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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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wäre sie mit ihren Zofen und dem Hündchen nach Ansbach gezogen. Doch ihr Bruder Georg lehnte dieses Ansinnen ab. Er hatte inzwischen geheiratet und war Vater eines kleinen Sohnes, und er wollte sich nicht durch den Zuzug Barbaras stören lassen.
    So war nun ihr Platz auf dem Gebirg. Und inzwischen
hatte sie hier auch eine Aufgabe zu erfüllen. Immer öfter kam das Burggesinde mit Anliegen zu ihr. Ob es einen Streit zu schlichten gab, ob ein Ratschlag vonnöten oder ein Problem zu lösen war, alle erhofften sich von der Markgräfin Hilfe und Unterstützung – schließlich war sie die Schwester des Landesherrn. Sie besaß natürliche Autorität, ohne hochmütig zu wirken, und sie hatte ein offenes Ohr für alle. Die Leute entwickelten schnell Vertrauen zu ihr, und sie wurden nicht enttäuscht. Ihre Klugheit und Weitsicht wurden bald überall gerühmt, und schließlich drängte sich ein stetiger Strom von Menschen zu ihr ins Frauenzimmer, denen sie eine fürsorgliche und erfolgreiche Ratgeberin war. Selbst hoch gestellte Kulmbacher Bürger erschienen, um ihre Meinung einzuholen oder Bittschreiben zu verfassen. Barbara hatte einen Wirkungskreis gefunden, der sie ausfüllte und ihrem Leben neuen Sinn gab.
     
    Die Markgräfin trat vom Fenster zurück. Sie war unruhig – der heutige Tag versprach spannend zu werden. Der bisherige Hauptmann auf dem Gebirg, Wolf von Schaumberg, war von Albrecht Alkibiades abgelöst worden. Man munkelte von Unregelmäßigkeiten in der Kanzlei, fehlenden Geldbeträgen und Unstimmigkeiten bei der Jahresrechnung. Jedenfalls war Schaumberg mit seiner Familie und seiner persönlichen Dienerschaft bereits am Vortag in Richtung
Bayreuth abgereist. Die Burg frohlockte, denn der Hauptmann und vor allem seine ständig übel gelaunte Frau waren nicht sehr beliebt gewesen. Heute nun sollte der neue Hauptmann auf der Plassenburg eintreffen, und bisher wusste noch keiner, nicht einmal die gebirgischen Räte, wen Albrecht für das zweithöchste Amt im Land auserwählt hatte. Man wartete gespannt auf das Trompetensignal, das gewöhnlich die Ankunft von hohen Gästen ankündigte, und darauf, dass sich das Haupttor öffnete und der neue Kommandant in den Sagarach einritt.
    Doch erst kurz vor Sonnenuntergang, als alle in der großen Hofstube beim Abendessen waren, ertönte endlich die Trompete des Türmers. Die gesamte Dienerschaft, die zu je zehn Personen um lange Tische versammelt saß und Brot und Krautfleisch aß, rumpelte von den Bänken hoch wie ein Mann. Alles stürmte zu den großen Spitzbogenfenstern, um einen Blick auf den neuen Hauptmann zu erhaschen. Doch zur allgemeinen Enttäuschung gab es nicht viel zu sehen. Ein geschlossener Wagen fuhr in den Hof ein, gefolgt von vier berittenen Einrossern und Martin Förtsch, einem der gebirgischen Räte. Die Kutsche hielt dicht vor einem der Nebeneingänge in den Ostflügel, Förtsch öffnete den Schlag und der neue Hauptmann stieg aus und verschwand sofort in der Tür. Keiner vom Gesinde hatte erkennen können, wer es war.
    Auch Barbara hatte die Trompete gehört. Aber nachdem ihre Fenster allesamt in den Vorhof hinausgingen, hatte sie nur die Kutsche vorbeifahren sehen.
    »Jetzt werden wir bestimmt erst morgen erfahren, wen wir als neuen Hauptmann haben.« Susanna biss enttäuscht in ein gebratenes Rippchen und warf dem Hündchen einen Knorpel zu.
    »Na, schlimmer kann’s ja wohl nicht werden«, meinte Kätha. »Mir ist ganz gleich, wer der neue Hauptmann wird. Hauptsache, ich muss der alten Schaumbergin ihr Gesicht nicht mehr beim Frühgottesdienst sehen. Es heißt, sie soll furchtbar getobt haben!« Kichernd bestrich das Mädchen eine Scheibe Brot mit Schmalz. Beide Zofen aßen mit Barbara zusammen, obwohl dies der Etikette widersprach. Eigentlich hätten sie warten müssen, bis ihre Herrin das Mahl beendet hatte, und erst dann die Reste am »Nachtisch« aufessen dürfen. Aber die Markgräfin liebte die Mahlzeiten mit dem Geplapper der Mädchen, und sie sah keinen Sinn darin, alleine zu speisen und die beiden warten zu lassen, bis das Essen kalt war. Jetzt stocherte sie ungeduldig mit ihrem Messer im Hasenklein. Nur allzu gerne hätte sie gewusst, wer der neue Kommandant war. Sicherlich musste es einer vom Adel sein, und dann war es wahrscheinlich, dass sie ihn von früher her kannte. Nachdem für sie keine Aussicht bestand, die Burg in den nächsten Jahren zu verlassen, war der Hauptmann von großer
Bedeutung für sie. Als Burgherr würde er über

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