Die Makler-Mafia
entdeckten das rote Etwas,
das an einem Ast weit oben hing.
»Ich klettere rauf«, entschied
Tim.
»Aber pass auf, das sieht
verdammt hoch aus«, sorgte sich Gaby.
»Keine Angst!« Tim stieg Ast
für Ast hinauf, bis er schließlich fast in der Krone der mächtigen Eiche
angelangt war. An einem Ast hing ein kleiner roter Stofffetzen. Tim machte ihn
ab und steckte ihn in die Tasche seiner Hose. Er hielt noch einmal kurz inne
und schaute sich um, bevor er wieder nach unten kletterte. Vom Wipfel hatte man
einen grandiosen Blick auf das gesamte Anwesen.
»Da muss jemand auf dem Baum
gewesen sein. Und beim Herabsteigen ist er hängen geblieben. Und ein Stück von
seiner Kleidung ist dabei abgerissen.« Karl inspizierte den Stoff genauer. »Ist
wahrscheinlich von einem T-Shirt.«
»Da seht ihr es!«, sagte Tim
gelassen. »Da hat sich jemand im Baum versteckt und Isolde beobachtet. Das ist
kein Spuk oder irgendein Gespenst! Da steckt wer anders dahinter.«
»Warum bist du da so sicher?«,
äußerte Gaby sich skeptisch. »Wer weiß, wie lange dieser Stofffetzen schon da
hängt. Vielleicht ist irgendein Kind da raufgekraxelt.«
»Ja, stimmt«, pflichtete ihr
Klößchen bei. »Isolde hat drei Enkel, die oft zu Besuch waren.«
Karl entdeckte einen großen,
abgebrochenen Ast, der im Gras lag. »Der Ast muss beim Rauf- oder
Runterklettern abgebrochen sein. Ein Kind ist nicht so schwer. Also muss das
ein Erwachsener gewesen sein.« Er begutachtete den Stumpf und strich mit dem
Finger drüber. Etwas Harz blieb an seinen Fingern kleben. »Der liegt noch nicht
lange hier. Das Harz ist noch nicht ganz getrocknet. Dem Baum wurde diese Wunde
erst vor Kurzem zugefügt.«
»Dann sollten wir mal
schleunigst rausfinden, wer Isolde vor Kurzem besucht und wenn nicht, wer sich
auf ihrem Grundstück heimlich versteckt hat«, meinte Tim.
Oskar preschte voraus, als die
vier zur Villa zurückliefen. »Vielleicht finden wir was im Haus«, vermutete Tim
und zog einen Fensterladen neben dem Eingangsportal auf, den man vergessen
hatte zu verriegeln. TKKG konnten allerdings keinen Blick hineinwerfen, weil
schwere, dunkle Vorhänge die Sicht versperrten.
»Das können wir nicht machen«,
protestierte Gaby. »Vielleicht hat Oma Sauerlich einen Ersatzschlüssel.«
»Aber was sollen wir denn da
drinnen finden?«, wusste auch Klößchen nicht.
»Das würde mich auch
interessieren«, sagte hinter ihnen laut eine Stimme. Die vier schnellten
erschrocken herum und schauten in das Gesicht eines hünenhaft großen Mannes. Er
zog kurz die Mundwinkel hoch, was eher dem Blecken der Zähne eines Raubtieres
als einem freundlichen Lächeln glich. Seine extrem weißen Zähne blinkten wie
Neonreklame im Dunkeln. Oskar versteckte sich ängstlich hinter Gabys Bein. Der
unbekannte Mann war sehr elegant gekleidet. Er trug einen dunklen, schmal
geschnittenen Anzug irgendeines teuren italienischen Designers, auf Hochglanz
polierte schwarze Schuhe, die vorne etwas spitz zuliefen, und eine schwarz-weiß
gestreifte Krawatte. Auffällig war ein protziger Siegelring, der lässig an
seinem rechten kleinen Finger steckte.
»W-w-wir kannten Frau
Mischok-Knechtmann«, stotterte Klößchen. »Meine Oma war ihre beste Freundin.«
»Wer ist denn deine Oma?« Der
unbekannte Mann kam bedrohlich einen Schritt näher.
Tim machte sich etwas größer
und sagte mit einschüchternder Stimme: »Was geht Sie das an?«
»Das geht mich sehr wohl etwas
an, junger Mann. Weil ich sonst die Polizei rufen muss. Denn ihr befindet euch
auf Privatgrundstück.« Der Hüne klang jetzt schon etwas freundlicher. »Mein
Name ist Björn von Magog.« Er streckte Tim die Hand hin, die wie die Pranke
eines Riesen wirkte. »Ich wurde mit dem Verkauf der Immobilie von Frau Mischok-Knechtmann
beauftragt. Ich bin Makler.« Er schaute etwas betreten. »Leider sind Todesfälle
bei uns keine Besonderheit. Die Familien beauftragen uns dann sehr häufig mit
der Veräußerung des Objektes. Für diese Villa gibt es schon einige
Interessenten.«
»Aber Isolde ist doch erst vor
Kurzem gestorben«, entgegnete Klößchen aufgebracht.
»Das Leben muss weitergehen«,
sagte Björn von Magog und setzte ein mildes Lächeln auf. »Auch wenn uns das
nicht leichtfällt.« Er zog den Ärmel seines Jacketts nach hinten und schaute
auf seine goldene Armbanduhr. »Gleich kommen Kunden. Es wäre schön, wenn ihr
dann nicht mehr da seid.«
Obwohl er es sehr weich
formuliert hatte, verstanden TKKG den Rausschmiss sehr genau.
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