine Pfütze, die beinahe aussah, als würden Gezeiten auf sie einwirken. Nur dass etwas in dem Wasser war. Rote Wirbel drehten sich darin, und für einen Moment dachte Amy: Hat Dakota ihre Periode bekommen?
Das blutige Wasser strömte an der Außenseite der weißen Toilettenschüssel hinunter und lief unter Dakotas Turnschuhen weiter auf die Stelle zu, wo Amy wie erstarrt stand. Etwas war in der Toilette, etwas, das an die Oberfläche geschnellt war und jetzt auf Höhe des Rands schwamm. Etwas wie ein rohes Stück Fleisch. Als hätte ein Verrückter eine Ratte gehäutet und ertränkt. Es verharrte einen Moment am Rand der Schüssel, dann klatschte es auf den Boden und glitt
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