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Die Matlock-Affäre

Die Matlock-Affäre

Titel: Die Matlock-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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fügte dem widerlichen Geschmack, den er im Mund hatte, noch Ekel hinzu. Aber was ihn am meisten störte, war das Wissen, daß der Name von Lucas Herron im Zusammenhang eines solchen Abends gebraucht wurde.
    Es war unvorstellbar.
    Lucas Herron. Der >große alte Vogel<, wie man ihn nannte. Eine schweigsame, aber unübersehbare Einrichtung des Campus von Carlyle. Der Vorsitzende der Abteilung für romanische Sprachen und die Verkörperung des stillen Gelehrten, ein Mann voll tiefen Mitgefühls mit seiner Umwelt. In seinen Augen stand stets ein leichtes Glitzern, und in seinem Blick mischten sich Verwirrung und Toleranz.
    Ihn mit der Welt des Rauschgifts in Verbindung zu bringen - und wenn auch noch so fern -, war unvorstellbar. Zu hören, wie ein hysterischer Süchtiger - denn dem Wesen nach war Archie Beeson süchtig, wenn nicht im chemischen, dann im psychologischen Sinne - nach ihm verlangte, als wäre Lucas eine besondere Macht, überstieg jede Vernunft.
    Die Erklärung mußte irgendwo in Lucas Herrons ungeheurer Fähigkeit für Mitgefühl liegen. Er war vielen ein Freund, eine verläßliche Zuflucht für die Bedrückten. Unter seiner ruhigen, alten, bewährten Oberfläche war Herron ein starker Mann, ein Führer. Vor einem Vierteljahrhundert hatte er zahllose Monate der Hölle auf den Salomon-Inseln verbracht, als Infantrieoffizier in mittleren Jahren. Vor einem ganzen Leben war Lucas Herron ein echter Held gewesen, während eines schrecklichen Augenblicks in einem wilden Krieg im Pazifik. Heute, mit über siebzig Jahren, war Herron so etwas wie eine Institution.
    Matlock bog um die Ecke und sah sein Apartment einen halben Häuserblock entfernt. Der Campus war finster; abgesehen von den Straßenlampen, kam das einzige Licht aus einem seiner Zimmer. Hatte er eines brennen lassen? Er konnte sich nicht erinnern.
    Er ging auf seine Türe zu und schob den Schlüssel ein. Gleichzeitig mit dem Klicken des Schlosses war drinnen ein lautes Krachen zu hören. Obwohl es ihn erschreckte, war seine erste Reaktion eher Heiterkeit. Seine tolpatschige, langhaarige Hauskatze hatte ein Glas umgeworfen oder eine jener Keramikkreationen, die Patricia Ballantyne ihm aufgedrängt hatte. Dann wurde ihm klar, daß ein solcher Gedanke lächerlich war. Das Produkt eines erschöpften Geistes. Das Krachen war für Keramik zu laut, das Klirren zu heftig gewesen.
    Er rannte in den kleinen Vorraum, und das, was er sah, ließ ihn jede Müdigkeit vergessen. Er stand reglos vor Staunen.
    Der ganze Raum war ein einziges Chaos. Tische waren umgekippt; Bücher von den Regalen gerissen, die Seiten herausgefetzt und über den Boden verstreut; seine Stereoanlage und die Lautsprecher zerschlagen. Die Kissen seiner Couch und die Sessel waren aufgeschlitzt, und überall lag Füllung und Schaumgummi herum; die Teppiche waren umgedreht und zusammengeknüllt, die Vorhänge von den Stangen gerissen und über die umgestürzten Möbel geworfen.
    Er sah jetzt, was den Lärm verursacht hatte. Das große Flügelfenster an der rechten Wand, das auf die Straße hinausblickte, war eine Masse von zerdrücktem Blei und zerbrochenem Glas. Das Fenster hatte zwei Scheiben; er erinnerte sich deutlich, daß er sie beide geöffnet hatte, ehe er zu den Beesons gegangen war. Er mochte die Frühlingsbrise. Es war noch zu früh im Jahr, um schon die Fliegengitter anzubringen. Es gab keinen Anlaß, das Fenster zu zerschlagen; bis zum Boden waren es nur vier oder fünf Fuß. Das war hoch genug, um einen Eindringling abzuhalten, niedrig genug, daß ein erschreckter Einbrecher hier ohne weiteres entweichen konnte.
    Man hatte also das Fenster nicht zerschlagen, um zu fliehen. Es war Absicht gewesen.
    Man hatte ihn beobachtet und ein Signal gegeben.
    Es war eine Warnung.
    Matlock wußte, daß er die Warnung nicht annehmen konnte.
    Dies zu tun hieße zugeben, daß es hier um mehr als Einbruch und Raub ging; und darauf war er nicht vorbereitet.
    Er eilte in sein Schlafzimmer und sah hinein. Falls dies überhaupt möglich war, war sein Schlafzimmer in noch schlimmerem Zustand als das Wohnzimmer. Die Matratze war gegen die Wand geschleudert und in Fetzen gerissen. Jede einzelne Schublade seines Schreibsekretärs war herausgerissen, lag auf dem Boden, der Inhalt im ganzen Zimmer verstreut. Sein Kleiderschrank war wie der Rest -Anzüge und Jacken von der Stange gerissen, Schuhe im Zimmer verstreut.
    Noch ehe er nachgesehen hatte, wußte er, daß seine Küche in keinem besseren Zustand sein

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