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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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ihr Leben bis zu einem gewissen Grad mitbestimmen; er konnte ihr Freizügigkeiten gewähren oder entziehen, ihr Dienerschaft zuordnen oder auch nicht, über ihren Speisezettel bestimmen, kurz, er hatte es in der Hand, ob sie in Zukunft ihre Tage angenehm oder schlecht verbrachte. Ausgerechnet jetzt, da sie endlich zu einer Aufgabe gefunden hatte, die sie ausfüllte und ihrem Leben wieder Sinn gab, stand erneut alles auf dem Spiel. Würde der neue Hauptmann dulden, was sie da tat? Schließlich kamen die Menschen oft genug mit Anliegen zu ihr, die eigentlich auf seinen Schreibtisch gehörten und sein Urteil erforderten. Barbara befürchtete, dass der neue Amtsträger ein enger Vertrauter oder zumindest ein verlässlicher Parteigänger ihres Bruders Albrecht sein würde, und das konnte nichts Gutes bedeuten. Deshalb hielt sich an diesem Abend der Appetit der Markgräfin in Grenzen.
     
    Das Essen war noch nicht beendet, als es klopfte und der Türhüter einen Pagen hereinließ. »Gott grüß Euch, Herrin«, piepste der Kleine, »der Herr Hauptmann schickt mich und lässt Euch bitten, ihm nach dem Essen Eure Aufwartung zu machen.«
    »Richt ihm aus, dass ich gleich komme. Da nimm!« Barbara richtete sich auf und reichte dem schüchternen Buben eine kandierte Pflaume. Der griff überrascht
zu – derlei Nettigkeiten waren für Pagen nicht üblich – und flitzte zur Tür hinaus.
    Die beiden Zofen sprangen auf. Kätha suchte in der großen Truhe nach dem geeigneten Kleid, Susanna brachte Bürste und Spiegel. Gemeinsam nestelten sie das einfache graublaue Werktagskleid, das die Markgräfin trug, am Rücken auf und halfen ihr heraus. Dann warfen sie ihr das Sonntagsgewand über, eine lindgrüne Samtrobe mit gepufften Ärmeln und quadratischem Ausschnitt. Während die Mädchen das Kleid hinten zuschnürten, band sich Barbara eine dicke, geflochtene Kordel um die Taille. Nachdem Kätha, die ein Talent für Frisuren hatte, die Haare ihrer Herrin sorgfältig gekämmt und mit Kämmen und Nadeln hochgesteckt hatte, war Barbara fertig für die Begegnung mit dem neuen Burgherrn. Sie warf sich eines ihrer geklöppelten Schultertücher um, schlüpfte in die bereitgestellten Schuhe und machte sich mit wogenden Röcken auf den Weg ins Hauptmannsgemach.
     
    Die Gänge des Hochschlosses waren in flackerndes gelbes Licht getaucht – man hatte die Talglichter und Fackeln angezündet, die überall an den Wänden befestigt waren. Das war an normalen Abenden nicht üblich; wer im Dunkeln noch zu tun hatte, nahm sich einen Leuchter mit. Doch am Ankunftstag des neuen Hauptmanns hatte der Vogt angeordnet, die Burg
ausnahmsweise zu beleuchten. Barbara durchquerte die leere Hofstube, wo die großen Tische schon abgedeckt waren und im Kamin nur noch die Reste eines Feuers glommen. Während sie die breite Steintreppe zum zweiten Stockwerk des Westflügels hinaufging, fühlte sie die Anspannung in sich aufsteigen. Ihre Hände wurden feucht. Es war ihr bewusst, dass viel von ihrer ersten Begegnung mit dem Kommandanten abhing.
    Vor der eisenbeschlagenen Doppeltür zu seiner Zimmerflucht hielt Barbara inne. Sie straffte sich, strich eine Locke aus dem Gesicht, glättete ihren Rock und atmete einmal tief durch. Dann klopfte sie und trat ein.
    Der neue Hauptmann saß hinter einem riesigen Eichentisch und studierte im schwachen Licht eines Röhrenleuchters die Pläne des italienischen Architekten zur Erweiterung der Buchbergbastei. Etwas an dem Mann im Halbdunkel kam der Markgräfin bekannt vor. Sie ging einige Schritte auf den Schreibtisch zu, und der Hauptmann hob den Kopf. Barbaras Herz machte einen kleinen Hüpfer.
    »Georg, bist du’s wirklich?«
    Ihr erster Impuls wäre gewesen, den Jugendfreund zu umarmen, seine Hände zu nehmen. Doch Georg von Leuchtenberg machte keinerlei Anstalten, von seinem Stuhl aufzustehen. Stattdessen hob er die Brauen und grinste.
    »Ja, du siehst schon recht, Bärbel, ich bin’s! Wie lang ist’s her? Vier Jahre, fünf?«
    »Sechs, Georg, sechs. Das Zählen der Tage hab ich hier gelernt.«
    Georg deutete auf den Platz gegenüber. »Setz dich doch und trink einen Wein mit mir, Bärbel, auf die alte Freundschaft! Ich hab nie gern gesehen, wie Albrecht dich behandelt hat, aber du kennst ihn ja – er hört auf keinen.«
    Die Markgräfin ließ sich im Lehnstuhl nieder und griff nach dem Glas, das Georg ihr eingeschenkt hatte. Die beiden tranken sich lächelnd zu. Jetzt, wo Barbara den Freund ihrer Jugendzeit aus der Nähe

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