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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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bin ein guter Nachahmer. Aber die Worte …« Er verzog die Lippen. »Es ist ihnen gleichgültig, was ein Gefangener hört.«
    Die Stimme, die er nachgeäfft hatte, hatte vertraut geklungen, aber er hätte sich jeden an Bord aussuchen können, um ihn nachzuahmen. Doch auch abgesehen von dem Akzent waren die Worte, die McAvery gesprochen hatte, alarmierend. Genau die Art kleiner Einzelheiten, auf die nur ein unzufriedener Zeitgenosse geachtet hätte. Kopfgeldjäger und königliche Schiffe jagten sie, Binns kam dem Strick mit jedem Tag näher – und jetzt baute sich in ihrer Mannschaft auch noch eine Meuterei auf. Es sei denn, McAvery dachte sich das alles nur aus, um sie abzulenken.
    Sie erschauerte; winzige Käfer der Unruhe krochen ihr das Rückgrat hinab. Piraten bewegten sich von einem Ende des Decks zum anderen. Alle arbeiteten hart, aber diejenigen in der Nähe warfen dann und wann einen Blick zu ihr herüber. Wenn das, was McAvery gesagt hatte, zutraf, fragte sich Falkin, welche wohl auf die aufrührerischen Reden hörten und ihnen zustimmten. Sie waren ganz bereitwillig auf ihren Plan eingegangen. Sie hätten ihr nicht von Anfang an folgen müssen, aber das hatten sie getan. Es war ja nicht so, dass sie ihrem Kapitän das Schiff gestohlen hätte. Sie versuchte, ihn zu retten. Konnten sie denn nicht erkennen, dass sie Binns jedes Stückchen Macht zurückgeben würde, sobald sie nur konnte? Wer von ihnen versuchte jetzt, sie zu versenken? Sie schnaufte und bemühte sich, die Aufwallung gerechten Zorns davon abzuhalten, zu nervöser Unsicherheit zu verblassen. »Ich bin der Aufgabe also nicht gewachsen, weil ich eine Frau bin, wie? Ich bin Manns genug – mehr als drei von ihnen zusammengenommen!«
    McAvery zog eine Augenbraue hoch und ließ den Blick langsam auf ganzer Länge an ihr auf und ab wandern, so körperlich spürbar, als würde er sie mit Händen berühren. Das erinnerte sie deutlicher, als Worte es je vermocht hätten, sowohl an die Macht als auch an die Gefährdung ihres Geschlechts. Er war an das Schiff gekettet. Er konnte sie nicht erreichen, wenn sie zurückwich.
    »Ich habe keine Angst vor feigen Jungen, die einander mit Worten zu beeindrucken versuchen.« Die Worte, die wohl tapfer gemeint waren, klangen jedoch selbst in ihren eigenen Ohren hohl.
    »Es gibt mehr als einen entthronten König, der sich wünscht, er hätte besser auf das Murren des gemeinen Volks gelauscht, solange es noch harmlos war.«
    »Durchaus wahr«, räumte sie ein.
    »Seid auf der Hut. Findet heraus, was sie vor Euch verstecken. Pellt die oberen Lagen von Loyalität ab, und findet die Schlange, die sich darunter verbirgt. Lauscht dem Flüstern, das auf dem Wind treibt.«
    Flüstern im Wind, verborgene Schlangen, in der Tat. Dieser McAvery steckte voller Listen und Kniffe. Er griff sich Stücke magischen Treibguts aus der Luft und knüpfte mit Worten Teppiche, wenn die kleinen Kostbarkeiten nicht ausreichten. Diesmal würde er sie aber nicht in sein Spinnennetz ziehen.
    »Haltet die Augen weiter auf, McAvery. Wenn das Gerede ernster wird, berichtet Ihr mir sofort davon.«
    Er starrte sie einen Augenblick lang an, als versuche er, ein schwieriges mathematisches Problem auszuloten. Einen Moment lang erwiderte sie einen Blick, der klaräugig war und ohne Falsch; dann wandte sie sich der Leiter zu. Wenn sie tat, als ob er keine Rolle spiele, würde er schon einknicken.
    »Und was springt bei dem Handel für mich heraus? Angesichts der Tatsache, dass Ihr mich den Wölfen vorzuwerfen gedenkt, sobald wir Pecheta erreichen?«
    Sie blieb stehen, drehte sich aber nicht um. »Ich werde den König bitten, mein Gesicht möge das Letzte sein, das Ihr seht, bevor Ihr gehenkt werdet. Wäre das nicht ein … Anreiz?«
    »Verlockend, in der Tat. Ich werde den Rest der Reise über härter arbeiten müssen.«
    »Ihr, arbeiten?« Falkin brüllte vor Lachen. »Ich habe gesehen, wie hart Ihr arbeitet, mein Herr! Deshalb seid Ihr ja auch fest angekettet.«
    »Oh, ja. Die Ketten hatte ich ganz vergessen.« Er rasselte mit ihnen, um seine Worte zu unterstreichen. »Ich meine, dass ich Euch härter werde bearbeiten müssen.«
    Sie rang darum, weiter leichthin und gleichgültig zu klingen. »Ich habe den Eindruck, recht unempfindlich gegen Euch zu sein.«
    »Natürlich habt Ihr diesen Eindruck, meine Liebe.« Sein sardonischer Tonfall schwebte durch die Luft, während sie die Leiter hinaufkletterte, dorthin, wo der Rote Tom schon wartete.

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