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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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gesehen hatte, doch diese hier war viel größer und imposanter. Allein der Innenhof war trotz seiner Zweiteilung in einen tiefer und einen höher liegenden Bereich, die durch eine Stiege miteinander verbunden waren, riesig groß, sodass die Bauernkarren mit den Fronabgaben – runden Käselaiben, Eierkörben und lebenden Lämmern und Hühnern – darin kaum auffielen. Die steingepflasterte obere Ebene wirkte wie eine überdimensionale leere Bühne, während im unteren Hofteil, in dessen Nordostecke einige mächtige runde Säulen standen,
Tiere durcheinander stoben und Burgbedienstete geschäftig umhereilten.
    Eine Viertelstunde später klopfte der Fremde an die Tür zum Arbeitszimmer des Hauptmanns und trat ein. Drinnen saß hinter seinem wuchtigen Schreibtisch Georg von Leuchtenberg; wie immer hatte er einen Krug mit Wein und einen gefüllten Becher griffbereit vor sich. Neben ihm stand ein dürres, kleines, hochelegantes Männlein mit langen Haaren und schwarzem Schnurrbart, das nervös von einem Fuß auf den anderen zappelte. Der Fremde legte die Hand auf die Brust und machte eine tiefe Verbeugung.
    »Sagt ihm, ich bin hocherfreut, dass er angekommen ist, und fragt ihn, wie die Reise war. Und bietet ihm einen Trunk an«, wandte sich der Hauptmann an seinen italienischen Baumeister, den er als Dolmetscher hatte rufen lassen. Guerini nickte und stieß mit erstaunlich tiefer Stimme einen Schwall italienischer Worte aus, wozu er ausgreifend gestikulierte. Der so angesprochene junge Mann lächelte und hob abwehrend die Hände. Dann antwortete er in flüssigem Deutsch, allerdings gut eingefärbt mit einem unzweifelhaft italienischen Akzent.
    »Gott zum Gruß, Commandante. Mein Name ist Lorenzo Neri, zu Euren Diensten. Auch ich bin froh, endlich am Ziel zu sein, denn der Ritt von Bamberg hierher war lang. Und einen Schluck Wein trinke ich gern.«
    Leuchtenbergs Miene hellte sich auf.
    »Ihr sprecht unsere Sprache, das ist gut!« Er winkte den Baumeister hinaus, der sich ein wenig enttäuscht zum Gehen wandte und mit einem Kratzfuß verabschiedete. Leuchtenberg goss einen zweiten Becher ein und deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.
    »Setzt Euch, Messer Neri, und auf Euer Wohl! Markgraf Georg von Ansbach, der Euch empfohlen hat, schreibt, dass Ihr aus Venedig kommt … «
    »Venezia ist meine Heimatstadt, Commandante. Dort bin ich großgeworden und habe mein Handwerk gelernt. Aber ich habe Italien vor drei Jahren verlassen und arbeite nun hier im Norden als Maler und Künstler.«
    »Wie ich erfahren habe, wart Ihr schon bei mehreren fürstlichen Herren im Dienst und habt zu deren Zufriedenheit gearbeitet. Es heißt, Eure Wandmalereien und Altarbilder seien von schönem Ausdruck und hätten besonders strahlende Farben.«
    Der junge Italiener errötete leicht. »Der Meister, bei dem ich gelernt habe, hat mir viel beigebracht, und ich stoße und mische alle meine Colori selber nach italienischer Art«, erwiderte er bescheiden.
    »Es wird Euch dann sicherlich ein Leichtes sein, die neuen Kemenaten des Markgrafen mit Gemälden zu dekorieren. Er hat mir bereits Instruktionen geschickt, welcher Art die Bemalung sein soll.«
    Leuchtenberg schob ein eng beschriebenes Pergament über den Tisch. »Wie Ihr nachlesen könnt – Ihr könnt doch lesen? –, wünscht mein Herr keine religiösen Themen. Er möchte stattdessen Jagdszenen und Bilder aus der alten Götterwelt, etwa Herkules beim Kampf, den Blitze schleudernden Zeus oder Ähnliches. Dann etwas Kriegerisches – wie Ihr sicherlich wisst, ist Albrecht Alkibiades hierzulande als großer Kriegsheld berühmt! Und auf der Wand des größten Zimmers, so ist sein Wunsch, sollt Ihr sein Porträt malen, wie er in Rüstung auf einem weißen Schlachtross reitet. Traut Ihr Euch das zu?«
    Lorenzo Neri nickte mehrmals, wobei ihm eine schwarze Strähne in die Stirn fiel. Er lächelte.
    »Certo, Commandante. Für das Porträt sollte ich den Markgrafen aber in persona sehen … «
    » … was schlecht möglich sein wird, da er fast die ganze Zeit im Feld ist. Aber es gibt ein recht naturgetreues Bild von ihm, das Ihr zum Vorbild nehmen könnt.«
    »Va bene, das wird gehen.« Der junge Maler nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Becher und verzog leicht das Gesicht. Madonna, diese deutschen Weine waren sauer wie Essig!
    Georg taxierte sein Gegenüber aufmerksam. Der Venezianer mochte ungefähr Mitte zwanzig sein, schätzte er. Er hatte eine schlanke Figur und war für einen

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