Die Maske
Monstrums gerollt war.
Wer war schneller? Er oder das Messer?
Ein anderer, denn plötzlich wurde es hell, und er Lichtschein traf direkt das bleiche und mit Blutfaden übersäte Gesicht des Killers. Aus der Dunkelheit rief eine Stimme. »Stop, Gideon!«
***
Der Rufer war ich gewesen, und ich hatte die Maske auch haargenau im Visier.
Genau dort, wo der Lampenstrahl sein Ziel fand, befand sich das aufgequollene widerliche Gesicht dieses verdammten Killers, der ein Messer mit langer Klinge in der rechten Hand hielt. Sie wiederum wies auf den liegenen Suko. Zwar schimmerte aus seiner Hand der Stahl der Beretta, ob er allerdings schneller gewesen wäre, als der Mörder, stand in den Sternen. Jedenfalls war ich zum richtigen Zeitpunkt erschienen und hatte die Maske mit ihrem richtigen Namen angesprochen. Zwei Sekunden geschah nichts. Die Szene wirkte wie eingefroren. Bis ich mich an Suko wandte. »Nicht schießen, Partner, nicht schießen. Das machen wir anders.«
»Wie du willst«, vernahm ich seine gepreßt klingende Antwort. »Ich tue ja alles für dich.«
Die Maske wußte nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie fühlte sich eingekreist und konnte sich nicht auf zwei Feinde gleichzeitig konzentrieren.
Für einen mußte sie sich entscheiden. Das war in diesem Falle ich, denn in den dunkel gekleideten Körper geriet Bewegung, als sie sich langsam umdrehte.
Dadurch gelang es meinem Freund, von ihr wegzurutschen. Er stand auf, die Beretta auf den Killer gerichtet.
Ich wollte etwas sagen, als mich Innocencia, die hinter mir stand, auf die Schulter tippte. Ihr Flüstern war nur für mich hörbar. »Darf ich es tun?«
»Was?«
»Ich… ich muß mit ihm reden, bitte.« Ihre Stimme zitterte vor Not. Ich konnte ihr die Bitte einfach nicht abschlagen. Zudem hatte sie ein Recht darauf. Der Killer war schließlich ihr Bruder.
»Okay, Innocencia, sprich!«
Sie schob sich an mir vorbei. Erst jetzt nahm die Maske sie wahr. Unter dieser bleichblutigen Masse regte sich nichts. Jedenfalls war nichts zu sehen.
»Gideon…« Nur dieses eine Wort sagte sie. Darin aber lagen all die Enttäuschungen, die Angst und auch ihr eigenes Versagen, daß sie es nicht geschafft hatte, ihn vom Weg des Satans abzubringen. Er gab Antwort. Abermals kaum zu verstehen, weil nur ein Knurren zu hören war.
Sie ging weiter. »Gideon, du hast Schuld auf dich geladen, schwere Schuld sogar. Ich will, daß du der Hölle abschwörst. Was du getan hast, ist nicht wiedergutzumachen, aber ich will, daß du damit aufhörst. Du darfst nicht mehr killen, verstehst du? Es muß aufhören, du wirst den Anfang machen.«
Sie hatte genug gesagt, nun war er an der Reihe. Die Maske bewegte ihren Kopf. Es sah zackig aus, als sie ihn von rechts nach links schwenkte. In Höhe des Mundes bewegte sich die Masse, als er stöhnend Luft einsaugte. Auch die Augen blieben nicht still. Sie waren wie glitzernde Teiche, auf deren Oberfläche Quecksilber-Tropfen schimmerten. Ich glaubte nicht daran, daß Innocencia Erfolg haben würde. Sie aber war davon überzeugt, denn sie trat noch näher an ihren Bruder heran, trotz meiner gezischten Warnung. »Er ist mein Bruder«, sagte sie nur.
Unter der Maske lachte Gideon dumpf. Vielleicht wollte er es nicht wahrhaben, aber die junge Nonne ließ sich nicht beirren, denn sie forderte von ihm das Messer.
»Gib mir deine Waffe, Gideon! Gib sie her! Du wirst sie nicht mehr brauchen!«
Ich wußte, daß Innocenica den falschen Weg schritt. Ein Killer wie er würde sein Messer niemals hergeben.
Oder doch?
Der Kopf senkte sich, und der Rand des Hutes warf einen noch größeren Schatten. Das Augenpaar richtete sich auf die Klinge, als wollte es von dieser Mordwaffe Abschied nehmen.
Besaß die junge Nonne tasächlich diese Kraft und den Einfluß, um ihren Bruder von seinem mörderischen Weg abzubringen?
Noch hielt er das Messer fest, aber seine Schwester gab nicht auf. »Ich will die Waffe haben, Gideon. Das Töten muß einmal ein Ende haben. Du kannst nicht mehr so weitermachen! Der Teufel ist nicht der Sieger. Er darf es nicht sein.«
Gideon hob den Kopf an. Auch Suko hatte die Lampe eingeschaltet und strahlte von einer anderen Richtung gegen ihn. Gideon stand im Kreuzfeuer der hellen Balken. Er sah so aus, als würde er tatsächlich intensiv nachdenken.
»Bitte, Gideon…«
Ich warnte die junge Nonne. Für meinen Geschmack war sie schon zu nahe an den Killer herangekommen. »Seien Sie vorsichtig, Innocencia, seien Sie um Himmels
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