Die magische Maske
einer der Gründe, warum die Namen der Töpfer auf den Amphoren stehen. Eine bessere Werbung gibt es nicht. Man wird bekannt und macht gute Geschäfte! Es geht um Geld. Um viel Geld!«
Iris seufzte. Das hatten sie inzwischen von jedem Töpfer gehört.
»Das ist klar«, sagte Hegias. »Aber damit kommen wir nicht weiter. Wir wissen nicht genug, um den Dieb zu finden.«
»Doch, doch«, widersprach Agathon. »Wir müssen ihn nur einkreisen. Jetzt und hier. Also, was wissen wir von ihm?« Er zählte es an den Fingern ab. »Er hat einen Vorteil davon, wenn wir nicht brennen. Er ist höchstwahrscheinlich neidisch. Und er ist rücksichtslos. Es ist ihm egal, dass wir unseren guten Ruf verlieren. Das ist doch schon mal was.«
»Vielleicht«, warf Paseas ein. »Aber warum hat er ausgerechnet
uns
die Maske gestohlen? Das ist doch die Frage.«
»Ich weiß!«, rief Iris. »Es geht doch um Geld! Vielleicht machen wir mehr Amphoren als die anderen?«
»Möglich.« Agathon zupfte wieder an seinem Bart. »Wie viele habt ihr denn hergestellt?«
»Hundertachtzig«, antwortete Hegias.
»Bei uns waren es sechzig«, fügte Paseas hinzu. »Wir haben Mikion noch beim Töpfern geholfen, weil er so viele hatte. Aber bemalt worden sind sie alle in seiner Werkstatt.«
»Und wir haben achtundvierzig Amphoren gemacht.« Agathon schüttelte den Kopf. »Das kann es nicht sein. Die Zahlen sind zu unterschiedlich.« Wieder raufte er sich die Haare. »Bei mir lohnt es sich doch gar nicht! Ich habe mich absichtlich um einen der kleinsten Aufträge bemüht. Wir hätten hier gar nicht mehr verkraftet, weil alle Welt Augenschalen von uns will. Bei euch ist das was anderes. Mikion hat den größten Auftrag, soviel ich weiß.«
»Also ist nur mein Vater gemeint?«, fragte Hegias beunruhigt. Der Gedanke gefiel ihm gar nicht.
»Wieso?«, rief Agathon. »Meine magische Maske fehlt auch. Und ich habe viel weniger Amphoren.«
»Dann muss es einen anderen Grund geben«, stellte Hegias erleichtert fest.
Wieder dachten sie über das Problem nach. Iris saß da, drehte eine Locke um den Finger und starrte auf den Tisch. Ganz in Gedanken wanderten ihre Augen über die Metallgriffel, die Zirkel und die Pinsel der Vasenmaler. Ihr Blick fiel auf die angefangenen Innenbilder der Augenschalen. Die Farben waren noch nicht so kräftig wie nach dem Brennen, aber man konnte erkennen, was die Bilder darstellten. Witzig. Da hatte ein Vasenmaler einen Mann gemalt, der sich mit einem Krug aus einem großen Gefäß neuen Wein in seine Schale schöpfte. Das passte gut, denn man sah das Bild erst, wenn man seine Schale ausgetrunken hatte. Iris musste lachen. Sie mochte Bilder, die eine Geschichte erzählten. Aber plötzlich fuhr sie zusammen und schlug die Hand vor den Mund. Das Bild auf der Schale hatte sie auf eine Idee gebracht. Sie merkte, dass die anderen sie erstaunt ansahen. »Vielleicht liegt es ja an den Bildern auf den Amphoren?«, fragte sie aufgeregt.
»Wieso denn das?«, fragte Hegias überrascht.
»Ja, das ist vielleicht gar nicht so schlecht!«, rief Agathon, der sofort verstand, was sie meinte.
Paseas zuckte die Schultern. »Aber was sollen denn die Bilder damit zu tun haben?«, fragte er verdutzt.
»Vielleicht ist der Dieb neidisch auf uns, weil unsere Vasenmaler etwas besonders gut malen können? Ringkämpfer oder Läufer oder so?«, schlug sie vor.
Hegias nickte. Er dachte an die fast lebendig wirkenden Läufer auf Phintias’ Amphoren. Er war tatsächlich ein wenig neidisch gewesen. Es war gar keine schlechte Idee.
»Was für Bilder sind eigentlich auf deinen Amphoren, Agathon?«, fragte er.
»Wir haben die Amphoren für das Wagenrennen der Fohlen gemacht«, antwortete Agathon. »Für die Zweispänner.«
Erschrocken blickte Hegias den Töpfer an.
»Wir haben die Vierspänner auf die Amphoren gemalt«, sagte er heiser. »Für das große Wagenrennen.«
»Das ist es!«, flüsterte Iris in die Stille. »Pferde!«
»Jemand soll neidisch auf unsere Pferde sein?«, fragte Hegias ungläubig. »Warum denn? So schwer sind die doch gar nicht zu malen!«
Agathon lachte bitter, aber Paseas rief: »Du hast gut reden. Du malst Tiere gerne. Ich könnte das nicht!«
Iris rutschte ungeduldig auf der Bank hin und her. »Aber genau das meine ich. Der Dieb hat bestimmt etwas gegen gute Pferdemaler!«
Hegias hatte eine Idee. »Weißt du, wer die anderen Aufträge für die Pferderennen bekommen hat?«, fragte er Agathon.
Der zuckte die Schultern. »Ich weiß
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