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Die Mappe meines Urgrossvaters

Die Mappe meines Urgrossvaters

Titel: Die Mappe meines Urgrossvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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viele andere Wälder, daraus wir jetzt Holz nehmen, verschwunden sind, und in Felder und Wiesen verwandelt wurden. Die Föhrenpflanzung wird stehen, weil sie dann noch nicht zu einem Feld- und Wiesengrunde wird tauglich sein, aber Holz werden die Menschen aus ihr nehmen, wenn Holz schon kostbarer geworden ist, als jetzt. Und wenn die Föhren ihre Nadeln fallen lassen, und unter sich die Feuchte und den Regen erhalten, wird sich der Grund verbessern und lockern, und in tausend Jahren kann vielleicht auch die Föhrenpflanzung in Feld verwandelt werden, wenn alsdann die Menschen dichter wohnen, und ihnen das Erträgniß des Feldes werthvoller erscheint, als das Holz, das die Föhren liefern.«
    Ich willigte freudig ein, als er dieses gesagt hatte, und schämte mich, einen so kleinen Zweck gehabt zu haben.
    Wir erstanden recht leicht und um ein billiges Geld das Steingewände, und mancher Nachbar, der davon hörte, hielt die Sache für eben so unklug, als ich sie selber Anfangs dafür gehalten hatte. Der Obrist schickte einen Mann hinaus, der in den Abständen, in denen die Pflänzchen zu stehen kommen sollten, kleine Vertiefungen in die Steine machen, und sie unten lockern mußte. In diese Vertiefungen wurde dann Erde gethan, aber eine nur um ein kleines bessere, als sonst in den Rissen des Steingewändes war, damit die Pflänzlein, wenn sie die ersten Wurzeln in dem Guten geschlagen und dasselbe gewöhnt hätten, nicht dann stürben, wenn sie ihre Fasern in den Fels treiben müßten. Der Obrist wählte den Samen dann von Föhren, die oberhalb des Gehänges in noch steinigerem Grunde standen, als der unsere war, damit ihm der bessere Grund wohlthue, und er in demselben gut anschlagen möge. An einem Tage legten wir mit Hülfe mehrerer Leute den Samen in die mit Erde gefüllten Vertiefungen, und deckten ihn wohl zu. Margarita hatte vorher die schönsten Körner ausgesucht.
    Der Obrist hatte auch noch einen andern Plan, der ihm aber viel schwerer auszuführen schien, woran er aber demohngeachtet nicht verzagte, wie es ja schon seine Natur war. Er wollte die Leute der Gegend vermögen, aus den obwohl gut erhaltenen Wegen doch noch bessere, nemlich gleich Straßen zu machen. Er sagte, er hoffe auf die Zeit. Vorerst aber legte er als Beispiel ein Stück einer solchen Straße auf seinem Grunde an, wo nemlich der Weg von Sillerau durch ihn nach Haslung führt, auf welchem Wege doch so manche Menschen Gelegenheit hatten zu gehen und zu fahren, und das neue Ding in Augenschein zu nehmen.
    Aus dem Frühlinge war endlich der Sommer geworden. Der Baum des Waldes, der Strauch des Hages, das Obst der Gärten, das Gras der Wiesen, und die Frucht der Felder, alles stand recht schön. Ich hatte, wenn ich um drei Uhr oder auch um vier Uhr des Morgens aufbrach, bis gegen Mittag all meine Dinge abgethan, und brachte den Nachmittag im Haghause zu. Wenn ich hinauf ging, und die Hunde mir nicht entgegen sprangen, wußte ich, daß der Obrist nicht zu Hause, sondern mit ihnen auf irgend einer Stelle seiner Felder sei. Wenn dann unter dem Gesinde, das sich rührte, oder unter den Knechten, die die Arbeit thaten, Margarita mit ihrem feinen Strohhute stand, gingen wir mit einander, den Vater zu suchen, oder wir gingen auch in dem Felde, oder in dem Walde dahin und redeten von verschiedenen Dingen. Ich legte ihren Arm sanft auf den meinigen.
    Eines Tages gingen wir auf dem Wege des Lidenholzes. Sie war in dem aschgrauen, geglänzten Gewande, das so schön ist. Sie trägt nicht die Kleider, wie es jetzt die Frauen so anfangen, daß sie von den Hüften weg stehen, sondern sanft hinab gehend, daß die junge Gestalt freundlich ausgedrückt ist. Das Lidenholz wurde vor vielen Jahren an vielen Stellen ausgehauen, daß man überall die Durchsicht hat, und an vielen Plätzen auf freien mit Stöcken und hohem Grase besetzten Flächen dahin geht. In den Holzschlägen wachsen verschiedene Blumen gemischt, und oft seltnere und gewiß schönere, als man sie auf gewöhnlichen Wiesen zu finden vermöchte. - - Da fragte ich Margarita, ob sie mich recht liebe. - - Wir standen vor einer Grasstelle, wo die hohen äußerst dünnen Schäftchen aus derselben empor standen und oben ein Flinselwerk trugen, grau oder silbern, in welchem die Käfer summten, oder Fliegen und Schmetterlinge spielten. Aus dem Holzschlage ragte mancher einzelne Baum hervor, der wieder empor gewachsen war; und jenseits, von ferne herüber, schaute der blaue Duft des Kirmwaldes, der ganz ruhig

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