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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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sah, erschrak sie fast. Georg schien ihr über die Jahre hinaus gealtert. Tiefe Furchen gruben sich in sein Gesicht, das dennoch die Züge jugendlicher Schönheit noch nicht verloren hatte. Seine Wangen waren schmal geworden und die Nase spitzer als früher; die Backenknochen traten hervor. Die Augen waren immer noch von strahlendem Blau, doch die Schatten darunter konnte Barbara selbst im Dämmerschein der Kerzen deutlich erkennen. Und in Georgs Blick meinte sie eine Melancholie, eine Traurigkeit zu erkennen, die der ihren glich. Sie fragte sich, was wohl schuld daran war.
    Leuchtenberg bemerkte Barbaras Blick, und sie sah zur Seite, als ob sie bei etwas Unrechtem ertappt worden wäre. Aus Verlegenheit begann sie zu reden.
    »Mein Bruder muss großes Vertrauen zu dir haben, dass er dich zu seinem Stellvertreter gemacht hat. Immerhin hast du die oberste Befehlsgewalt im ganzen Land, wenn er weg ist, und er ist ja ständig auf Kriegszügen für den Kaiser unterwegs.«
    »O ja, Vertrauen, das hat er.« Georgs Antwort klang bitter. »Er weiß, dass ich ihn niemals hintergehen könnte und ihm unbedingt ergeben bin. Das war bei meinem Vorgänger nicht ganz der Fall. Eins ist allerdings nicht richtig, was du sagst: Albrecht kämpft nicht mehr für den Kaiser. Er will Karl den Dienst aufsagen.«
    Barbara schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht. Er war doch immer ein felsenfester Verfechter der Habsburger Sache.«
    »Weil ihn der Kaiser anfangs bezahlt hat, ja. Aber inzwischen schuldet Karl deinem Bruder für Kriegsdienste die Summe von sechzigtausend Gulden, und er macht keinerlei Anstalten zu zahlen. Seit drei Jahren ist Albrecht kaiserlicher Hauptmann, und solange ich dabei bin, habe ich nie erlebt, dass der Kaiser seine Seite der Verträge prompt und ohne Schwierigkeiten erfüllt hätte. Es hat jedes Mal einen Kampf ums Geld gegeben. Und jetzt hat dein Bruder die Nase voll.«
    »Will er dann die Partei der protestantischen Fürsten ergreifen? Jetzt, wo er, wie man hört, im ganzen Markgraftum wieder den Katholizismus anordnen
und gegen den Widerstand der Geistlichkeit durchsetzen will?«
    Georg blickte seine Gesprächspartnerin erstaunt an und blinzelte. »Potzblitz, du bist gut informiert, meine Liebe. Wenig Frauen interessieren sich so für die Politik wie du. Nein, Albrecht will sich, so glaub ich, neutral halten. Er verhandelt gerade mit England – du weißt ja, immer noch der englischfranzösische Krieg … Wenn alles gut geht, führt er bald sein Regiment statt für den Kaiser für England in die Schlacht. Oder für Frankreich – je nachdem, wer besser zahlt.«
    »Das wird hier böses Blut geben, fürcht ich. Dreitausend Soldaten aus dem Oberland im Feld, und die meisten nicht freiwillig, sondern von Albrechts Hauptleuten gepresst! Das Volk hat schon gemurrt, als sie für den Kaiser kämpfen mussten. Was wird man erst sagen, wenn sie für ein fremdes Land in den Krieg ziehen sollen? Das werden auch die gebirgischen Räte nicht gutheißen.«
    »Lass das nur Albrechts Sorge sein! Und bedenk – er hat keine Wahl. Sein Regiment hat er für teures Geld ausgerüstet und dafür Schulden gemacht. Die muss er zurückzahlen, und das gelingt ihm nur durch einen Sieg und die Subsidien seines Kriegsherrn.«
    Georg schenkte sich sein viertes Glas Wein ein, während Barbara noch an ihrem ersten nippte. Die Markgräfin hatte den Eindruck, als ob seine Aussprache
undeutlicher würde. Wahrscheinlich, so dachte sie, hat er vorher schon getrunken.
    »Wieso hat Albrecht dich nicht bei sich behalten, wenn er so große Pläne hat? Er hätte doch genauso gut einen der gebirgischen Räte als Hauptmann auf die Plassenburg schicken können.«
    Georg wischte sich ein Rinnsal Wein vom Kinn und grinste schief.
    »Ach, du kennst mich doch – der Krieg ist nicht meine Sache. Ich verabscheue Blutvergießen. Zu viel Sterben vertrag ich nicht. Und mit diesen Dreinhauern und Totschlägern, die Albrecht jetzt um sich hat, kann ich nichts anfangen. Außerdem … «
    Barbara runzelte die Stirn. Sie hörte das leichte Schwanken in Georgs Stimme und ahnte, dass das noch nicht alles war.
    » … hat er mich auch so fortgeschickt.« Leuchtenberg schloss die Augen und ließ sich zurück in den Sessel sinken. Jetzt war es heraus.
    »Du meinst … er ist dir nicht mehr gut?«
    »Schon lang nicht mehr. Das ist vorbei.« Es fiel Georg sichtlich schwer, darüber zu sprechen. »Er verachtet mich, hält mich für einen Schwächling und ein Weib!

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