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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Hand auf die Stirn.
    »Heilig’s Blechle! Da fällt’s mir wieder ein!«
    Jetzt wusste er, wo er das Initial schon einmal gesehen hatte. Er machte auf dem Absatz kehrt und ging wieder ins Dekanat hinein.
    »Herr Buchner!«, schrie er schon im Gang. »Herr Buchner, wissen Sie, wo der Schlüssel zum Safe liegt?«
    Der Messner steckte seinen runden Kopf durch die Türöffnung zum Abstellraum. In seinem Mund steckten drei Nägel.
    »Natürlich weif ich daf, Herr Pfarrer«, nuschelte er, »wiefo?«
    »Sperren Sie mir den doch mal auf, bitte. Ich suche da was!«
    Die beiden Männer betraten das Sekretariat, wo in einer Ecke ein mehr als hundertjähriger Tresor stand, der als Aufbewahrungsort für wichtige Dokumente, aber auch andere Preziosen diente. Buchner steckte einen altmodischen Schlüssel mit doppeltem Bart in das winzige Schloss und schwang die Tür auf. Kellermann ging mühsam auf die Knie und wühlte in dem Safe herum. Er holte zwei Abendmahlskelche, eine Hostienschale mit Deckel und eine Monstranz heraus und stellte alles vor sich auf den Boden. Dann drehte und wendete er die goldenen Gefäße und besah sie sich von allen Seiten, während der Messner, immer noch mit den Nägeln im Mund, neugierig daneben stand.
    »Nichts! Und ich war so sicher … «
    Kellermann stellte die Pokale wieder zurück und erhob sich ächzend. Er zog einen Flunsch, als ob ihn jemand beleidigt hätte.
    Buchner nahm endlich die Nägel aus dem Mund.
    »Was suchen Sie denn, Herr Pfarrer? Vielleicht kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich bilde mir ein, wir hätten früher mal einen Pokal gehabt, auf dem ein großes ›B‹ eingraviert ist, mit einer Krone darüber. Der Abendmahlskelch in der Petrikirche ist es aber nicht, den kenn ich schließlich vom Gottesdienst. Ich dachte, vielleicht ist der Pokal hier drin im Safe … «
    Buchner kratzte sich nachdenklich am Ohr.
    »Den Kelch von der Spitalkirche hab ich erst letzte Woche geputzt – Sie wissen schon, das moderne, hässliche Ding aus den fünfziger Jahren. Der hat kein ›B‹.«
    Der Messner konnte unglaublich traurig dreinblicken, wobei alles an seinem Gesicht – Brauen, Augenlider, Backen, Nasenflügel und Mund – nach unten sackte. Selbst sein kugeliges Bäuchlein schien irgendwie tiefer zu hängen.
    »Und in St. Nikolai haben wir keinen Messkelch. Tja, dann muss ich mich wohl getäuscht haben.« Kellermann wendete sich enttäuscht zum Gehen, als ihn Buchner aufhielt.
    »In der Friedhofskirche? Doch, freilich gibt’s da einen Pokal. Halt bloß einen ganz kleinen, und den hat auch, glaube ich, seit ewigen Zeiten keiner mehr benutzt. Deswegen steht der auch ganz hinten in der Sakristei in dem alten Holzschränkchen. Soll ich’s Ihnen zeigen? Mein Auto parkt gleich vor der Tür!«
     
    Zehn Minuten später standen die beiden Männer in der kleinen Sakristei der Friedhofskirche. Buchner sperrte das Hängeschränkchen auf und holte einen kleinen Pokal heraus, den er vorsichtig auf das Seitentischchen stellte. Der Kelch war dunkel angelaufen, und Kellermann versuchte, mit seinem Hemdsärmel daran herumzupolieren, als ihm Buchner das Teil mit einem mitleidigen Blick aus der Hand nahm.
    »So geht das nicht, Herr Pfarrer. Schauen Sie, für so was nimmt man ein Silberputztuch – das ist ein Tipp von meiner Frau. Ich hab immer eines einstecken, für die Ministrantenglöckchen in der katholischen Kirche. Die Saububen haben ja meistens furchtbar dreckige Finger.«
    Er zog ein flauschiges blaues Tuch aus der hinteren Hosentasche und begann, den Pokal mit Hingabe zu wienern. Langsam begann eine Gravierung sichtbar zu werden.
    Kellermann trat aufgeregt von einem Bein auf das andere.
    »Und? Zeigen Sie doch mal!«
    Der Messner beendete sein Werk und reichte Kellerman den Kelch.
    »Ich hab’s gewusst! Na, da sagen Sie nix mehr, gell? Eindeutig, ein ›B‹ mit Krönchen. Fast genauso wie auf dem Klöppeldeckchen! Und auf der anderen Seite steht: Gloria Dei. Das andere kann ich nicht lesen, bloß hier: Glogau oder so ähnlich. Und eine Gravierung – sieht so aus wie eine Männerfigur mit einem langen Stock, hm. Und drumherum so was wie Löcher. Vermutlich Fassungen für Steine, die man herausgebrochen hat. Vielleicht kann man mit einer Lupe noch mehr erkennen.«
    Kellermann freute sich wie ein kleines Kind. Er wickelte den kleinen Pokal in das Silberputztuch.
    »Herr Buchner, den nehmen wir mit! Den muss ich
unbedingt noch näher untersuchen, und das kann ich am besten daheim.«
    Buchner nickte

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