Die Masken der Niedertracht
ist folglich das einzige Mittel, die Ausbreitung des perversen Prozesses einzudämmen.
6. Der Aggressor
Jede Person in einer Krise kann versucht sein, perverse Mechanismen zu benützen, um sich zu schützen. Die Charakterzüge einer narzißtischen Persönlichkeit sind ziemlich allgemein verbreitet (Egozentrik; Bedürfnis, bewundert zu werden; Unduldsamkeit gegenüber Kritik); darum sind sie noch nicht pathologisch. Im übrigen ist es uns allen schon passiert, daß wir einen anderen manipuliert haben, um einen Vorteil zu erlangen, und wir alle haben flüchtig zerstörerischen Haß empfunden. Von den perversen Individuen unterscheidet uns, daß diese Verhaltensweisen oder Empfindungen nur vorübergehende Reaktionen waren, gefolgt von Gewissensbissen oder Reue. Ein Neurotiker nimmt alles auf sich und ringt mit sich. Perversität schließt eine Strategie der Ausnützung und anschließenden Zerstörung anderer mit ein; ohne irgendwelche Schuldgefühle.
Zahlreich sind die Psychoanalytiker, die behaupten, es gebe eine gewisse normale Perversität bei jedem Individuum: «Wir sind alle polymorph Perverse!» Sie verweisen auf den perversen Anteil, dem man bei jedem Neurotiker findet und der ein Schutzmechanismus ist. Ein narzißtischer Perverser lebt aber nur der Befriedigung seines Zerstörungstriebs.
Die narzißtische Perversion
Der Ausdruck Narzißmus erscheint zum ersten Mal 1910 bei Freud im Zusammenhang mit der Homosexualität. Später unterscheidet er den primären vom sekundären Narzißmus. Dieser Begriff des primären Narzißmus ist Gegenstand zahlreicher Abhandlungen in der psychoanalytischen Literatur. Wir lassen diese Diskussion beiseite, wollen aber anmerken, daß Freud in den ersten Zeilen von «Zur Einführung in den Narzißmus» erklärt, er habe den Ausdruck bei P. Näcke entlehnt (1899), der ihn gebraucht hatte, um eine Perversion zu beschreiben. In der Tat hat Näcke wirklich das Wort Narzißmus geprägt, aber um zu Gedanken von H. Ellis Stellung zu nehmen, der 1898 als erster ein perverses Verhalten in Verbindung mit dem Mythos von Narziß beschrieben hatte.
Wenn Freud die Existenz anderer Triebe als der sexuellen anerkennt, so spricht er im Zusammenhang mit ihnen nicht von Perversion. Im Adjektiv pervers steckt eine Zweideutigkeit, die den beiden Substantiven «Perversität» und «Perversion» entspricht. Vom psychoanalytischen Gesichtspunkt aus ist die Perversion eine Abweichung im Verhältnis zum normalen Sexualakt, definiert als Koitus, der darauf gerichtet ist, durch vaginale Penetration zum Orgasmus zu kommen – während Perversität den Charakter und das Verhalten gewisser Personen bezeichnet, die von ganz besonderer Grausamkeit oder Bosheit zeugen. Bergeret 24 unterscheidet die Charakterperversionen, die den von Perversität befallenen Perversen entsprechen, von sexuellen Perversionen.
Der Psychoanalytiker P.-C. Racamier 25 war einer der ersten, die den Begriff des narzißtischen Perversen ausgearbeitet haben. Andere Autoren, darunter Alberto Eiguer, 26 haben anschließend versucht, eine Definition zu formulieren: «Perverse Individuen sind diejenigen, die, unter dem Einfluß ihres großartigen Ich, versuchen, eine Bindung an ein zweites Individuum aufzubauen, indem sie insbesondere mit der narzißtischen Unversehrtheit des anderen den Kampf aufnehmen, um ihn zu entwaffnen. Sie wagen sich auch heran an die Eigenliebe des anderen, an sein Selbstvertrauen, seine Selbstachtung und an seinen Glauben an sich selbst. Gleichzeitig versuchen sie in gewisser Weise glauben zu machen, das Band der Abhängigkeit zwischen dem anderen und ihnen sei unersetzlich, und es sei der andere, der sich darum bemühe.»
Man betrachtet die narzißtischen Perversen als Psychotiker ohne Symptome, die ihr Gleichgewicht finden, indem sie auf einen anderen den Schmerz, den sie nicht empfinden, und die inneren Widersprüche, die wahrzunehmen sie sich weigern, abladen. Sie tun «nicht absichtlich» weh, sie tun weh, weil sie anders nicht leben können. Sie wurden in ihrer Kindheit selbst verletzt und versuchen, sich so am Leben zu erhalten. Diese Übertragung von Schmerz ermöglicht es ihnen, sich auf Kosten anderer aufzuwerten.
Der Narzißmus
Die narzißtische Perversion besteht im Sicheinstellen eines perversen Betragens bei einer narzißtischen Persönlichkeit.
Die narzißtische Persönlichkeit wird im allgemeinen wie folgt beschrieben (d. h. sie weist mindestens fünf der
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