Die Matlock-Affäre
weshalb. Er sprach stockend.
»Sicher, alter Junge ... Ginny, du darfst Jim nicht lästig fallen.« Er begann sich zu erheben.
»Pinky groovy ... «
»Ich hab' ein paar in der Küche ... Ich weiß nicht genau wo, aber ich gehe nachsehen. Ginny, ich habe dir gesagt, du sollst Jim nicht lästig fallen ... Sei nett zu ihm, sei gut zu ihm.«
Beeson starrte immer noch Matlock an, die Augen von Seconal geweitet, die Lippen geöffnet, die Gesichtsmuskeln völlig gelockert, geradezu schlaff. Er ging rückwärts auf die offenstehende Küchentüre zu. Als er die Türe passiert hatte, tat Archie Beeson etwas Seltsames. Wenigstens schien es James Matlock so.
Er schloß die Flügeltüre langsam hinter sich und hielt sie zu.
Matlock schob schnell das halbbetäubte Mädchen von seinem Schoß, worauf sie sich still auf dem Boden ausstreckte. Sie lächelte engelhaft und streckte ihm die Arme entgegen. Er lächelte auf sie hinunter und trat über sie hinweg.
»Bin gleich wieder da«, flüsterte er. »Ich will Archie etwas fragen.« Das Mädchen rollte sich auf den Bauch, während Matlock vorsichtig auf die Küchentüre zuging. Er brachte sich das Haar in Unordnung und taumelte dann lautlos auf die Küchentüre zu, hielt sich dabei an dem Eßzimmertisch fest. Wenn Beeson plötzlich herauskam, wollte er benommen, verstört aussehen. Das Stereo war jetzt etwas lauter, aber Matlock konnte trotzdem Archie leise und erregt am Telefon in der Küche sprechen hören.
Er lehnte sich gegen die Wand neben der Küchentüre und versuchte, die Gründe zu analysieren, die Archie Beeson in Panik getrieben hatten, ihn veranlaßt hatten, jemanden anzurufen.
Warum? Was?
Hatte er seine Rolle zu auffällig gespielt? Hatte er bereits beim ersten Kontakt versagt?
Wenn ja, dann war das mindeste, was er jetzt tun konnte, daß er versuchte herauszufinden, wer am anderen Ende der Leitung war, an wen Beeson sich in seiner Angst wandte.
Eines schien klar: Wer auch immer es war, er mußte wichtiger sein als Archie Beeson. Ein Mann - selbst ein Drogensüchtiger -geriet nicht in Panik und nahm dann Verbindung mit jemandem auf, der auf gleicher Stufe mit ihm stand.
Vielleicht war der Abend gar nicht mißlungen, oder wenn doch - dann war dieses Mißlingen notwendig. Vielleicht rutschte Beeson in seiner Verzweiflung irgendeine Information heraus, die er, wäre er nicht verzweifelt gewesen, nie preisgegeben hätte. Es war keineswegs unsinnig zu versuchen, dem verängstigten, unter Drogen stehenden Dozenten diese Information abzuringen. Andererseits war das natürlich die am wenigsten erwünschte Methode. Wenn ihm das auch mißlang, dann war er am Ende, noch ehe er richtig angefangen hatte. Lorings detaillierte Erklärungen wären dann umsonst gewesen, sein Tod ein makaberer Witz, seine schreckliche Tarnung - die seiner Familie so weh tun mußte und irgendwie so unmenschlich war - sinnlos gemacht von einem ungeschickten Amateur.
Es gab keine andere Möglichkeit, dachte Matlock, er mußte es versuchen. Er mußte versuchen, herauszufinden, wenn Beeson angerufen hatte, und versuchen, alles wieder so zusammenzusetzen, daß Beeson ihn erneut akzeptierte. Aus irgendeinem verrückten Grund sah er vor seinem geistigen Auge Lorings Aktentasche und die dünne, schwarze Kette, die vom Griff baumelte. Und aus einem noch verrückteren Grund verlieh ihm das Selbstvertrauen; nicht viel, aber immerhin etwas.
Er nahm eine Haltung ein, die dem Zusammenbruch so ähnlich schien, wie er sich das vorstellen konnte, legte dann seinen Kopf an den Türrahmen und schob die Türe langsam, Zentimeter um Zentimeter nach innen. Er rechnete damit, plötzlich Beeson in die Augen zu sehen. Statt dessen wandte der Dozent ihm den Rücken; er war nach vorne gebeugt wie ein kleiner Junge, der versucht, seine Blase unter Kontrolle zu halten, den Telefonhörer an den dünnen Hals gepreßt, den Kopf zur Seite gebeugt. Es war offenkundig, daß Beeson glaubte, er könne damit das tarnen, was er sagte, die Stimme von dem immer wiederkehrenden Crescendo der >Carmina Burana< übertönen zu lassen. Aber das Seconal hatte ihm da eine Posse gespielt. Beesons Ohr und das, was er sagte, waren nicht mehr synchronisiert. Seine Worte waren nicht nur klar -sie wurden sogar betont, durch die Zwischenräume zwischen ihnen, und dann wiederholte er sie sogar.
»... Sie verstehen mich nicht. Ich möchte, daß Sie mich verstehen. Bitte, verstehen Sie doch. Er stellt die ganze Zeit Fragen. Aber er ist nicht echt.
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