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Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane

Titel: Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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Gegenden von Dechtera als Legende galt. Irgendwann in seinem jungen Leben war er fürchterlich entstellt worden, doch schon zuvor hatte man ihn so schwer misshandelt, dass der Schaden an seinem Körper dem an seiner Seele noch nicht einmal annähernd gleichkam. Gefühlsmäßig und seelisch hauste er in einem Reich, das nur wenige andere je betreten, düster und seelenlos und bar aller Emotionen. Falls es in seinem Leben ein Leitmotiv gab, dann hatte Shadea niemals herausgefunden, worum es sich handelte. Jedenfalls beinhaltete es Töten als rituelle Reinigung, wie sie erfuhr, während sie nach dem Deserteur suchte. Wie weltfremd und launenhaft er war, wurde Shadea klar, als sie die unerwartete Verbindung entdeckte, die Aphasia zwischen ihnen beiden zu spüren schien.
    Dass er sie so sehr anzog, mochte mit dem persönlichen Hintergrund zu tun haben, der bei ihnen beiden ähnlich war, da beide als Waisen und Straßenkinder aufgewachsen waren, als Ausgestoßene, die gezwungen waren, ihren Weg durch die Welt auf eigene Faust zu finden. Ebenso akzeptierten sie beide Gewalt als Mittel zum Überleben. Als sie erfuhr, was er dem Deserteur angetan hatte, fragte sie lediglich, ob sie ein Körperteil des Mannes bekommen könne, um seinen Tod beweisen zu können. Sie verlangte keine Erklärung der näheren Umstände. Auch lobte oder missbilligte sie die Tat nicht. Dieses Verhalten hatte ihn möglicherweise beeindruckt. Vielleicht hatte er auch bemerkt, wie sehr sie sich von ihm angezogen fühlte, wie eigenartig attraktiv sie seine Entstellungen fand, sowohl die äußeren als auch die inneren, da sie dachte, ein solches Leid zu überleben beweise die Widerstandskraft und den Wert einer Person. Dass er widerwärtig anzuschauen war mit seinen krummen, spinnenähnlichen Gliedmaßen machte ihr nichts aus. Gleiches galt für seine Neigung, seine Opfer zu verstümmeln und auszuweiden, was vielleicht auf einen Mangel an Selbstwertgefühl hindeutete. In der Welt der Föderationsarmee zählten die Stärke von Herz und Körper mehr als Charakter und äußere Erscheinung. Beurteilungen beruhten eher auf Ersterem und selten auf Letzterem. Sie bewunderte Aphasia Wye für seine Talente und kümmerte sich nicht um die Verpackung. Töten war eine Kunst, und dieser Mann, diese seltsame Kreatur der Straßen und der Dunkelheit, hatte sie zu einer besonderen Form erhoben.
    Im Anschluss daran besuchte sie ihn regelmäßig, redete mit ihm über Tod und Sterben, über Töten und Überleben, und ihre Unterhaltungen bestätigten ihr immer wieder, dass sie sich ähnlicher waren, als es auf den ersten Blick den Anschein haben mochte. Er sprach in kurzen, stockenden Sätzen, seine Stimme klang wie zermahlenes Glas und trockenes Laub, und stets schwang Verbitterung darin mit. Er hatte keine Zeit, um Worte mit den meisten Menschen zu wechseln, doch bei ihr machte er gern eine Ausnahme. Das sagte er zwar nicht, aber sie spürte es. Ihm mangelte es an Freunden, an einem Zuhause, an allem, was eine normale Existenz ausmachte, und so hauste er am Rande der Zivilisation wie ein Nagetier in einer Müllgrube.
    Zuerst konnte sie nichts über sein Leben herausfinden. Womit verdiente er seinen Lebensunterhalt? Wie verbrachte er seine Zeit? Diese Dinge gab er nicht preis, und sie war schlau genug, nicht in ihn zu dringen. Erst nachdem er ihrer sicher war, als er die Verbindung zwischen ihnen für stark genug hielt, erzählte er ihr davon. Er war eine Waffe für diejenigen, die eine brauchten und sie bezahlen konnten. Er war ein tödliches Gift, niemand, den er berührte, überlebte diesen Moment. Die ihn benötigten, fanden ihn, indem sie es auf der Straße verbreiteten. Er ging zu ihnen, wenn er sich dafür entschied; niemandem wurde gestattet, ihn aufzusuchen. Er war ein gedungener Mörder, auch wenn er sich selbst nicht so bezeichnete.
    Zwei Jahre später, als sie sich entschieden hatte, die Föderation zu verlassen und ihren Ambitionen anderswo nachzugehen, wurde sie von einigen Männern betäubt und geschändet, weil man ein Exempel an ihr statuieren wollte. Da man dachte, sie sei tot, ließ man sie zurück, doch sie erholte sich, spürte die Männer auf und tötete sie alle einen nach dem anderen. Aphasia Wye half ihr bei der Suche und überließ ihr selbst das Vergnügen, die Kerle langsam sterben zu lassen. Danach floh sie aus Dechtera und dem Südland in die schützende Isolation von Grimpen Ward und dem Wilderun. Tief im Westland führte sie ihre Studien der

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