Die Markgräfin
durch feige und hinterhältige Verschwörung ist es diesen unseren Feinden gelungen, die Stadt, die schon uns gehörte, im Morgengrauen anzugreifen. Ein mörderisches Streiten konnte die Ungunst der Lage für unsere Truppen nicht mehr wettmachen. Die Stadt war umstellt, die anderen uns an Zahl überlegen und unsere Sache verloren. Auch wir selber konnten uns nicht mehr erretten, und der Braunschweiger, mög er doch bald mit dem Arsch im Fegfeuer schmoren, hat uns schmählich gefangen gesetzt.
Item nun sitzen wir zu Rochlitz im Turm und haben Zeit, uns der Dinge in der Heimat anzunehmen, bis unsere Freilassung verhandelt ist. Längst wären wir auf freien Fuß gekommen, hätte nicht der Kaiser den Sinn eines Verräters und schmählichen Wichts! Am Vortag ist ein Kurier angekommen, der berichtet, dass der spanische Karl nicht Sinnes ist, für uns Lösegeld zu zahlen. Das ist die Treue der Habsburger! Für solch wortbrüchiges Gewürm haben wir jahrelang unsern Hals und Kopf und Kragen unserer Leute aufs Spiel
gesetzt! Aber eins ist gewiss – der Tag der Abrechnung wird kommen!
Bis dahin ist es unser Wille und Befehl, die Plassenburg als unser wichtigste Landesfestung so schnell als möglich auszubauen und die Bastei gegen den Buchberg fertig stellen zu lassen. Dem italienischen Baumeister dafür als Voraus hundert Gulden aus der Kriegskasse! Er soll auch Wissen einholen um die Festungsbaukunst des Nürnberger Kupferstechers Albrecht Dürer, der hat, so hör ich, ein Büchlein darüber geschrieben, das gut und wichtig sein soll. Wie steht es mit dem Bau der markgräflichen Kemenate? Wenn wir, so Gott will, bald freikommen, so wollen wir auf der Plassenburg Wohnung nehmen können. Notabene ist von dir als meinem Hauptmann Sorge zu tragen, die fürstliche Wohnung so auszustatten, wie es unserem Anspruch genügt. So ist unser ernstlich Wunsch und Befehl, einen Künstler und Maler aufs Gebirg zu holen, der imstand und fähig ist, die Wänd und Decken unserer zukünftigen Gemächer mit lustigen Bildern zu bemalen, die unser Herz zerstreuen können, wenn draußen der Krieg tobt. Schreib deshalben an unsern Bruder Georgen zu Ansbach um Rat und Empfehlung.
Gehab dich wohl und mit Gott und schütz mir mein Land auf dem Gebirg, bis ich, so Gott will, aus dem elendiglichen Gefängnis heraus und wieder auf der Plassenburg bin.
Gegeben zu Rochlitz in Sachsen,
am Tag Remigii anno 1548
Albrecht Markgraf zu Brandenburg-Kulmbach,
genannt der teutsche Alcibiades, etc. pp.
Drittes Buch
Kulmbach, Frühjahr 1552
Auf der Altstraße, die entlang des Mains von Melkendorf nach Kulmbach führte, bewegte sich in der strahlenden Maisonne ein seltsames Gespann gemächlich auf die gebirgische Stadt zu. Es handelte sich um einen südländisch aussehenden jungen Mann auf einem mageren Grauschimmel, der einen noch magereren Esel im Schlepptau führte. Das Lasttier trug schweres Gepäck: zwei metallbeschlagene Holzkisten, einen Leinen- und einen Ledersack, mehrere in dickes Leder geschlagene Rollen sowie ein merkwürdiges Klappgestell aus dünnen Holzleisten, die mit Scharnieren und Flügelschrauben untereinander verbunden waren. Die pflügenden Bauern, an denen der Reisende vorüberzog, hätten – wären sie in Hörweite zur alten fränkischen Heeresstraße nach Bamberg gewesen – lauschen können, wie er fremdartige, wundersam klingende Melodien vor sich hin sang, in einer Sprache, die keiner von ihnen verstand. So aber zog der einsame Reiter unbehelligt seines Weges entlang des Flusses, bis er schließlich in der Ferne die Silhouette der Stadt ausmachen konnte.
»Madonna serpente, ecco là!«, murmelte der Fremde und spornte seine alte Stute an, die gottergeben in einen zotteligen Trab verfiel und den vergeblich sich sträubenden Esel hinterherzog. Am Kulmbacher Stadttor wurde er von einem pflichtbewussten Torwart aufgehalten, dem er wortlos seine Papiere präsentierte. Natürlich konnte der arme Tropf von Wächter nicht lesen, aber er erkannte sofort das markgräfliche Siegel, stand stramm und ließ den Ankömmling passieren. Die gleiche Prozedur wiederholte sich am Äußeren und am Mittleren Burgtor sowie am Inneren Tor zum Hochschloss.
Der junge Italiener lenkte sein Pferd zur Tränke neben dem Brunnenhäuschen, stieg ab und ließ die durstigen Tiere saufen. Derweil schaute er sich interessiert um. Er hatte eine dieser düsteren und beengten deutschen Burgen erwartet, wie er sie schon öfters im Laufe seiner Reisen im Norden
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