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Die Mars-Chroniken

Die Mars-Chroniken

Titel: Die Mars-Chroniken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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komponiert haben könnte, was logischerweise voraussetzen würde, daß es auf dem Mars einen Ohio-Fluß gibt!«
    »Kapitän Williams, natürlich!« rief Hinkston.
    »Was?« .
    »Kapitän Williams und seine dreiköpfige Mannschaft! Oder Nathaniel York und sein Partner. Das würde doch alles erklären!«
    »Nichts würde das erklären. Soweit wir feststellen konnten, ist die Erste Expedition gleich bei der Landung explodiert, wobei York und sein Partner ums Leben kamen. Was Williams und seine drei Männer angeht, so ist ihr Schiff am zweiten Tag nach ihrer Ankunft zerstört worden oder zumindest funktionsunfähig gewesen. Jedenfalls stellten um diese Zeit die Funkgeräte den Betrieb ein. Wären die Männer noch am Leben gewesen, hätten sie sich bestimmt mit uns in Verbindung gesetzt. Außerdem liegt die York-Expedition nur ein Jahr zurück, während Kapitän Williams und seine Männer etwa im letzten August hier gelandet sind. Selbst wenn wir annehmen, daß sie noch leben, hätten sie dann – selbst mit Hilfe einer fortgeschrittenen marsianischen Rasse – in so kurzer Zeit eine solche Stadt bauen und – altern lassen können? Schauen Sie sich doch die Häuser an; sie stehen schon seit mindestens siebzig Jahren. Sehen Sie sich die Verandapfosten an, die Bäume, die wenigstens hundert Jahre alt sind, sie alle! Nein, das ist nicht das Werk von York oder Williams. Es hat eine andere Bewandtnis mit dieser Szene. Und die Sache gefällt mir offengestanden ganz und gar nicht. Ich verlasse das Schiff erst, wenn ich genau weiß, was los ist.«
    »Ganz abgesehen davon«, sagte Lustig und nickte, »sind Williams und seine Männer ebenso wie York auf der anderen Marsseite gelandet. Wir haben sehr darauf geachtet, auf dieser Seite herunterzukommen.«
    »Ein sehr wichtiger Punkt. Möglicherweise sind York und Williams einem feindlichen Marsianerstamm zum Opfer gefallen, deshalb hatten wir Anweisung, möglichst weit entfernt zu landen, um noch eine solche Katastrophe zu vermeiden. Soweit wir also wissen, befinden wir uns hier in einem Land, das Williams und York nie zu Gesicht bekommen haben.«







»Wie dem auch sei«, sagte Hinkston. »Mit Ihrer Erlaubnis, Sir, möchte ich trotzdem in die Stadt. Vielleicht gibt es wirklich vergleichbare Gedankenmuster und Kurven zivilisatorischer Entwicklung auf jedem Planeten in unserem Sonnensystem. Möglicherweise stehen wir vor der größten psychologischen und metaphysischen Entdeckung unseres Zeitalters!«
    »Ich möchte lieber einen Augenblick abwarten«, sagte Kapitän John Black.
    »Vielleicht erleben wir hier auch ein Phänomen, Sir, das zum erstenmal die Existenz Gottes wirklich schlüssig beweist.«
    »Es gibt viele Gläubige, die dieses Beweises nicht bedürfen, Mr. Hinkston.«
    »Zu denen gehöre ich auch, Sir. Aber bestimmt könnte es doch eine solche Stadt nicht geben ohne göttlichen Eingriff. All die vielen kleinen Dinge! Wenn ich mir das alles so ansehe, weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll.«
    »Dann lassen Sie gefälligst beides sein, bis wir wissen, was wir hier zu bekämpfen haben.«
    »Bekämpfen?« fragte Lustig. »Hier gibt’s nichts zu bekämpfen, Kapitän. Die Stadt ist ruhig und grün. Sie sieht meiner Geburtsstadt sehr ähnlich. Ich mag sie.«
    »Wann sind Sie geboren, Lustig?«
    »Neunzehnhundertfünfzig, Sir.«
    »Und Sie, Hinkston?«
    »Neunzehnhundertfünfundfünfzig, Sir, in Grinnell, Iowa. Und die Stadt da draußen kommt mir wie mein Zuhause vor.«
    »Hinkston, Lustig – ich könnte Ihr Vater sein. Ich bin gerade achtzig geworden, 1920 in Illinois geboren. Durch Gottes Gnade und dank einer Wissenschaft, die es in den letzten Jahren gelernt hat, einige alte Männer wieder jung zu machen, bin auch ich jetzt hier auf dem Mars, kaum erschöpfter als die übrigen, aber unendlich mißtrauischer. Die Stadt da draußen sieht sehr friedlich und kühl aus und ähnelt Green Bluff in Illinois so sehr, daß es mir fast Angst macht.« Er wandte sich an den Funker. »Teilen Sie der Erde mit, daß wir gelandet sind. Das ist alles. Sagen Sie noch, daß wir morgen einen ausführlichen Bericht durchgeben werden.«
    »Jawohl, Sir.«
    Kapitän Black wandte sein Gesicht wieder dem Fenster zu – ein Gesicht, das die Spuren eines hohen Alters hätte aufweisen müssen, das ihn aber als Mann von Anfang Vierzig erscheinen ließ. »Wir machen folgendes. Lustig, Sie und ich und Hinkston sehen uns zunächst mal in der Stadt um. Die anderen bleiben an Bord, und wenn etwas

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