Galaxis Science Fiction Bd. 12
DAS OBSERVATORIUM……..
Lothar Heinecke
Das Gebiet der Science Fiction birgt viele Überraschungen – und nicht nur, was die immer wieder verblüffend neuen Ideen betrifft, die sich die Autoren einfallen lassen. Wußten Sie, zum Beispiel….
… daß sich unter den Waffen, die die amerikanische Heeresleitung im letzten Krieg gegen die Achsenmächte einsetzte, auch Science Fiction befand?
Ja, es stimmt wirklich, so unglaublich es sich anhören mag. Irgendein heller Kopf im Pentagon, dem amerikanischen Verteidigungsministerium, hatte damals den verrückten Einfall einige Science-Fiction-Schriftsteller damit zu beauftragen, auf dem Papier eine Anzahl bedrohlich aussehender Superwaffen zu erfinden, von denen er dann detaillierte Werkzeichnungen anfertigen ließ. Diese Zeichnungen wurden danach von einem Kurier nach Spanien gebracht und dort einem nichts Böses argwöhnenden deutschen Agenten in die Hände gespielt, der – glücklich über seinen Erfolg – nichts Eiligeres zu tun hatte, als sie nach Deutschland weiterzuleiten. Welches Kopfzerbrechen sie dort verschiedenen Experten bereitet haben, läßt sich leicht denken.
… daß amerikanische Atomphysiker offensichtlich eifrige Science-Fiction-Leser sein müssen, denn anders ist es nicht zu erklären, daß die ferngesteuerten mechanischen Hände, die in Atomlaboratorien bei dem Umgang mit strahlender Materie Anwendung finden, im Fachjargon dieser Physiker ›Waldoes‹ heißen?
Waldo ist nämlich der Held eines gleichnamigen ScienceFiction-Romans von Robert A. Heinlein – erschienen im Jahre 1940, als also an Kernreaktoren noch nicht zu denken war –, der an myasthenia gravis, chronischer Muskelschwäche leidet und diese mechanischen Hände erfindet, um trotz seiner Krankheit nicht auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. … daß man als Science-Fiction-Schriftsteller in unserer heutigen Zeit der Sicherheitsvorschriften und Geheimniskrämerei mit den Hütern des Gesetzes in Konflikt geraten kann, wenn man in aller Harmlosigkeit eine Voraussage auf eine künftige technische Entwicklung wagt, die das Pech hat zuzutreffen?
Also widerfahren dem amerikanischen Autor Cleve Cartmill im März des Jahres 1944, nachdem das Magazin Astounding Science Fiction seine Geschichte Deadline gebracht hatte, in der aufs Kleinste Bau und Wirkungsweise der (damals sich noch im Entwicklungsstadium befindlichen) Atombombe beschrieben wurde. Beamte des FBI, des amerikanischen Geheimdienstes, zitierten ihn und den Redakteur von Astounding, John W. Campbell jr. wegen offensichtlichen Geheimnisverrats des Manhattan-Projekts (Tarnname für den Bau der Bombe) vor einen Untersuchungsausschuß, wo sie beide gründlich auf ihre Loyalität überprüft wurden. Überflüssig zu sagen, daß man Cartmill und Campbell im falschen Verdacht hatte. Cartmill hatte einzig und allein die auch damals schon der Allgemeinheit im vollen Umfang zugänglichen Daten über Atomspaltung hergenommen, sie extrapoliert und auf die Atombombe geschlossen.
Nun, das soll für heute an Science-Fiction-Anekdoten genug sein. Ich möchte jetzt gern noch einmal auf ein Thema zu sprechen kommen, das ich schon in GALAX1S 10 angeschnitten habe. Wer liest in Deutschland Science Fiction, ganz speziell, wer liest GALAXIS? Sie werden sich erinnern, daß ich damals eine inoffizielle Galaxis Umfrage vorgeschlagen habe, an der sich jeder Leser ohne viel Mühe auf seiner Seite beteiligen kann (anders liegt der Fall für die Redaktion, denn hier müssen die Einsendungen ausgewertet werden), indem er einfach den Literarischen Testzettel hernimmt und darauf neben seinen Namen ausnahmsweise auch einmal Alter und Beruf notiert. Aus den Namen geht ja das Geschlecht hervor, und diese drei Angaben genügen vollständig, um einen gültigen Überblick über die Zusammensetzung der Galaxis-Leser im besonderen und vielleicht auch der deutschen Science-Fiction-Leser im allgemeinen zu erhalten.
Das Echo, das meine damalige Anregung auslöste, war bis jetzt erfreulich, wenn auch nicht zufriedenstellend. Aus dem Grunde nicht zufriedenstellend, weil es bei einer solchen Umfrage nicht genügt, wenn einige hundert Zuschriften kommen. Die Auswertung einer solchen kleinen Zahl wäre bei weitem nicht repräsentativ genug für eine Lesergemeinde, die ja in Wirklichkeit nicht in die Hunderte, sondern in die Zehntausende geht. Um also einen gültigen Querschnitt zu erhalten, wären wenigstens eintausend bis zweitausend Einsendungen nötig, und an
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