Die Maske
strich. Der Lichtpunkt traf ein Auge, und da schreckte ich zusammen.
Lebte es?
Es besaß jedenfalls nicht den toten Blick, den es eigentlich hätte haben müssen. Auch der Nonne war dies nicht entgangen. Ich hörte sie leise sprechen. Wenn mich nicht alles täuschte, waren es Gebete. Und sie erklärte auch, daß der Teufel hier noch einen Stützpunkt hätte. »Der Fuchs ist tot, man hat ihm das Fell abgezogen. — Schauen Sie in sein Auge.«
»Ich weiß.«
»Was wollen Sie jetzt tun?«
»Man hätte ihn verbrennen können, aber darauf möchte ich verzichten. Ich will ihn testen.« Bevor die Nonne nachfragen konnte, hatte ich bereits mein Kreuz an der Kette über den Kopf gestreift und hielt es ihr entgegen.
»Gütiger Himmel, was ist das?«
Ich lächelte sanft. »Ein Kreuz.«
»Ja, ja, das sehe ich. Aber welch eine Schlichtheit und welch eine Pracht.« Sie fuhr über ihre Stirn. »Wenn ich mich recht daran erinnere, hat auch Father Ignatius davon gesprochen.« Sie nickte heftig. »Ja, es fällt mir wieder ein. Er redete darüber. Was… was wollen Sie denn damit machen, Mr. Sinclair?«
»Ich werde testen, ob wir beide mit unserer Vermutung richtig gelegen haben.«
»Durch das Kreuz?«
»Sicher.«
Sie wußte nicht, was sie sagen oder tun sollte, ging einen kleinen Schritt zurück und ließ mich machen.
Ich kniete mich so, daß ich den Kopf des Tieres sehr rasch berühren konnte. Wenn noch die Kraft der Hölle oder schwarzmagisches Leben in ihm steckte, dann mußte es mir einfach gelingen durch die Kraft des Kreuzes dieses Leben zu zerstören.
Ich visierte das Auge an!
Bewegte sich die Pupille, blinzelte es mir etwa entgegen? Zeigte es Furcht, Triumph oder Abwehr?
Nein, eigentlich nichts von dem. Dennoch konnte ich mir Leben innerhalb des Auges gut vorstellen. Allerdings ein Leben, das sehr schnell vernichtet werden mußte.
Die Erwärmung des Silbers spürte ich bereits, bevor mein Kreuz noch Kontakt bekam.
Ich zögerte für einen Moment, dann drückte ich es weiter — und hatte Erfolg.
Das Zischen bei der Berührung hörte sich an, als hätte jemand kaltes Wasser auf eine heiße Ofenplatte geschüttet. Es war ein Geräusch, mit dem keiner von uns so direkt gerechnet hatte, deshalb schreckten wir auch beide zurück.
Was die Nonne flüsterte, konnte ich nicht verstehen, aber dieses zischende Geräusch hatte sie völlig aus dem Rhythmus gebracht. Es blieb nicht dabei, denn mein Kreuz strahlte für einen Moment auf, bevor dieses Flimmern von den grauen, ätzenden Wolken überdeckt wurde, die dort in die Höhe stiegen, wo das Kreuz den noch vorhandenen Kopf des Fuchses erwischt hatte.
Die Knochen drückten sich zusammen, als hätten sie von einer Hand den nötigen Druck bekommen. Zurück blieb nur mehr dunkles Mehl, und auch die Wolken verzogen sich.
Ich stand wieder auf. Innocencia schaute mich an. Ihre Augen waren leblos und enthielten trotzdem eine Frage — glauben Sie mir jetzt?
Ich nickte ihr zu. »Ja, Sie haben recht gehabt. Hier hat der Satan seine Spuren hinterlassen, doch jetzt sind Sie gelöscht.«
»Und wir haben trotzdem verloren.«
Obwohl die junge Nonne recht hatte, wollte ich ihre Feststellung nicht bestätigen. Was immer mit dem Fuchs geschehen war und wer auch immer sich seiner angenommen hatte, er war jetzt unterwegs, um der Hölle einen Gefallen zu tun.
So etwas endete oftmals in einem blutigen Chaos. Da brauchte ich nicht einmal den Propheten zu spielen.
»Wissen Sie weiter, Mr. Sinclair?«
»Nein, da bin ich ehrlich. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es genau weitergeht.«
»Vielleicht wird die Vergangenheit wieder aufleben.«
»Was bedeutet das?«
»Blut und Schrecken. Die Taten und Verbrechen, die im Namen des Teufels begangen werden. Füchse können gefährlich werden. Wenn sie sich unter einer gewissen Kontrolle und einem Anführer bewegen, sogar tödlich. Tanzplatz der bösen Füchse, so hat man diesen Ort genannt, und das bestimmt nicht grundlos.«
»Sie kennen den Grund?«
»Nicht genau. In unserem Kloster existieren alte Schriftstücke. In einem habe ich über den Tanzplatz gelesen.«
»Was?«
»Daß hier gefeiert wurde. Daß die Füchse eine teuflische Tollwut bekommen und Menschen mit ihren Bissen infizieren, damit sie dem Satan anheimfallen.«
Das hörte sich alles sehr phantastisch an, ich jedoch hütete mich davor, zu widersprechen. »Sagen Sie mir eines, Schwester. Wissen Sie, ob es auch heute noch in dieser Gegend viele Füchse gibt. Oder sind sie
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