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Die Masken der Niedertracht

Die Masken der Niedertracht

Titel: Die Masken der Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-France Hirigoyen
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folgenden Eigenschaften auf):
     
    • # die Person hat eine großartige Meinung von ihrer eigenen Bedeutung;
    • # verzehrt sich in Phantasien von grenzenlosem Erfolg, von Macht;
    • # glaubt, etwas «Besonderes» und einzigartig zu sein;
    • # hat ein übermäßiges Bedürfnis, bewundert zu werden;
    • # meint, ihr stehe alles zu, man schulde ihr alles;
    • # beutet in zwischenmenschlichen Beziehungen den anderen aus;
    • # es fehlt ihr an Empathie;
    • # beneidet häufig die anderen;
    • # legt überhebliche Haltung und Verhaltensweisen an den Tag.
     
    Die Beschreibung, die Otto Kernberg von der narzißtischen Pathologie gegeben hat, kommt dem sehr nahe, was man heute als narzißtische Perversion definiert: «Die Hauptkennzeichen narzißtischer Persönlichkeiten sind also Größenideen, eine extrem egozentrische Einstellung und ein auffälliger Mangel an Einfühlung und Interesse für ihre Mitmenschen, so sehr sie doch andererseits nach deren Bewunderung und Anerkennung gieren. Sie empfinden starken Neid auf andere, die etwas haben, was sie nicht haben, und sei es einfach Freude am Leben. Es mangelt diesen Patienten nicht nur an Gefühlstiefe und an der Fähigkeit, komplexere Gefühle anderer Menschen zu verstehen, sondern ihr Gefühlsleben ist auch nur mangelhaft differenziert, die Emotionen flackern rasch auf und flauen gleich wieder ab. Was besonders auffällt, ist das Fehlen echter Gefühle von Traurigkeit, Sehnsucht, Bedauern; das Unvermögen zu echten depressiven Reaktionen ist ein Grundzug narzißtischer Persönlichkeiten. Von anderen verlassen oder enttäuscht, können sie wohl in einen Zustand geraten, der äußerlich wie eine Depression erscheint; bei genauerer Untersuchung erweist sich jedoch, daß Wut, Empörung und Rachebedürfnisse dabei die Hauptrolle spielen und gar nicht so sehr eine echte Traurigkeit über den Verlust eines geschätzten Menschen.» 27
    Ein Narziß, im Sinne des Narziß bei Ovid 28 ist jemand, der glaubt sich zu finden, indem er sich im Spiegel betrachtet. Sein Leben lang sucht er sein Spiegelbild im Blick des anderen. Der andere existiert nicht als Individuum, sondern als Spiegel. Ein Narziß ist eine leere Schale, die kein Eigenleben hat; er ist ein «Pseudo», der zu täuschen sucht, um seine Leere zu tarnen. Sein Lebenslauf ist der Versuch, dem Tod aus dem Weg zu gehen. Er ist jemand, der nie als menschliches Wesen anerkannt wurde und der gezwungen war, sich ein Spiegelbild zu entwerfen, um sich der Illusion hinzugeben, zu existieren. Wie ein Kaleidoskop wiederholt und vervielfacht sich dieses Spiel der Spiegel, doch vergebens; dieses Individuum hat keinen Boden unter den Füßen.
     
     
    Der Übergang zur Perversion
     
    Der Narziß wird, da er keine Substanz hat, sich an den anderen «ankoppeln» und wie ein Vampir versuchen, ihm sein Leben auszusaugen. Da er unfähig ist zu echten Beziehungen, kann er das nur tun in einer «perversen» Sphäre von zerstörerischer Boshaftigkeit. Die Perversen empfinden eindeutig ein maßloses, «lebenswichtiges» Vergnügen am Leiden des anderen und an seinen Zweifeln, wie sie auch Vergnügen daran finden, ihn zu unterjochen und zu demütigen.
    Alles beginnt und erklärt sich mit dem hohlen Narziß, Spiegelbild anstelle eines Selbst und innen hohl; wie ein Roboter, der Leben imitiert, die Gestalt oder alle Leistungen des Lebens zu bieten scheint, aber ohne Leben ist. Die sexuelle Liederlichkeit oder die Bosheit sind nur die unvermeidlichen Folgen dieses leeren Gebäudes. Wie die Vampire muß sich der leere Narziß von der Substanz anderer ernähren. Wenn Leben nicht da ist, muß man versuchen, sich eines zu verschaffen oder, wenn das nicht gelingt, es zerstören, damit nirgends Leben sei.
    Die narzißtischen Perversen sind erfüllt von einem «anderen», den sie nicht entbehren können. Dieser andere ist nicht einmal ein Doppelgänger, der eine Existenz hätte, er ist nur ein Spiegelbild ihrer selbst. Daher der Eindruck der Opfer, in ihrer Individualität geleugnet zu werden. Das Opfer ist kein anderes Individuum, sondern nur eine Spiegelung. Jede Situation, die dieses Spiegelsystem, das die Leere verhüllt, wieder in Frage stellt, kann nur eine Kettenreaktion zerstörerischer Raserei auslösen. Die narzißtischen Perversen suchen vergeblich ihr Bild im Spiegel der anderen.
    Sie sind gefühlskalt, ohne Gemüt. Wie könnte eine Spiegelmaschine empfindsam sein? Auf diese Weise leidet sie nicht. Leiden setzt Körper, setzt Leben

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