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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Lausbuben. »Volentieri, gern.«
    »Na, dann bis bald.« Hans flitzte in Richtung Küche davon.
    Lorenzo zog seine schmutzigen Reisekleider aus und ließ sich auf die einfache Bettstatt fallen, die unter dem einzigen Fenster des Raumes stand. Kaum hatte er die Augen geschlossen, war er auch schon eingeschlafen.
    Gegen fünf Uhr nachmittags kündigte ein durchdringender Trompetenstoß vom Turm den baldigen Beginn des Abendessens an. Der Maler fuhr benommen aus seinem tiefen, traumlosen Schlaf auf und brauchte eine Weile, bis ihm wieder einfiel, wo er überhaupt war. Dann entdeckte er, dass man sein Reisegepäck in einer Ecke des Zimmers abgestellt hatte, und wühlte in einer der beiden Kisten, bis er ein rehbraunes Wams, Hemd und Hose gefunden hatte. Er schlüpfte in die Kleider und machte sich auf den Weg in die Hofstube.
    Hier herrschte bereits geselliges Treiben, als Lorenzo eintrat. An sechs langen Tischen saßen ungefähr vierzig Schlossbedienstete vor ihren Schüsseln und Bierkrügen; Tischdiener rannten geschäftig umher und trugen Brot und Speisen auf. Über allem wachte, wie es seine Aufgabe war, der alte Vogt Melchior von Arnstein, der mit seinem langen Klopfstock mittendrin stand und immer wieder aufklopfend seine Anweisungen gab und für Ordnung sorgte. Er bemerkte den Neuankömmling als Erster und nahm ihn an der Tür in Empfang.
    »Ah, der welsche Künstler! Ihr seid spät!«, tadelte er.
    »Ich bin auf dem Weg von meinem Zimmer hierher verloren gegangen«, gab Lorenzo zu, »die vielen Gänge … «
    Der von Arnstein lachte heiser und winkte mit seinem
knochigen Zeigefinger, an dem die Gelenke dick und gichtig hervortraten. »Na, dann folgt mir jetzt. Ich führe Euch an Euren Platz.«
    Die beiden zwängten sich durch die Tische und Bänke, während der Vogt erläuterte: »Ihr habt Glück! Der Hauptmann hat Anweisung gegeben, Euch an seinen Tisch zu setzen. Das heißt, Ihr bekommt besseres Essen als das restliche Hofgesinde und als Euch gemäß der Hofordnung eigentlich gebührt. Na, mir kann’s gleich sein, solang Ihr mir genug übrig lasst – mir stehen nämlich nach den Mahlzeiten, wenn meine Aufsichtspflicht vorbei ist, die Reste vom Herrentisch zu! Da, dort setzt Euch dazu!«
    Er wies auf einen kleineren Tisch ganz hinten in der Hofstube, der im Gegensatz zu den anderen Tafeln mit einem lang herabhängenden weißen Tischtuch bedeckt war. Auch standen hier nicht die ledernen oder tönernen Ratzen für das Bier, sondern ein Zinnkrug mit Wein und sogar ein kleines Salzfass und ein Senftöpflein. An der Tafel saßen bereits der Hauptmann und ein finster dreinblickender weißhaariger Greis, der an seinem schwarzen Talar unschwer als der Burgkaplan zu identifizieren war. Lorenzo trat hinzu und entschuldigte sich für sein Zuspätkommen.
    »Oh, das macht nichts, Messer Neri!« Georg freute sich sichtlich über den neuen Tischgenossen. »Setzt Euch. Ich darf Euch bekannt machen mit Vater Körber,
unserem Schlossgeistlichen. Wenn Ihr morgen früh zum Gottesdienst erscheint, wird er Euch das Höllenfeuer heiß machen, nicht wahr, Ehrwürden?«
    Körber überhörte die letzte Bemerkung und murmelte einen einsilbigen Willkommensgruß. Das kann ja eine fröhliche Runde werden, dachte der Italiener und setzte sich.
    Seine Befürchtungen erfüllten sich Gott sei Dank nicht. Während Körber stumm daneben saß, verstanden sich die beiden anderen glänzend.
    »Ihr müsst mir verraten«, erkundigte sich Georg, während der erste Gang aufgetragen wurde, »woher Ihr so gut Deutsch sprecht!«
    Lorenzo erzählte bereitwillig seine Geschichte.
    »Mein Vater hieß Michel Plechschmid und war Kanzlist bei einer Augsburger Kaufmannsfamilie. Als junger Mann sollte er in Venedig für drei Jahre die Niederlassung im Fondaco dei Tedeschi leiten. Aber, wie das Leben spielt, dann lernte er meine Mutter kennen und blieb in Italien. Vor fünf Jahren ist er am Fieber gestorben, bald danach ist ihm meine Mutter ins Grab gefolgt. Sie haben sich sehr geliebt.«
    »Und dann habt Ihr Italien also verlassen?«
    »Si, si. Als ich mit meiner Ausbildung als Maler fertig war, wollte ich nach Norden, um endlich das Land meines Vaters kennen zu lernen. Er hat viel von seiner Heimat erzählt.«
    Georg nahm sich ein Stück Braten von der Vorlegeplatte
und schnitt es mit dem Messer vor sich in kleine Stücke. »Dann müsstet Ihr eigentlich einen anderen Namen haben?«, hakte er nach.
    Lorenzo lächelte verschmitzt. »Avete ragione, Commandante, da

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