Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mars-Chroniken

Die Mars-Chroniken

Titel: Die Mars-Chroniken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
Vom Netzwerk:
auflösen!«
    »Nein!« riefen die drei.
    »Die akustische Halluzination einer flehentlichen Gebärde selbst nach dem Tod des Patienten«, bemerkte Herr Xxx bewundernd und streckte die drei Männer nieder.
    Sie lagen im Sand, unverändert, und rührten sich nicht mehr.
    Er trat mit den Füßen auf sie ein. Er hämmerte gegen die Schiffshülle.
    »Sie vergehen nicht!« Und noch einmal gab er mehrere Schüsse auf die Körper ab. Dann trat er zurück. Die lächelnde Maske fiel ihm vom Gesicht.
    Langsam veränderte sich der Ausdruck des kleinen Psychologen. Der Unterkiefer sank ihm herab, die Waffe polterte zu Boden. Sein Blick wurde stumpf und leer. Er hob die Hände und drehte sich blind im Kreis. Er betastete die Leichen, und Speichel sammelte sich in seinem Mund.
    »Halluzinationen«, murmelte er mit bebenden Lippen. »Schmecken. Sehen. Riechen. Hören. Fühlen.« Er schwenkte die Arme. Die Augen traten ihm hervor. An seinen Mundwinkeln bildete sich Schaum.
    »Verschwindet!« brüllte er den Leichen zu. »Verschwindet!« kreischte er zum Schiff hinüber. Er betrachtete seine zitternden Hände. »Angesteckt«, flüsterte er von Entsetzen gepackt. »Verseucht. Telepathie. Hypnose. Jetzt bin ich wahnsinnig. Jetzt bin ich angesteckt. Halluzinationen in allen sensorischen Bereichen.« Er blieb stehen und tastete nach der Waffe. »Nur eine Möglichkeit. Nur so kann ich sie vertreiben, auslöschen.«
    Ein Schuß ertönte. Herr Xxx sank zu Boden.
    Die fünf Toten lagen in der Sonne.
    Die Rakete ruhte schräg auf dem kleinen sonnigen Hügel und verschwand nicht.
    Als die Leute aus der Stadt sie bei Sonnenuntergang fanden, fragten sie sich, was das Gebilde sein mochte. Da es niemand wußte, wurde der Fund kurzerhand an einen Schrotthändler verkauft und abgeschleppt.
    Die ganze folgende Nacht regnete es. Am nächsten Morgen war das Wetter wieder sonnig und warm.

März 2000: Der Steuerzahler
     
    Er wollte in der Rakete mitfliegen zum Mars. Schon ganz früh kam er zum Startfeld hinaus und brüllte den Uniformierten durch den Drahtzaun zu, daß er zum Mars fliegen wolle. Er sagte ihnen, er sei Steuerzahler Pritchard und habe ein Recht, zum Mars zu fliegen. War er nicht hier in Ohio geboren? War er etwa kein guter Bürger? Warum sollte er also nicht zum Mars mitfliegen? Er fuchtelte wild herum und sagte den Männern, er wolle von der Erde fort; jeder Vernünftige denke wie er. In etwa zwei Jahren werde es auf der Erde einen großen Atomkrieg geben, und dann wolle er nicht mehr hier sein. Er und Tausende anderer, wenn sie auch nur einen Funken Verstand hatten, waren dann längst auf dem Mars. Er sei bereit, darum zu wetten! Es gelte zu fliehen vor Krieg und Zensurvorschriften und Dirigismus und Wehrpflicht und Regierungseinflüssen aller Art, auch auf Kunst und Wissenschaft! Die Erde könne ihm gestohlen bleiben. Er wolle für den Marsflug seine rechte Hand, sein Herz, seinen Kopf opfern. Was müsse er tun, was müsse er unterschreiben, wen müsse er kennen, um an Bord der Rakete zu gelangen!
    Sie lachten ihn aus durch den Drahtzaun. Das wolle er ja gar nicht, zum Mars fliegen, sagten sie. Ob er denn nicht wisse, daß die Erste und die Zweite Expedition Fehlschläge gewesen und alle Teilnehmer verschollen seien, daß die Männer wahrscheinlich nicht mehr lebten?
    Aber das könnten sie nicht beweisen, sie wüßten es nicht mit absoluter Sicherheit, sagte er und klammerte sich an den Zaun. Vielleicht gab es dort oben doch ein Land, in dem Milch und Honig flossen, und vielleicht hätten sich Kapitän York und Kapitän Williams nur einfach nicht die Mühe gemacht, zurückzukommen. Und wolle man ihm vielleicht jetzt endlich das Tor öffnen und ihn an Bord der Dritten Expeditionsrakete lassen, oder müsse er den Zaun erst eintreten?
    Sie sagten ihm, er solle die Klappe halten.
    Er sah die Männer zur Rakete gehen.
    Wartet auf mich! rief er. Laßt mich nicht zurück auf dieser schrecklichen Welt! Ich muß fort von hier; es wird einen Atomkrieg geben! Laßt mich nicht auf der Erde zurück!
    Er wehrte sich heftig, als man ihn davonzerrte. Sie schlugen die Tür des Polizeiwagens zu und fuhren mit ihm noch früh am Morgen davon, und er preßte sein Gesicht an das Rückfenster. Und kurz bevor sie mit lautem Sirenengeheul über einen Hügel fuhren, sah er noch das rote Feuer und hörte das laute Geräusch und spürte das gewaltige Zittern, als die Silberrakete davonschoß und ihn zurückließ an einem ganz gewöhnlichen Montagmorgen auf dem

Weitere Kostenlose Bücher